BSG Beschluss v. - B 4 AS 67/16 B

Instanzenzug: S 14 AS 3672/13

Gründe:

I

1Im Streit steht die endgültige Übernahme der Kosten für eine durchgeführte Sanierung des Schornsteins des Eigenheimes der Kläger als Zuschuss sowie die Erstattung der Aufwendungen für Dachrinnenreinigungen im Jahre 2011.

2Der Beklagte lehnte die Übernahme der Instandsetzungskosten für das Dach des Hauses der Kläger wegen der Unangemessenheit der Aufwendungen ab. Klage und Berufung hiergegen sind ebenso wie der Antrag auf darlehensweise Übernahme der Kosten im vorläufigen Rechtsschutz erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 20.10.2011 und rechtskräftiges Berufungsurteil vom 22.2.2013; Beschlüsse vom 26.11.2010 und 7.3.2011). Die sodann beantragte Übernahme der Kosten für die Sanierung des Schornsteins beschied der Beklagte positiv, während er die Erstattung der Kosten für eine Dachrinnenreinigung ablehnte. Die Schornsteinsanierung ließen die Kläger jedoch zunächst nicht durchführen und legten rund 1 ½ Jahre später ein aktualisiertes und teureres Angebot zur Durchführung dieser Arbeiten vor. Die Übernahme der höheren als bisher bewilligten Aufwendung (mehr als 2500 Euro) lehnte der Beklagte ab. Zur Begründung verwies er einerseits auf die bereits rechtskräftige Entscheidung über die Aufwendungen zur Dachsanierung und andererseits darauf, dass die Kläger ein unangemessenes Haus bewohnen würden, das nicht dem Schonvermögen unterfalle und daher bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit als verwertbares Vermögen zu berücksichtigen sei. Im vorläufigen Rechtsschutz hat das LSG den Beklagten alsdann verpflichtet, den Klägern zuzusichern, vorläufig jeweils höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung unter kopfteiliger Berücksichtigung der Aufwendungen für die Reparatur des Schornsteins zu zahlen ( ER). Die ebenfalls erneut beantragte Dachrinnenreinigung lehnte der Beklagte ab, bestätigt - nach Verbindung mit dem Klageverfahren wegen der Schornsteinsanierung - durch . Das LSG hat die auf endgültige zuschussweise Übernahme der Kosten für die Schornsteinsanierung und die Übernahme der Aufwendungen für die Dachrinnenreinigung gerichtete Berufung zurückgewiesen. Es bestünden bereits Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Kläger, denn sie verfügten über verwertbares Vermögen in Gestalt des von ihnen bewohnten Hausgrundstücks, das unangemessen sei, sodass es nicht dem Vermögensschutz des § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II unterfalle. Allerdings sei dieses Vermögen nicht sofort verwertbar. Dies führe dazu, dass die Aufwendungen für die Unterhaltungsarbeiten durch die Schornsteinsanierung vom Beklagten als Darlehen zu übernehmen seien. Darüber hinausgehende Aufwendungen für weiteren Sanierungsbedarf seien nicht angemessen. Die Kosten der Dachrinnenreinigung seien nicht zu übernehmen, denn weder handele es sich insoweit um Aufwendungen, die auch einen Mieter träfen, noch sei die Notwendigkeit der Durchführung der Arbeiten durch eine Fachfirma erkennbar (Urteil vom 27.1.2016).

3Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde an das BSG. Sie machen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend und rügen Divergenz zwischen der Entscheidung des LSG und solchen des BSG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie einen Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

II

4Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Kläger haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht formgerecht dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

5Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6Die Kläger haben bereits keine konkrete Rechtsfrage formuliert. Auch ihrem Vorbringen kann eine solche nicht entnommen werden. Der Vortrag alleine, in den streitentscheidenden Rechtsfragen gebe es unterschiedliche Rechtsprechung von Landessozialgerichten, begründet noch keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Erforderlich ist, dass in der Beschwerdebegründung zumindest dargelegt wird, welche bestimmte Rechtsfrage noch nicht durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist. Dies gelingt den Klägern jedoch nicht. Sie zitieren Rechtsprechung des BSG und tragen sodann vor, das LSG hätte unter Berücksichtigung dieser zu einem anderen rechtlichen Ergebnis gelangen müssen bzw das LSG weiche von der Rechtsprechung des BSG ab. Aber auch im Hinblick auf eine Divergenz mangelt es an hinreichenden Darlegungen.

7Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67). Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.

8Abgesehen davon, dass auch hier gilt, dass unterschiedliche Rechtsprechung der Berufungsgerichte keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG begründet, ist es den Klägern nicht gelungen, einen abstrakten Rechtssatz herauszuarbeiten, mit dem das LSG von einer Entscheidung des BSG abweicht. Sie arbeiten weder einen abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des BSG heraus noch eine von einer solchen abweichende tragende Rechtsauffassung des LSG. Sie legen dar, welche Tatsachen und rechtlichen Erwägungen das LSG bei seiner Entscheidungsfindung fehlerhaft außer Acht gelassen habe, benennen jedoch keine abstrakten Rechtssätze, deren Abweichung voneinander eine Divergenzrüge begründen könnte. Stattdessen subsumieren sie den vorliegenden Sachverhalt allgemein unter Rechtsprechung des BSG und stellen fest, dass das LSG angesichts dessen zu einem anderen rechtlichen Ergebnis hätte gelangen müssen. Insoweit gilt jedoch, dass auch in dem Fall, in dem das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missversteht und deshalb das Recht fehlerhaft anwendet, nicht angenommen werden kann, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl - juris RdNr 10).

9Auch der von den Klägern gerügte Verfahrensfehler der Verletzung rechtlichen Gehörs ist in der Beschwerdebegründung nicht formgerecht dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Es mangelt vollständig an Ausführungen dazu, wodurch das LSG sie in ihrem rechtlichen Gehör beeinträchtigt haben könnte.

10Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG). Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11Da bereits die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war, besteht auch keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens iS der § 202 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO. Die Bewilligung von PKH und die Beiordnung eines Rechtsanwalts war daher abzulehnen.

12Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Fundstelle(n):
OAAAF-76552