BGH Beschluss v. - XI ZB 4/16

Instanzenzug:

Gründe

I.

1Die Klägerin, eine Bank, nimmt den Beklagten auf Ausgleich einer kausalen Saldoforderung aus Girovertrag in Anspruch.

2Das Amtsgericht hat der Klage mit Urteil vom stattgegeben. Das mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist dem Beklagten am zugestellt worden. Der Beklagte hat mit Schreiben vom , eingegangen am , selbst "Berufung" eingelegt und zugleich Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Diesen Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom , dem Beklagten zugestellt am , zurückgewiesen. Mit Beschluss vom , dem Beklagten zugestellt am , hat es die Berufung nach Hinweis als unzulässig verworfen. Eine Rechtsmittelbelehrung in der Hauptsache hat es dem Beklagten nicht erteilt.

3Mit Schreiben vom , eingegangen am , hat der Beklagte "Revision" gegen den Beschluss des Berufungsgerichts vom zum Oberlandesgericht eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben und ihm für das "Revisionsverfahren" einen Notanwalt beizuordnen. Die Akten sind dem Bundesgerichtshof am vorgelegt worden.

II.

4Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet. Gemäß § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn sie keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Daran fehlt es.

51. Die Rechtsverfolgung des Beklagten ist aussichtlos. Zwar setzt die Beiordnung nach § 78b ZPO nicht voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO hat. Sie kommt aber nicht in Betracht, wenn ein günstiges Ergebnis der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann (Senatsbeschlüsse vom - XI ZR 511/11 und - XI ZR 5/12, [...] Rn. 1; BGH, Beschlüsse vom - IVb ZB 147/87, FamRZ 1988, 1152, 1153, vom - XII ZR 122/12, [...] Rn. 6 und vom - V ZA 4/13, [...] Rn. 4 mwN). Das ist hier der Fall.

6Zwar kann der Beschluss, mit dem das Landgericht als Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat, mit der Rechtsbeschwerde, als die die "Revision" des Beklagten zu deuten ist, statthaft angegriffen werden, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

7Auch ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt wäre indessen nicht in der Lage, die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO und damit die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde darzutun. Insbesondere könnte er nicht darlegen, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gebiete eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO), weil der Beklagte in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) nicht verletzt ist.

8Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Berufung sei nicht frist- und formgerecht eingelegt worden. Gegen das der Klage stattgebende und seinerseits mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung (§ 232 Satz 1 ZPO) versehene Urteil des Amtsgerichts hat der Beklagte innerhalb der Frist des § 517 ZPO lediglich persönlich - und nicht, wie geboten, durch einen Rechtsanwalt, § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO - Berufung eingelegt.

9Eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 517 ZPO schied aus. Zwar kommt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung in Betracht, wenn eine Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Prozesskostenhilfegesuch samt einer Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars, § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO, und den erforderlichen Nachweisen bei Gericht einreicht (, [...] Rn. 2 mwN) und, sofern ihr Antrag erfolglos ist, nach Ablauf einer anschließenden Überlegungsfrist von wenigen Tagen (, [...] Rn. 2 aE) innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO einen Antrag nach §§ 236, 78 Abs. 1 ZPO stellt (, [...] Rn. 7). Dies hat der Beklagte indessen nicht getan. Somit konnte das Berufungsgericht, das den Beklagten vorab auf den Mangel hingewiesen hat, am nach § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

10Da es offensichtlich an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt, spielt für die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung des Beklagten keine Rolle, dass ihm, hätte sich nach dem ein bei dem Bundesgerichtshof postulationsfähiger Rechtsanwalt für ihn bestellt und Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen des § 575 ZPO beantragt, mangels ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung durch das Berufungsgericht Wiedereinsetzung zu gewähren gewesen wäre (vgl. , [...] Rn. 5 ff.).

112. Im Übrigen muss, damit nach § 78b ZPO verfahren werden kann, die Partei alle ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen haben, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Sie muss ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht substantiiert darlegen und nachweisen (Senatsbeschluss vom - XI ZR 236/15, [...] Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom - IV ZB 3/15, [...] Rn. 6 und vom - IV ZB 19/15, [...] Rn. 4). Dazu lässt sich dem Vortrag des Beklagten nichts entnehmen.

III.

12Aus den unter II. 1. genannten Gründen ist die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Berufungsgerichts vom mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WAAAF-75320