NWB Nr. 22 vom Seite 1625

„Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger“

Univ.-Prof. Dr. Franz Jürgen Marx | StB | Universität Bremen

Herstellungskosten in der Handels- und Steuerbilanz

Am hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens beschlossen, dem noch vom Bundesrat zugestimmt werden muss. Das Gesetz sieht eine umfassende Anpassung des Steuervollzugs an die veränderten technischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vor und zielt auf die Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch einen verstärkten Einsatz der Informationstechnologie sowie eine verstärkte Serviceorientierung und nutzerfreundlichere Prozesse. Gleichsam im Windschatten der Reform hat der Finanzausschuss nun eine Änderung des EStG eingefügt, die ein lang andauerndes Bewertungsproblem der Steuerbilanz endlich löst. Bislang sieht R 6.3 Abs. 1 EStR 2012 den pflichtweisen Einbezug der Kosten für die allgemeine Verwaltung, für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung in die Herstellungskosten vor. Durch wird es nicht beanstandet, wenn bis zur Verifizierung des damit verbundenen Erfüllungsaufwands, spätestens aber bis zu einer Neufassung der EStR diese Kosten wahlweise nicht in die Herstellungskostenermittlung einbezogen werden, was einen Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz ermöglicht, da § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB hierfür ebenfalls ein Wahlrecht vorsieht. Einem pflichtweisen Einbezug dieser Kosten in die steuerliche Herstellungskostenberechnung steht das Schrifttum zu Recht sehr kritisch gegenüber (vgl. Teschke/C. Kraft in Kanzler/Kraft/Bäuml (Hrsg.), EStG, 2016, § 6 Rn. 36; ). Neben inhaltlichen und systematischen Einwänden wird auch auf die zusätzlich entstehenden Ermittlungs- und Deklarationskosten abgestellt.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG n. F. schreibt nun die langjährige Praxis mit einem Wahlrecht fest. „Bei der Berechnung der Herstellungskosten brauchen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 3 des HGB nicht einbezogen zu werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.“

Einziger Wermutstropfen der Neuregelung ist der Übereinstimmungsvorbehalt in § 6 Abs. 1 Nr. 1b Satz 2 EStG n. F.: „Das Wahlrecht ist bei Gewinnermittlung nach § 5 EStG in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben.“ Die Begründung weist darauf hin, dass die Ausübung des Wahlrechts nicht allein steuerlich motiviert sein sollte, sondern der Vereinfachung und dem Bürokratieabbau dient. Damit kehrt der Gesetzgeber unnötigerweise zu einer Zwangskoordination zurück, die durch das BilMoG und die Aufgabe der formellen Maßgeblichkeit generell beseitigt worden ist. Die Unternehmen werden ohnehin zur Vermeidung von Bürokratiekosten handels- und steuerrechtliche Herstellungskostenermittlung freiwillig koordinieren.

Franz-Jürgen Marx

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 1625
NWB YAAAF-73747