BSG Beschluss v. - B 11 AL 8/16 B

Instanzenzug: S 16 AL 454/09

Gründe:

I

1Im Streit ist die Feststellung einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.

2Der 1953 geborene Kläger beendete durch Aufhebungsvertrag vom zum sein Arbeitsverhältnis, das seit dem bestanden hatte, und meldete sich zum arbeitslos. Die Beklagte stellte den Eintritt einer Sperrzeit vom bis fest, verbunden mit der Minderung der Anspruchsdauer um 135 Tage, und bewilligte Alg ab dem (Bescheide vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Im Klageverfahren hat das SG Frankfurt am Main die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg auch für die Zeit vom bis zu zahlen; die Verhängung einer Sperrzeit komme nicht in Betracht, da dem Kläger hinsichtlich des Abschlusses des Aufhebungsvertrages ein wichtiger Grund zuzubilligen sei (Urteil vom ).

3Auf die Berufung der Beklagten hat das Hessische LSG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages sein Beschäftigungsverhältnis mit seinem Arbeitgeber selbst gelöst und dadurch seine Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, ohne dass ihm für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite gestanden habe. Eine objektiv rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung zum Ablauf des durch den Arbeitgeber sei nicht möglich gewesen, da der Kläger aufgrund der Regelungen in seinem Einzelarbeitsvertrag einem tarifvertraglichen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer unterlegen habe. Auch bei der Unanwendbarkeit der Kündigungsschutzvorschrift des Tarifvertrages wäre eine nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung zum unter Berücksichtigung des Alters und der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers nicht möglich gewesen.

4Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Abweichung des LSG von Entscheidungen des BSG im Sinne der Divergenz und einen Verfahrensfehler geltend.

II

5Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde konnte daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter verworfen werden (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG, § 169 SGG).

6Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

7Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Soweit er als Rechtsfrage sinngemäß formuliert, wie sein Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Regelungen auszulegen sei, vermag der Senat schon nicht zu erkennen, welche über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung die Beantwortung dieser Frage haben könnte. Aus der Beschwerdebegründung erschließt sich auch nicht, dass diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit überhaupt entscheidungserheblich wäre. Denn das LSG hat seine Entscheidung nicht nur mit dem besonderen Kündigungsschutz aufgrund der einzelvertraglich vorgenommenen Einbeziehung eines Tarifvertrages begründet. Es hat auch ausgeführt, dass selbst bei fehlendem tarifvertraglichen Kündigungsschutz eine Kündigung zum jedenfalls nicht sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Mit dieser - die Entscheidung des LSG ebenfalls tragenden - Begründung setzt sich der Kläger in keiner Weise auseinander (vgl zu den Darlegungserfordernissen einer Nichtzulassungsbeschwerde bei mehrfach begründeten Urteilen nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 13 f; Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 160a RdNr 67, jeweils mwN).

8Eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG hat der Kläger ebenfalls nicht in der gebotenen Weise gerügt. Diese ist nicht schon mit dem Hinweis ausreichend dargetan, die Entscheidung des LSG entspreche nicht den Kriterien, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, sondern erst, wenn herausgearbeitet wird, das LSG habe diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt. Denn nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung (vgl nur Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 196 mwN; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34). Dem wird der Vortrag des Klägers, die Entscheidung des LSG weiche von der Entscheidung des - BSGE 111, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 23) ab, in seiner Allgemeinheit ebenso wenig gerecht, wie der Hinweis auf Rechtsprechung des BSG zum Ruhen des Leistungsanspruchs bei Entlassungsentschädigungen.

9Schließlich hat der Kläger auch keinen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), ausreichend bezeichnet. Zwar rügt er die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen einer überraschenden Auslegung des Arbeitsvertrags im Hinblick auf die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Regelungen. Damit allein ist indes nicht dargetan, dass das Urteil hierauf beruhen kann. Auch insoweit hätte es einer Auseinandersetzung damit bedurft, dass das LSG seine Entscheidung - ohne dass es auf die Anwendbarkeit tarifvertraglicher Regelungen ankäme - zusätzlich auf die fehlende soziale Rechtfertigung einer möglichen Kündigung zum Ende des Arbeitsverhältnisses gestützt hat.

10Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Fundstelle(n):
FAAAF-77096