Instanzenzug:
Gründe
I
1Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, den Beigeladenen die Reusenfischerei am Steinhuder Meer bis zum Abschluss einer Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 Abs. 2 BNatSchG zu untersagen, soweit keine Reusen eingesetzt werden, die mit technischen Schutzvorrichtungen ausgestattet sind, die geeignet sind, die Gefahr der Tötung von Fischottern auszuschließen. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beigeladenen stattgegeben und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe weder aus § 34 Abs. 6 Satz 4 BNatSchG noch unter dem Gesichtspunkt, dass ein Mitwirkungsrecht des Klägers aus § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG nicht verletzt, umgangen oder vereitelt werden dürfe, einen Anspruch auf ein Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützten Beschwerde.
II
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
31. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das Berufungsurteil weicht nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab.
4Der Kläger entnimmt dem Berufungsurteil den Rechtssatz, dass Mitwirkungsrechte einer anerkannten Naturschutzvereinigung aus § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG an der Durchführung einer Abweichungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 3, 4 BNatSchG nicht verletzt werden, wenn eine zuständige Behörde eine nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG gebotene Verträglichkeitsprüfung unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben nicht durchführt (Beschwerdebegründung S. 4). Er stellt dem Rechtssatz einen Rechtssatz aus dem Urteil des Senats vom - 4 C 34.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014: 121114U4C34.13.0] - (BVerwGE 150, 294) mit dem Inhalt entgegen, dass das Mitwirkungsrecht einer anerkannten Naturschutzvereinigung aus § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG an der Durchführung einer Abweichungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 3, 4 BNatSchG bereits dann verletzt ist, wenn eine Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wird und es als möglich bzw. nicht nach jeder rechtlichen Betrachtungswiese als ausgeschlossen erscheint, dass die Verträglichkeitsprüfung zum Ergebnis der Unverträglichkeit führen wird (Beschwerdebegründung S. 5).
5Die Divergenzrüge scheitert bereits daran, dass das Oberverwaltungsgericht den vom Kläger beanstandeten Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Der in Bezug genommene Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, dass dem Kläger ein Mitwirkungsrecht nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG nicht schon bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung zusteht, sondern erst bei der habitatschutzrechtlichen Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG, die nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG ergibt, dass das Projekt Reusenfischerei nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig ist (UA S. 54), ist mit dem behaupteten Rechtssatz nicht identisch. Er ist weder ausdrücklich noch sinngemäß auf die Fallgestaltung zugeschnitten, dass die Behörde eine Verträglichkeitsprüfung unterlässt, obwohl die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht hatte auch keinen Anlass, sich zu dieser Fallkonstellation zu äußern. Denn nach seinen Feststellungen, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, hat die Beklagte die FFH-Verträglichkeitsprüfung inzwischen eingeleitet (UA S. 35).
62. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.
7a) Die Frage, ob die zuständige Behörde durch Nichtdurchführung der gebotenen Verträglichkeitsprüfung die Durchführung der Verbandsbeteiligung bei der Abweichungsentscheidung und die gerichtliche Überprüfung der möglichen Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten vereiteln kann (richtig: darf) (Beschwerdebegründung S. 8), würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Sie ist auf einen anderen als den vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt gemünzt (vgl. oben 1.).
8b) Im Zentrum der Beschwerde steht die als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, ob unter der Voraussetzung, dass der Kläger in seinem Mitwirkungsrecht nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG verletzt ist, der in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte mehrfach bejahte Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde zum Zuge kommt, die Unterlassung der beeinträchtigenden Tätigkeit bis zur Durchführung des Mitwirkungsverfahrens gegenüber dem Handelnden anzuordnen (Beschwerdebegründung S. 9). Der Senat versteht die Frage so, dass der Kläger geklärt wissen will, ob die Verletzung der Mitwirkungsrechte eines anerkannten Verbandes einen Anspruch auf Unterlassung der jeweiligen Maßnahmen bis zur Nachholung des erforderlichen Mitwirkungsverfahrens begründet. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil feststeht, dass der Kläger (bislang) in seinem Mitwirkungsrecht nicht verletzt ist. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG räumt einer nach § 3 UmwRG anerkannten Naturschutzvereinigung Mitwirkungsrechte ein, wenn ein Projekt im Wege einer habitatschutzrechtlichen Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zugelassen oder durchgeführt werden soll, weil die gemäß § 34 Abs. 1 BNatSchG gebotene Verträglichkeitsprüfung ergeben hat, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets führen kann ( 4 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:010415U4C6.14.0] - NVwZ 2015, 1532 Rn. 11). Unionsrecht vermittelt der Naturschutzvereinigung keinen Anspruch, bereits im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung beteiligt zu werden ( a.a.O. Rn. 32).
9c) Das fehlende Mitwirkungsrecht des Klägers an der eingeleiteten Prüfung der Verträglichkeit der Reusenfischerei ist ein Grund, der die Verneinung des Anspruchs auf Einschreiten gegen die Beigeladenen aus § 34 Abs. 6 Satz 4 BNatSchG selbständig trägt. Die weiteren Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts, dass § 34 Abs. 6 Satz 4 BNatSchG ausschließlich dem materiellen Schutz des FFH-Gebiets und nicht auch dem Schutz eines Mitwirkungsrechts des Klägers nach § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG diene (UA S. 52 f.) und das der Beklagten zustehende Ermessen nicht auf Null reduziert sei (UA S. 55), können hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen nach dem Schutzzweck des § 34 Abs. 6 Satz 4 BNatSchG (Beschwerdebegründung S. 10) und dem Charakter der Vorschrift als Ermessens- oder Befugnisnorm ohne Ermessens- oder Entscheidungsspielräume (Beschwerdebegründung S. 11) die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nämlich nur zugelassen werden, wenn - wie hier nicht - hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4; stRspr).
103. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Es begründet keinen Verfahrensmangel, wenn ein Berufungsgericht eine europarechtliche Frage nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorlegt und auch nicht die Revision zulässt ( 10 B 21.04 -Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 8 S. 21).
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstelle(n):
JAAAF-69978