Instanzenzug:
Gründe
1Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner Berufsunfähigkeitsrente durch den Beklagten in Folge seiner Ehescheidung.
2Der 1949 geborene Kläger erhält vom Beklagten seit 2002 eine Berufsunfähigkeitsrente. Im Oktober 2008 wurde er von seiner 1961 geborenen Ehefrau geschieden. Mit Beschluss vom 26. Mai 2011 übertrug das Amtsgericht Aachen im Wege der internen Teilung Beiträge des Klägers in Höhe von 78 706,54 € auf seine geschiedene Ehefrau. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts wies das zurück. Mit Bescheid vom 28. Januar 2013 kürzte der Beklagte, gestützt auf § 30 seiner Satzung in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung, die Berufsunfähigkeitsrente des Klägers entsprechend der auf die geschiedene Ehefrau des Klägers übertragenen Beiträge ab 1. April 2012 von 2 579,45 € auf 1 312,94 € monatlich.
3Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 28. Januar 2013 verpflichtet, dem Kläger ab 1. April 2012 ungekürzte Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die mit Wirkung vom 1. September 2009 in der Folge des Inkrafttretens des Gesetzes über den Versorgungsausgleich vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) in die Satzung des Beklagten eingefügte Möglichkeit, ab Wirksamwerden einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine Rente des Ausgleichsverpflichteten schon vor einem Rentenbezug des Ausgleichsberechtigten zu kürzen (Wegfall des sog. Rentnerprivilegs), sei zwar verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es fehle aber an einer hinreichenden Übergangsregelung für Bestandsrentner.
4Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Mai 2015, dem Kläger am 28. Mai 2015 zugestellt, das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert, die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Es könne dahinstehen, ob die Satzung des Beklagten für alle denkbaren Übergangsfälle hinreichende Vertrauensschutzregelungen vorhalte. Jedenfalls der Kläger sei nicht in verfassungswidriger Weise in seinem Anspruch auf Vertrauensschutz verletzt. Ihm gegenüber sei die Streichung des Rentnerprivilegs nämlich erst zweieinhalb Jahre nach ihrem Inkrafttreten wirksam geworden. Einen darüber hinaus reichenden zeitlichen Schutzraum verlange die Verfassung nicht.
5Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
61. Sie ist bereits unzulässig. Die Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nicht gewahrt. Sie endete am Montag, den 29. Juni 2015. Bis zu diesem Zeitpunkt ist beim Oberverwaltungsgericht keine durch einen postulationsfähigen Vertreter unterzeichnete Beschwerdeschrift eingegangen, sondern lediglich die vom Kläger persönlich unterzeichneten Schriftsätze vom 20./21. Mai 2015, vom 14. und 29. Juni 2015. Der Kläger musste sich nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO bereits für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der von einem postulationsfähigen Vertreter unterzeichnete Schriftsatz vom 16. Juli 2015, der am 17. Juli 2015 beim Oberverwaltungsgericht Münster eingegangen ist, wahrt die Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht.
72. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und eines Verfahrensmangels gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist darüber hinaus auch unbegründet; und zwar selbst dann, wenn man den anwaltlichen Begründungsvortrag vom 25. August 2015 berücksichtigt, der nach Ablauf der bis zum 28. Juli 2015 laufenden Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangen ist.
8a) Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die ausreichende Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) der grundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Rechtsfrage besteht (vgl. 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).
9Die Beschwerde hält aufgrund der unterschiedlichen Einschätzungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts zur Reichweite des Vertrauensschutzes bei Streichung des Rentnerprivilegs die Frage der Vereinbarkeit des § 30 der Satzung der Beklagten in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG für grundsätzlich. Soweit sie sich insoweit auf Art. 14 Abs. 1 GG beruft, spricht sie zwar revisibles Bundesrecht an. Jedoch wird - neben der fehlenden Darlegung der über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung - keine rechtsgrundsätzliche Auslegungsfrage zu Art. 14 Abs. 1 GG oder den aus dem Grundgesetz folgenden Maßstäben für Vertrauensschutz bei der Änderung von Rechtsnormen bzw. bei Eingriffen in rentenrechtliche Versorgungsanwartschaften formuliert. Geht es, wie hier, um die Vereinbarkeit von nicht revisiblem Satzungsrecht (hier § 30 der Satzung des Beklagten in der Fassung ab 1. September 2009) mit bundes(verfassungs)rechtlichen Normen, muss sich die rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage gerade im Hinblick auf das revisible Recht, hier also auf die von der Beschwerde als bundesrechtlichen Kontrollmaßstab herangezogenen Regelungen des Grundgesetzes stellen. Darzulegen ist, inwiefern die angeführte bundesverfassungsrechtliche Norm selbst - über die bisherige Rechtsprechung hinaus - weitere ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. 6 BN 2.99 -Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 334 S. 3). Hierfür reicht es nicht aus, auf unterschiedliche Ergebnisse des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts bei der Anwendung der aus dem Grundgesetz folgenden Maßstäbe für den Vertrauensschutz bei Rechtsänderungen hinzuweisen. Soweit die Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit der Streichung des Rentnerprivilegs generell bezweifeln möchte, ist die aufgeworfene Frage darüber hinaus nicht (mehr) klärungsbedürftig (vgl. - NJW 2015, 686 f.).
10b) Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Beschwerde rügt das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und damit in der Sache einen Verstoß gegen das Gebot rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO). Der behauptete Verfahrensverstoß liegt nicht vor. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (stRspr, 4 C 20.83 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 135 S. 24). Entgegen der Ansicht der Beschwerde war weder der Umstand, dass das Oberverwaltungsgericht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auf die Frage eingegangen ist, ob besondere Umstände es dem Kläger in seinem Einzelfall unmöglich gemacht haben, sich auf die Rechtsänderung einzustellen, noch die beispielhafte Benennung seiner Möglichkeiten, Zugewinnausgleichsansprüche gegenüber der Ehefrau zu verfolgen oder Nebentätigkeiten anzunehmen, überraschend. Der vormalige anwaltliche Vertreter des Klägers hatte diese Gesichtspunkte in seinem Schriftsatz vom 3. Juli 2014 angesprochen und insbesondere die Möglichkeit von Nebentätigkeiten benannt, die der Kläger trotz seiner Erkrankung hätte ausüben können. Mit der Verwertung der von seinem damaligen Anwalt benannten Gesichtspunkte durch das Berufungsgericht musste der Kläger auch ohne ausdrücklichen Hinweis des Gerichts rechnen.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Fundstelle(n):
OAAAF-67723