Kapitel 1: Gegenstand, Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich
Artikel 3 Geltungsbereich [1]
(1) Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für alle Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden, bei denen der Verbraucher den Preis zahlt oder die Zahlung des Preises zusagt. Sie gilt für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.
(1a) Diese Richtlinie gilt auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt oder für den Verbraucher digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt, außer in Fällen, in denen die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten durch den Unternehmer ausschließlich zur Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, oder digitaler Dienstleistungen im Einklang mit dieser Richtlinie oder zur Erfüllung von vom Unternehmer einzuhaltenden rechtlichen Anforderungen verarbeitet werden, und der Unternehmer diese Daten zu keinen anderen Zwecken verarbeitet.
(1b) Für Fernabsatzverträge über die Erbringung von Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden, gelten nur die Artikel 1 und 2, Artikel 3 Absätze 2, 5 und 6, Artikel 4, Artikel 6a, Artikel 8 Absatz 6, Artikel 11a, die Artikel 16a bis 16e, Artikel 19, die Artikel 21 bis 23, Artikel 24 Absätze 1 und 6, die Artikel 25 bis 27 und Artikel 29.
Umfassen in Unterabsatz 1 genannte Verträge eine erstmalige Dienstleistungsvereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder einer daran anschließenden Reihe getrennter Vorgänge der gleichen Art, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, so gelten die in Unterabsatz 1 genannten Bestimmungen mit Ausnahme von Artikel 21 nur für die erste Vereinbarung.
Für den Fall, dass es keine erstmalige Dienstleistungsvereinbarung gibt, aber die aufeinander folgenden oder getrennten Vorgänge der gleichen Art, die in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, zwischen den gleichen Vertragsparteien abgewickelt werden, gelten die Artikel 16a und 16d nur für den ersten Vorgang.
Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste einer neuen Reihe von Vorgängen, sodass die Artikel 16a und 16d Anwendung finden.
(2) Kollidiert eine Bestimmung dieser Richtlinie mit einer Bestimmung eines anderen Unionsrechtsakts, der spezifische Sektoren regelt, so hat die Bestimmung dieses anderen Unionsrechtsakts Vorrang und findet auf diese spezifischen Sektoren Anwendung.
(3) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge
über soziale Dienstleistungen, einschließlich der Bereitstellung und Vermietung von Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung oder der Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege;
über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU, unabhängig davon, ob sie von einer Einrichtung des Gesundheitswesens erbracht werden;
über Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten;
über Finanzdienstleistungen, die nicht unter Artikel 3 Absatz 1b fallen;
über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Immobilien;
über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum;
über Pauschalreisen im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates [2].
Artikel 6 Absatz 7, Artikel 8 Absätze 2 und 6 und Artikel 19, Artikel 21 und Artikel 22 der vorliegenden Richtlinie gelten für Pauschalreisen im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 in Bezug auf Reisende im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der genannten Richtlinie entsprechend;
die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen [3] fallen;
die nach dem Recht der Mitgliedstaaten vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossen werden, der gesetzlich zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist und durch umfassende rechtliche Aufklärung sicherzustellen hat, dass der Verbraucher den Vertrag nur aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung und in Kenntnis seiner rechtlichen Tragweite abschließt;
über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden;
über die Beförderung von Personen mit Ausnahme des Artikels 8 Absatz 2 und der Artikel 19, 21 und 22;
die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden;
die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossen werden oder die zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Faxverbindung geschlossen werden;
über alle Waren, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden.“
(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen.
(5) Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt.
(6) Diese Richtlinie hindert Unternehmer nicht daran, Verbrauchern Vertragsbedingungen anzubieten, die über den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz hinausgehen.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
WAAAF-68270
1Anm. d. Red.: Art. 3 i. d. F. der Richtlinie v. (ABl EU Nr. L, 2023/2673, ) mit Wirkung v. .
2Amtl. Anm.: Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl L 326 vom 11. 12. 2015, S. 1).
3Amtl. Anm.: ABl L 33 vom 3. 2. 2009, S. 10.