Instanzenzug: S 11 KA 463/12
Gründe:
I
1Die Klägerin, die als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wandte sich gegen sachlich-rechnerische Richtigstellungen der Gebührenordnungsposition (GOP) 35140 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) sowie der GOP 35141 EBM-Ä in den Quartalen IV/2007 und IV/2009. Die Widersprüche der Klägerin wies die beklagte Kassenärztliche Vereinigung mit Widerspruchsbescheiden vom und zurück. Das SG hat in fünf Fällen die Beklagte zur Neubescheidung verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die biographische Anamnese nach der GOP 35140 EBM-Ä könne nach ihrem Wortlaut auch während einer laufenden Psychotherapie abgerechnet werden. Eingeschränkt werde die Abrechenbarkeit allein durch den Zusatz "einmal im Krankheitsfall". Unter einem Krankheitsfall sei nach § 21 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 25 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) die Gesamtdauer einer Behandlung zu verstehen, die sich über bis zu vier Quartalen erstrecke. Nach diesem Zeitraum sei auch die erneute Abrechnung der GOP 35140 EBM-Ä beim identischen Patienten zulässig. Soweit in drei Fällen die GOP 35141 EBM-Ä, der Zuschlag für die vertiefte Exploration im Zusammenhang mit einem Antragsverfahren oder der Beendigung der Therapie, richtiggestellt worden sei, sei dies rechtswidrig, weil der nicht näher definierte zeitliche Zusammenhang mit einem Antragsverfahren in einem Zeitraum von fünf bis sieben Wochen noch gegeben gewesen sei. Das LSG hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom zurückgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen des SG verwiesen.
2Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG richtet sich die Beschwerde der Beklagten, zu deren Begründung sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend macht.
II
3Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
41. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend dargetan. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN). Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
5Die Beklagte stellt die Frage:
"Ist bei Zugrundelegung des Begriffs des Krankheitsfalls nach § 21 Abs 1 BMV-Ä und § 25 Abs 1 EKV-Ä hinsichtlich der Nr 35140 EBM und damit der grundsätzlichen Abrechnungsmöglichkeit dieser Ziffer jeweils nach dem Ablauf eines Jahres und damit auch während einer laufenden Psychotherapie, das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, welches sich aus Art 12 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG ableitet, verletzt?"
6Weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit dieser Frage hat die Beklagte hinreichend dargelegt. Es fehlt bereits an jeder Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Inhalt und Reichweite des Gebots der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl grundlegend BSGE 83, 205, 212 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 219 mwN). Soweit die Beklagte implizit geltend machen will, dass die Vorinstanzen die GOP 35140 EBM-Ä falsch ausgelegt haben, verhält sich die Beschwerdebegründung nicht dazu, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung für den Regelfall davon ausgeht, dass sich aus der Anwendung der Grundsätze zur Auslegung der Leistungslegende der Bewertungsmaßstäbe im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich auf eine konkrete GOP eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch dann nicht ergibt, wenn sich das BSG mit dieser konkreten Position noch nicht ausdrücklich befasst hat (vgl zB - Juris RdNr 9; - Juris RdNr 6; - RdNr 11; - Juris RdNr 4; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 7a). Auch die ständige Rechtsprechung des Senats zur Auslegung von Gebührentatbeständen nach ihrem Wortlaut findet keine Beachtung (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 21 mwN). Schließlich betrifft die Frage, ob unter Zugrundelegung der Auslegung der Vorinstanzen die Voraussetzungen für die Abrechnung der GOP 35140 EBM-Ä erfüllt waren, die tatrichterliche Würdigung im Einzelfall, die eine Zulassung der Revision nicht zu begründen vermag.
72. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die Beklagte die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
83. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstelle(n):
RAAAF-72601