Keine Revisionszulassung bei fehlerhafter Rechtsanwendung; Verletzung des rechtlichen Gehörs
Leitsatz
1. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
2. Die bloße Behauptung, eine bestimmte Feststellung des FG sei unzutreffend, genügt nicht zur Darlegung einer Gehörsrüge (vgl. ).
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 96 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
2 1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt u.a. voraus, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte abstrakte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (z.B. Senatsbeschluss vom 18. August 2015 III B 112/14, BFH/NV 2015, 1595, Rz 25, m.w.N.).
3 Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Das Vorbringen der Kläger erschöpft sich in Ausführungen zu den rechtlichen Voraussetzungen eines Verspätungszuschlags (§ 152 der Abgabenordnung). Es fehlt an der Herausarbeitung einer Rechtsfrage. Mit dem Vortrag, das Finanzgericht (FG) habe fehlerhaft das Verschulden des steuerlichen Beraters der Kläger angenommen, wenden sie sich gegen die materiell-rechtliche Auffassung der Vorinstanz. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen jedoch nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (z.B. , BFH/NV 2015, 1440, Rz 5, m.w.N.).
4 2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen. Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein mit der Divergenzentscheidung vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt und dass es sich um eine identische Rechtsfrage handelt (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2015, 1595, Rz 19, m.w.N.).
5 Bei der Rüge der Kläger, das FG sei von dem abgewichen, fehlt bereits die Darstellung eines abstrakten Rechtssatzes aus der Vorentscheidung einerseits und der vorgebrachten Divergenzentscheidung andererseits sowie die Gegenüberstellung solcher abstrakter Rechtssätze. Auch die Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist nicht aufgezeigt. Das Vorbringen der Kläger, das FG habe die Entscheidung des FG Baden-Württemberg unberücksichtigt gelassen, genügt damit nicht den Anforderungen an eine Darlegung einer Divergenz.
6 3. Die Kläger haben schließlich auch die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht hinreichend dargelegt.
7 a) Zur Begründung der behaupteten Verfahrensmängel tragen die Kläger im Wesentlichen vor, das FG habe die Ladung benannter Zeugen unterlassen, in der mündlichen Verhandlung nicht die Frage des festgesetzten Verspätungszuschlags erörtert, den Vortrag der Kläger als unwahr oder unglaubwürdig zurückgewiesen und fehlerhafte Feststellungen getroffen.
8 Damit machen die Kläger sinngemäß einen Verstoß gegen die aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO folgende Sachaufklärungspflicht und die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) geltend.
9 Diese Rügen sind jedoch nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Denn wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung das Übergehen von Beweisanträgen geltend gemacht, muss neben dem Beweisthema und dem angebotenen Beweismittel vorgetragen werden, inwiefern das Urteil des FG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann und welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätte. Ferner muss dargelegt werden, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (z.B. Senatsbeschluss vom 18. März 2013 III B 143/12, BFH/NV 2013, 963, Rz 8, m.w.N.). Hierzu haben die Kläger weder Konkretes vorgetragen noch haben sie ein Beweisthema benannt. Anhaltspunkte für eine Rüge ergeben sich zudem weder aus dem Sitzungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung vom 11. August 2015 noch aus dem FG-Urteil.
10 Soweit die Kläger vorbringen, das FG habe ihren Sachvortrag übergangen oder unzutreffende Feststellungen getroffen und sie insoweit die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) rügen, hätten sie Näheres darlegen müssen. Sie hätten insbesondere ausführen müssen, inwiefern ihnen das FG das rechtliche Gehör versagt habe, zu welchen Tatsachen oder Rechtsfragen sie sich nicht hätten äußern können und was sie bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätten. Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass keine Möglichkeit bestanden habe, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, dass sie den Verfahrensverstoß beim FG gerügt haben und dass durch ihr —lediglich infolge des Verfahrensfehlers— unterbliebenes Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG anders hätte ausfallen können (z.B. Senatsbeschluss vom 28. Februar 2014 III B 126/13, BFH/NV 2014, 884, Rz 12, m.w.N.).
11 Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die bloße Behauptung, eine bestimmte Feststellung sei unzutreffend, genügt nicht zur Darlegung einer Gehörsrüge (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 485, unter II.3.a).
12 Nicht schlüssig ist schließlich das Vorbringen der Kläger, das FG habe in der mündlichen Verhandlung nicht die Festsetzung des Verspätungszuschlags erörtert. Denn ausweislich der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 11. August 2015 wurde dieser Themenkomplex erörtert.
13 b) Die Kläger erläutern auch nicht, welchen Verfahrensmangel die Beschwerde mit ihrem Vorbringen rügen will, das FG habe zur Frage des Verspätungszuschlags nur mit einem Satz Stellung genommen und auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung verwiesen. Soweit hiermit ein wesentlicher Begründungsmangel gerügt werden sollte, fehlt es an dessen schlüssiger Darlegung.
14 c) Im Übrigen wenden sich die Kläger mit ihrem Vorbringen gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Dies vermag die Zulassung der Revision jedoch —wie dargelegt— nicht zu rechtfertigen.
15 4. Der Senat sieht von einer Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).
16 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2016 S. 1291 Nr. 9
TAAAF-78688