Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Erbvertrag
I. Definition des Erbvertrags
Unter einem Erbvertrag versteht man eine vertraglich errichtete Verfügung von Todes wegen. Seine Zulässigkeit ergibt sich aus § 1941 BGB. Danach kann der Erblasser durch Vertrag einen Erben einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen. Als Erbe (sog. Vertragserbe) oder als Vermächtnisnehmer kann sowohl der andere Vertragsschließende als auch ein Dritter bedacht werden (§ 1941 Abs. 2 BGB).
II. Zustandekommen
Ein Erbvertrag kommt – wie jeder Vertrag – durch inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen, welche als Angebot und Annahme bezeichnet werden, zustande (§§ 145 ff. BGB).
Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen (§ 2274 BGB). Für diesen handelt es sich mithin um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft. Demgegenüber kann sich der andere Vertragsschließende ohne weiteres vertreten lassen.
Ferner muss der Erblasser grundsätzlich unbeschränkt geschäftsfähig sein (§ 2275 Abs. 1 BGB). Etwas anderes gilt insbesondere für Erbverträge, die zwischen Ehegatten (§ 2275 Abs. 2 BGB) und Verlobten (§ 2275 Abs. 3 BGB) geschlossen werden. Hier genügt es, wenn der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er bedarf in diesem Falle jedoch der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist auch die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Für den anderen Vertragsschließenden gelten insoweit die allgemeinen Vorschriften der §§ 104-113 BGB. Der Abschluss eines Erbvertrages ist für einen beschränkt geschäftsfähigen Vertragsgegner lediglich rechtlich vorteilhaft und damit ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam, sofern er keinerlei Verpflichtung übernimmt (z. B. Pflege, Unterhalt).
Ein Erbvertrag kann nur zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden (§ 2276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Vorschriften über das öffentliche Testament (§§ 2231 Nr. 1, 2232, 2233 BGB) gelten beim Abschluss eines Erbvertrags für jeden Vertragsschließenden (§ 2276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nicht erforderlich ist indes, dass die Vertragsschließenden ihren Willen in derselben Art und Weise erklären. So kann der eine Teil seinen Willen gegenüber dem Notar erklären und der andere Teil eine Schrift überreichen. Für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder Verlobten, der mit einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden wird, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form (§ 2276 Abs. 2 BGB).
III. Inhalt
Jeder Erbvertrag muss zumindest eine vertragsmäßige Verfügung enthalten. Vertragsmäßige Verfügungen können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen sein (§ 2278 Abs. 2 BGB).
Daneben kann ein Erbvertrag auch andere Verfügungen enthalten (z. B. Enterbung, Testamentsvollstreckung). Diese entfalten allerdings keine vertragliche Bindungswirkung, sondern sind wie einseitige Verfügungen von Todes wegen zu behandeln (§ 2299 Abs. 2 Satz 1 BGB), d. h. sie sind insbesondere jederzeit widerrufbar. Jeder der Vertragsschließenden kann in dem Erbvertrag einseitig jede Verfügung treffen, die durch Testament getroffen werden kann (§ 2299 Abs. 1 BGB). Demzufolge können auch eine Erbeinsetzung, ein Vermächtnis und eine Auflage auf einer einseitigen Verfügung beruhen. Ob in diesen Fällen eine vertragsmäßige oder eine einseitige Verfügung gewollt ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. Diese richtet sich bei einem Erbvertrag – da es sich um ein mehrseitiges Rechtsgeschäft handelt – nach den §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist insoweit, ob der Vertragspartner an der Bindung des Erblassers ein Interesse hatte. Ein solches ist bei Zuwendungen an den Vertragspartner selbst oder an dessen Verwandten regelmäßig anzunehmen. Demgegenüber handelt es sich bei Zuwendungen an die Verwandten des Erblassers regelmäßig um einseitige Verfügungen.
IV. Bindungswirkung der erbvertraglichen Verfügungen
Einseitige Verfügungen entfalten keine vertragliche Bindungswirkung, sondern sind wie einseitige Verfügungen von Todes wegen zu behandeln (§ 2299 Abs. 2 Satz 1 BGB), d. h. sie sind insbesondere jederzeit widerrufbar (§ 2253 ff. BGB).
Demgegenüber können vertragsmäßige Verfügungen grundsätzlich nicht mehr durch eine spätere Verfügung von Todes wegen aufgehoben werden (§ 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB); d. h. vertragsmäßige Verfügungen entfalten eine Bindungswirkung. Diese kann der Erblasser durch folgende Maßnahmen aufgeben: