Zurechnung der von Prostituierten in angemieteten Zimmern in einem Bordell erzielten Umsätze beim Bordellbetreiber
Schätzung des Tagesumsatzes einer Prostituierten in einem angemieteten Zimmer mit 90 Euro
Leitsatz
1. Auch nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes (ProstG) am und der dadurch erfolgten Legalisierung der Prostitution
ist weiter unter Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob sämtliche Leistungen in einem Bordell,
also auch die der unmittelbar handelnden Prostituierten, im Namen und für Rechnung des Bordellbetreibers ausgeführt werden.
Dies ist der Fall, wenn der Bordellbetreiber nach außen hin als derjenige auftritt, der die Verschaffung von Geschlechtsverkehr
im Rahmen seines Betriebes anbietet, und sich nicht auf eine Vermietungsleistung gegenüber den Prostituierten beschränkt.
2. Die Vermieterin der Zimmer in einem im Rahmen eines Laufhauses unterhaltenen Bordells hat nach außen erkennbar eine Organisation
unterhalten, die den gewerbsmäßigen Geschlechtsverkehr der Bewohnerinnen fördern sollte, und ihr sind folglich die von den
Prostituierten in den angemieteten Zimmern erzielten Umsatz zuzurechnen, wenn u. a.
im Gebäude auf drei Etagen achtzehn Zimmer (alle mit Bad/WC) ausgebaut, dem Gewerbe entsprechend möbliert wurden (Doppelbett,
Whirlpool) und wenn den Prostituierten in dem Haus eine Gemeinschaftsküche sowie ein Waschsalon zur Verfügung steht,
die Hausflure durch Kameras überwacht werden,
die Klägerin durch die Gestaltung und den Abschluss der – milieutypisch ausschließlich mündlich geschlossenen und mit einer
Frist von drei Tagen kündbaren – Mietverträge mit den Prostituierten Einfluss auf das Angebot des Bordells nimmt,
der Betrieb/Eingang täglich von 10 Uhr bis 3 bzw. 4 Uhr für Kundschaft geöffnet ist und sich die Klägerin zu diesen Zeiten
immer im Haus befindet, um die Organisation wie z. B. das Auffüllen der Vorräte oder die Wäscheausgabe sicherzustellen und
bei Streitigkeiten zwischen den Bewohnerinnen und dem Leistungsempfänger auf Bitten eines Beteiligten die Polizei zu rufen,
das Bordell einen einheitlichen Namen hat und das Haus außen gut sichtbar an einer Fassade mit diesem Namen beschriftet ist,
die Klägerin sich auch im Internet als Bordellbetreiber darstellt und für das Bordell wirbt,
die Prostituierten täglich die Zimmermiete zahlen müssen.
3. Die Zurechnung der von den Prostituierten erzielten Umsätze beim Bordellbetreiber wird in diesem Fall nicht dadurch ausgeschlossen,
dass die Prostituierten die Einnahmen selbst vereinnahmen und sich im Eingangsbereich des Bordells (und ggf. auf der Homepage)
ein Hinweis auf die Selbstständigkeit der Prostituierten befindet.
4. Mit einem geschätzten Umsatz pro vermietetem Zimmer/Prostituierter pro Tag von 90 Euro in den Jahren 2004 und 2005 bleibt
das FA eher am unteren Rand des möglichen Schätzungsrahmens.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): YAAAF-75208
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