Strafzumessung: Strafschärfende Berücksichtung einer wegen Fehlens eines Strafantrages nicht verfolgbaren Tatbestandserfüllung
Gesetze: § 46 StGB
Instanzenzug: LG Aachen Az: 61 KLs 2/15
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer „Gesamtfreiheitsstrafe“ von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Es fehlt an dem gemäß § 194 Abs. 1 StGB für die Strafverfolgung erforderlichen Strafantrag. Weder der Strafanzeige noch der Vernehmung der Geschädigten vom ist ein eindeutiges Strafverlangen auch in Bezug auf die Beleidigung zu entnehmen (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 77 Rn. 24). Da der Strafantrag nicht mehr nachgeholt werden kann, weil die (nach Kenntniserlangung von der Tat) dreimonatige Antragsfrist des § 77b StGB bereits seit Ende Dezember 2014 abgelaufen ist, ist der Schuldspruch dahin zu ändern (§ 354 Abs. 1 StPO), dass die Verurteilung wegen der tateinheitlich begangenen Beleidigung entfällt.
32. Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt. Die Strafkammer hat zwar strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte zwei Straftatbestände verwirklicht hat. Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrages nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann jedoch, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden (vgl. , NJW 2001, 1874, 1876; Beschluss vom - 2 StR 538/92, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 9); dies insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt (, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 12; Beschluss vom - 2 StR 539/94). Mit Rücksicht auf die Gesamtumstände der von dem Angeklagten begangenen Tat kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht den Angeklagten zu einer geringeren Freiheitsstrafe verurteilt hätte, wenn es - wie vorliegend möglich - die ihm zur Last gelegte Tatbestandsverwirklichung des § 185 StGB lediglich als strafschärfende Modalität der gefährlichen Körperverletzung bewertet hätte.
43. Soweit im Urteilstenor entgegen der Urteilsgründe von einer „Gesamtfreiheitsstrafe“ statt von einer „Freiheitsstrafe“ die Rede ist, ist der Tenor wegen eines offenkundigen Fassungsversehens zu berichtigen.
Appl Eschelbach Ott
Zeng Bartel
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:040216B2STR448.15.0
Fundstelle(n):
KAAAF-69408