„Der Gesetzgeber bleibt gefordert“
§ 50i EStG – trotz BMF-Schreiben Kummer ohne Ende?
Der mit dem Kroatien-Anpassungsgesetz vom eingefügte Absatz 2 des § 50i EStG hat ausweislich der Gesetzesbegründung zum Ziel, das Besteuerungsrecht der BRD durch die Schließung von Gesetzeslücken zu sichern. Umgesetzt wird dies mittels der Suspendierung der privilegierten Buchwert- und Zwischenwertansätze des Umwandlungssteuergesetzes bzw. des § 6 Abs. 3 und 5 EStG. Diese erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 50i Abs. 2 EStG begegnet berechtigter Kritik. Um dessen Anwendung auf reine Inlandsfälle zu verhindern, wäre klarzustellen, dass er nur greift, soweit im DBA-Ausland ansässige Mitunternehmer beteiligt sind. Als Entstrickungsregelung wäre seine Anwendung auf jene Umstrukturierungen, unentgeltliche Übertragungen und Strukturwandel zu beschränken, die das deutsche Besteuerungsrecht gefährden. Dies gilt erst recht, wenn die Umwandlungs- bzw. Einbringungsmaßnahmen nicht zu einer Gefährdung des deutschen Besteuerungsrechts führen bzw. dieses sogar verstärken (sog. Wiederverstrickungsfälle).
Das hilft der Kritik nur unzureichend ab. Anstatt die Anwendung auf Fälle mit Beteiligung von im DBA-Ausland ansässigen Mitunternehmern zu beschränken, stellt das BMF-Schreiben in Tz. 1 klar, dass § 50i Abs. 2 EStG nicht voraussetze, dass der Steuerpflichtige in einem DBA-Staat ansässig ist. Anstelle einer zugunsten des Steuerpflichtigen zulässigen teleologischen Reduktion des überschießenden Gesetzeswortlauts bleibt es mithin beim weiten Anwendungsbereich. Der Steuerpflichtige wird stattdessen auf einen (sachlichen) Billigkeitsantrag auf Gewährung des Buchwert- oder Zwischenwertprivilegs verwiesen. Damit werden die Probleme in der Praxis noch verschärft. Anders als bei der verbindlichen Auskunft, die voraussetzt, dass mit der Umsetzung des zugrunde liegenden Sachverhalts noch nicht begonnen wurde, kann der Billigkeitsantrag auf Buchwertprivilegierung erst nach erfolgter Umsetzung gestellt werden. Neben den Antrags- und Nachweispflichten wird dem Steuerpflichtigen das Risiko aufgebürdet, erst nach Umsetzung einer Maßnahme deren steuerliche Behandlung zu kennen. Ohnehin nur sporadisch gewährte verbindliche Auskünfte werden künftig mit Verweis auf die bestehende Antrags- und Billigkeitsregelung generell verwehrt werden. Bei Familienunternehmen besteht aufgrund des unscharfen Anwendungsbereichs des § 50i EStG weiterhin das latente Risiko, nicht jeden Fall eindeutig identifizieren zu können, um den Billigkeitsantrag zu stellen.
Die Nachteile für die Rechts- und Planungssicherheit des betroffenen Steuerpflichtigen werden noch deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass die lediglich auf Verwaltungs- und nicht auf gesetzlicher Ebene getroffene Billigkeitsregelung bei der finanzgerichtlichen Beurteilung eines § 50i EStG-Falles keine (wesentliche) Rolle spielen dürfte, sind doch die Gerichte ausschließlich am Gesetz und dessen (überschießendem) Wortlaut orientiert. Eindeutig vorzugswürdig wäre daher die einschränkende Überarbeitung des § 50i Abs. 2 EStG auf Gesetzesebene gewesen. Der Gesetzgeber bleibt also gefordert.
Swen Bäuml
Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 601
AAAAF-67304