Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Strafbarkeit eines Wohnungsinhabers bei Duldung der Aufbereitung und des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der Wohnung
Gesetze: § 29 BtMG, § 29a BtMG, § 13 Abs 1 StGB, § 27 StGB
Instanzenzug: LG Siegen Az: 21 KLs 5/15
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
2Nach den Feststellungen ließ der Mitangeklagte Ö. , der mit der Angeklagten eine Beziehung unterhielt und – nicht ausschließbar – allein deswegen von der Angeklagten in ihre Wohnung aufgenommen worden war, im Spätsommer 2013 ein Paket mit 150 Gramm Heroinzubereitung (Wirkstoffgehalt 25 %) an die Wohnanschrift der Angeklagten versenden, wo es vom Mitangeklagten in Besitz genommen wurde. Die Hälfte des Heroins verwendete der Mitangeklagte in der Folgezeit zum Eigenkonsum für sich und die Angeklagte. Die andere Hälfte streckte und portionierte er und verkaufte sie in und vor der Wohnung der Angeklagten an andere Abnehmer. Die Angeklagte war nicht aktiv in die Planung, Organisation oder Durchführung des Handeltreibens eingebunden und hatte auch kein Interesse an den Details der Tätigkeit ihres Freundes. Sie bekam aber mit, dass ein Paket mit Heroin angekommen war, weil plötzlich wieder ausreichend Heroin in der Wohnung zur Verfügung stand. Die Angeklagte, die wusste, dass der Mitangeklagte mit Heroin handelte, sah es zwar nicht gern, dass der Mitangeklagte seine Geschäfte auch in der Wohnung tätigte, sie duldete jedoch die Verkaufstätigkeit ihres Freundes, weil sie von den von ihm erzielten Gewinnen, insbesondere durch die kostenlose Versorgung mit Heroin und die Finanzierung von Einkäufen und Urlauben, erheblich profitierte. Im Oktober 2014 erhielt der Mitangeklagte von einem Kurier eine Lieferung von 300 Gramm Heroinzubereitung mit 25 % Wirkstoffgehalt, die er mit zur Wohnung der Angeklagten nahm. In der Wohnung wurde die Hälfte der Lieferung von dem Mitangeklagten und der Angeklagten selbst konsumiert, während die andere Hälfte wiederum durch den Mitangeklagten nach Streckung an andere Konsumenten weiterveräußert wurde. Auch diesmal bekam die Angeklagte dadurch, dass wieder Heroin verfügbar war, mit, dass der Mitangeklagte eine neue Lieferung erhalten hatte. Sie duldete den anschließenden Verkauf des Heroins in ihrer Wohnung aus denselben Gründen wie zuvor und unterstützte dadurch den Mitangeklagten.
II.
3Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4Eine aktive Beteiligung der Angeklagten an der Handelstätigkeit des Mitangeklagten wird durch die Urteilsausführungen nicht belegt. Allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der Wohnung erfüllt ohne eine irgendwie geartete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung nicht die Voraussetzungen der strafbaren Beihilfe (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ 2014, 164; Beschlüsse vom – 2 StR 348/11, NStZ-RR 2012, 58; vom – 2 StR 251/06, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 67; vom – 3 StR 414/02, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 60). Einen solchen Unterstützungsbeitrag der Angeklagten durch positives Tun hat das Landgericht nicht festgestellt. Dass die Angeklagte schon bei der Überlassung der Mitnutzung der Wohnung an den Mitangeklagten von deren geplanter Verwendung für Rauschgiftgeschäfte wusste (vgl. , aaO; Beschluss vom – 3 StR 85/13, NStZ-RR 2013, 249), hat die Strafkammer nicht angenommen. Eine auf die künftige Hinnahme des Rauschgifthandels in der Wohnung bezogene Zusage der Angeklagten, die als psychische Unterstützung der Taten des Mitangeklagten gewertet werden könnte (vgl. , aaO), lässt sich den Urteilsfeststellungen ebenfalls nicht entnehmen.
5Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen scheidet mangels Garantenstellung der Angeklagten aus. Denn der Inhaber einer Wohnung hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden (st. Rspr.; vgl. nur , aaO; Beschluss vom – 4 StR 156/92, BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 10; Urteil vom – 3 StR 34/82, BGHSt 30, 391). Ein Ausnahmefall, in welchem die Wohnung wegen ihrer besonderen Beschaffenheit oder Lage – über ihre Eigenschaft als nach außen abgeschirmter Bereich hinaus – eine Gefahrenquelle darstellt (vgl. , aaO; Beschluss vom – 3 StR 414/02, aaO), ist nicht festgestellt. Dass die Angeklagte aus den durch den Mitangeklagten begangenen Taten Vorteile zog, mag strafrechtlich unter dem Aspekt der Geldwäsche nach § 261 StGB bedeutsam sein (vgl. , NStZ 2013, 546, 549; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 677 ff.), für die Frage des Bestehens einer Garantenpflicht der Angeklagten ist dieser Umstand entgegen der Ansicht der Strafkammer indes ohne jede Relevanz.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:160216B4STR459.15.0
Fundstelle(n):
JAAAF-69417