BSG Beschluss v. - B 1 KR 129/15 B

Instanzenzug: S 8 KR 323/10

Gründe:

I

1Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Krankenhauses. Die beklagte Krankenkasse (KK) minderte nach Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) den Rechnungsbetrag in drei Fällen stationärer Behandlung von Versicherten, weil die Klägerin Diagnosen fehlerhaft kodiert habe. In den jeweils nachfolgenden drei Klageverfahren erkannte die Beklagte die in Rechnung gestellten Vergütungen an, nachdem der MDK in zwei Fällen in die Patientenakten Einsicht genommen hatte. Anschließend begehrte die Klägerin in allen Fällen von der Beklagten erfolglos die Zahlung einer Aufwandspauschale von jeweils 100 Euro. Die Klägerin ist mit ihrem Begehren auch in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung unter Hinweis auf Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgeführt, der Anspruch auf eine Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V setze eine Auffälligkeitsprüfung voraus. § 275 Abs 1c S 3 SGB V sei auf die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht anwendbar. Die Frage der richtigen Kodierung und Abrechnung - wie hier - betreffe allein die sachlich-rechnerische Richtigkeit (Urteil vom ).

2Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.

41. Wer sich - wie hier die Klägerin - auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).

5Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage,

"ob die Entscheidung des erkennenden Senats (B 1 KR 13/14), auf die das LSG seine die Berufung zurückweisende Entscheidung stützt, in der Tat so zu verstehen ist, dass ausnahmslos jede Kodierprüfung, also die Prüfung einer Haupt- oder Nebendiagnose, einer OPS-Prozedur oder eines Zusatzentgeltes, nicht den Regelungen des § 275 Abs. 1c SGB V unterfällt, auch wenn diese Prüfung unter Einschaltung des MDK auf der 2. oder 3. Stufe der Sachverhaltsermittlung vorgenommen wurde, was zur Folge hätte, dass eine Aufwandspauschale bei Kodierprüfungen von den Krankenkassen grundsätzlich nicht mehr geschuldet ist".

6Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB - RdNr 7 mwN). Die Klägerin verweist selbst auf die - vom LSG in Bezug genommene - Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4; - Juris RdNr 23 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), wonach die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit keine Auffälligkeitsprüfung iS von § 275 Abs 1c SGB V ist (§ 301 SGB V). Das Überprüfungsrecht der KKn auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung. Es unterliegt einem eigenen Prüfregime (stRspr: s ferner BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 3 RdNr 16 f; BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 21). Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom (B 1 KR 24/14 R - Juris RdNr 9) noch einen Klärungsbedarf herleiten will, trägt sie selbst vor, dass dieser Entscheidung ein Sachverhalt zugrunde liegt, "bei dem es um die Dauer der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ging, nicht aber um eine Kodierprüfung". Soweit die Klägerin zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit auf das Urteil des erkennenden Senats vom (BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13 - 15) verweist, räumt sie selbst ein, dass "der Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung der Aufwandspauschale nicht an der Frage, welche Form der Abrechnungsprüfung vorlag, sondern an dem Umstand, dass das Krankenhaus durch den Kodierfehler überhaupt erst Anlass zu der Prüfung gegeben hatte, scheiterte". Sie setzt sich auch nicht damit auseinander, dass der Senat in seinen späteren Entscheidungen in folgerichtiger Fortentwicklung von Grundgedanken der Entscheidung vom (vgl BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 20 f) die aufgezeigten Rechtssätze zur rechtlich maßgeblichen Unterscheidung von Auffälligkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Prüfung formuliert hat. Die Klägerin bringt im Übrigen nur zum Ausdruck, dass aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats - angeblich - hervorgehe, dass bei Kodierprüfungen eine sachlich-rechnerische Prüfung nicht mehr vorliege, wenn die KK den MDK einschalte. Damit legt sie im Hinblick auf die von ihr formulierte Frage einen noch bestehenden Klärungsbedarf gerade nicht dar.

7Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch - Juris RdNr 7). Die Klägerin trägt hierzu nichts vor.

82. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

Fundstelle(n):
GAAAF-67166