Steuerliche Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer
Bezug:
Aufgrund der durch das Jahressteuergesetz 2010 vom ( BStBl 2010 I S. 1394) mit Wirkung ab 2011 in § 3 Nr. 26b EStG eingeführten Steuerbefreiung von Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB und im Hinblick auf das ( BStBl 2013 II S. 799) richtet sich die einkommensteuerliche Behandlung der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer nach folgenden Grundsätzen:
1. Allgemeines
Nach § 1896 BGB ist für volljährige Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können, ein Betreuer durch das Betreuungsgericht zu bestellen. Neben Berufsbetreuern werden vorrangig ehrenamtliche Betreuer eingesetzt. In den häufigen Fällen mittelloser Betreuter kommt die Staatskasse für die Betreuungskosten auf.
Ehrenamtliche Betreuer erhalten nach §§ 1835a, 1908i BGB derzeit eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 399 Euro (vom bis : 323 Euro; bis : 312 Euro). Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und/oder Betreuung gewährt. Es ist deshalb in Ausnahmefällen möglich, dass ein Betreuer den Betrag mehrfach bekommt. Der Betrag der Aufwandsentschädigung wurde in Anlehnung an die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen mit einem Vielfachen der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit bestimmt (§ 1835a BGB i. V. m. § 22 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz).
2. Steuerbefreiung
Aufgrund geänderter Rechtslage ist bezüglich der einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer in zeitlicher Hinsicht zu unterschieden:
Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2010
Die Aufwandsentschädigungen sind im Hinblick auf das ( BStBl 2013 II S. 799) nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG ohne betragsmäßige Beschränkung steuerfrei.
Ab Veranlagungszeitraum 2011
Eine Steuerbefreiung der Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG kommt nicht mehr in Betracht. Die Aufwandsentschädigungen sind lediglich im Rahmen des neu eingefügten § 3 Nr. 26b EStG steuerfrei, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG (ab VZ 2013: 2.400 Euro, für VZ 2011 und VZ 2012: 2.100 Euro) nicht überschreiten.
Mit Einführung der Steuerbefreiung für Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB in § 3 Nr. 26b EStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 vom ( BStBl 2010 I S. 1394) hat sich der Gesetzgeber für eine Beschränkung der Steuerbefreiung für die Aufwandsentschädigungen der Höhe nach ausgesprochen. Demzufolge ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG als Spezialvorschrift einzuordnen, die der – der Höhe nach unbeschränkten – Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG vorgeht (vgl. BStBl 2014 I S. 1581, Tz. 5; ebenso nicht veröffentlichtes ).
3. Einkunftsart
Die Aufwandsentschädigungen sind Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und daher grundsätzlich einkommensteuerpflichtig.
4. Betriebsausgabenabzug
Mit der Gewährung der Aufwandsentschädigung entfällt für den ehrenamtlichen Betreuer die Möglichkeit, Aufwendungsersatz in Höhe der tatsächlich angefallen Kosten gemäß § 1835 BGB zu verlangen; die Aufwendungen des Betreuers bei Ausübung seiner Tätigkeit (wie z. B. Fahrtkosten, Telefongebühren, Brief- und Portokosten) sind somit durch die Aufwandsentschädigung abgegolten.
Einkommensteuerlich ist in zeitlicher Hinsicht zu unterscheiden:
Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2010
Da der ehrenamtliche Betreuer ausschließlich steuerfreie Einnahmen erzielt, kommt ein Abzug damit zusammenhängender Betriebsausgaben nicht in Betracht (§ 3c Abs. 1 EStG).
Ab Veranlagungszeitraum 2011
Ein Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben ist abweichend von § 3c EStG nur dann möglich, wenn die Einnahmen des ehrenamtlichen Betreuers und gleichzeitig auch die berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben den Freibetrag übersteigen (§ 3 Nr. 26b Satz 2 i. V. m. Nr. 26 Satz 2 EStG; R 3.26 Abs. 9 LStR und BStBl 2014 I S. 1581, Tz. 9 [1].
Abziehbar sind nur Betriebsausgaben, die tatsächlich entstanden und nachgewiesen sind.
Beispiel:Ein ehrenamtlicher Betreuer erhält im Jahr 2015 für jede Betreuung eine Aufwandsentschädigung von 399 Euro.
Der Betreuer hat 2 Betreuungen übernommen und tatsächliche Aufwendungen in Höhe von 400 Euro nachgewiesen.
Der Betreuer hat 8 Betreuungen übernommen und tatsächliche Aufwendungen in Höhe von 2.500 Euro nachgewiesen.
Lösung:
Tabelle in neuem Fenster öffnena) 2 Betreuungenb) 8 BetreuungenEinnahmen798 Euro3.192 Euro./. steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG2.400 Euro2.400 Euroverbleiben0 Euro792 Euro./. nachgewiesene Betriebsausgaben abzüglich 2.400 EuroKein Abzug, da die Einnahmen und die Betriebsausgaben den Freibetrag nicht übersteigen.2.500 Euro
./. 2.400 Euro100 Eurosteuerpflichtige Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG0 Euro692 EuroDie bisher von der Verwaltung zugelassene Pauschalierung ist künftig nicht mehr möglich. Sie wurde von der Verwaltung zu einem Zeitpunkt beschlossen, als es die Sonderregelung des § 3 Nr. 26b EStG für Aufwandsentschädigungen noch nicht gab.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird es für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2014 nicht beanstandet, wenn die Betriebsausgaben – wie bisher – ohne weiteren Nachweis in Höhe von 25 Prozent der Aufwandsentschädigung (25 Prozent von 399 Euro = 99,75 Euro) berücksichtigt werden.
Beispiel:Ein ehrenamtlicher Betreuer erhält im Jahr 2014 für jede Betreuung eine Aufwandsentschädigung von 399 Euro. Tatsächliche Aufwendungen werden nicht nachgewiesen.
Der Betreuer hat 2 Betreuungen übernommen.
Der Betreuer hat 25 Betreuungen übernommen.
Lösung:
Tabelle in neuem Fenster öffnena) 2 Betreuungenb) 25 BetreuungenEinnahmen798 Euro9.975 Euro./. steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG2.400 Euro2.400 Euroverbleiben0 Euro7.575 Euro./. pauschalierte Betriebsausgaben (25 % der Einnahmen) abzüglich 2.400 EuroKein Abzug, da die Einnahmen und die pauschalierten Betriebsausgaben den Freibetrag nicht übersteigen.2.494 Euro
(25 % von 9.975 Euro)
./. 2.400 Euro94 Eurosteuerpflichtige Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG0 Euro7.481 EuroDieser Erlass ersetzt den Bezugserlass und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Er ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder.
Fin Min Baden-Württemberg v. - 3 - S 2337/38
Fundstelle(n):
OAAAF-66790
1Zu der Frage, ob ein Verlust auch dann berücksichtigt werden kann, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Betriebsausgaben unter dem Freibetrag liegen, ist derzeit beim BFH ein Revisionsverfahren (Az.: III R 23/15) anhängig.