Leitsatz
1. a) Nach § 8 Abs. 4 Satz
1 KStG a.F. ist bei einer Körperschaft für den Verlustabzug nach
§ 10d EStG erforderlich, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch
wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust
erlitten hat.
b) Wirtschaftliche Identität liegt insbesondere dann nicht
vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft
übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb
mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt.
Dies gilt dies entsprechend für den Ausgleich des Verlustes vom
Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung.
c) Neues Betriebsvermögen überwiegt, wenn das über Einlagen
und Fremdmittel zugeführte bzw. finanzierte Aktivvermögen das im
Zeitpunkt der Anteilsübertragung vorhandene Restaktivvermögen übersteigt.
Mehrungen bei den Posten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
oder Bankguthaben sind nicht außer Betracht zu lassen. Zudem sind
alle fremdfinanzierten Aktivvermögensmehrungen einzubeziehen. Zu
erfassen sind auch die Fremdmittelfinanzierungen, die nicht direkt
oder indirekt (z.B. durch Bürgschaften der Gesellschafter) durch
die Gesellschafter gegeben wurden.
aa) Auf die steuerrechtliche Qualifikation als Anlage-
oder Umlaufvermögen kommt es grundsätzlich nicht an. Allerdings
sind Mehrungen des Umlaufvermögens aus dem Tatbestand auszuklammern,
wenn sie sich als Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens mit
dem nämlichen Betriebsvermögen darstellen, bzw. sich auf nicht die
wirtschaftliche Identität des Unternehmens prägendes Umlaufvermögen
beziehen. Nicht einzubeziehende Umlaufvermögensmehrungen in diesem
Sinne sind anzunehmen, wenn bei einer unverändert weiter geführten Tätigkeit
ein "selbst erwirtschafteter cash flow" erzielt wird der Bestand
an Geld, Bankguthaben, Finanzanlagen bzw. die Forderungen aus Lieferung
und Leistungen ansteigt oder bereits vorhandene Finanzanlagen in
funktional gleichartige umgeschichtet werden. Dagegen sind Mehrungen
des Umlaufvermögens jedenfalls dann einzubeziehen, wenn entweder
die Branche gewechselt oder der bisherige Geschäftsgegenstand erheblich
erweitert wird.
bb) Als Aktivvermögen anzusetzen sind auch immaterielle
Wirtschaftsgüter, und zwar sowohl bei der Bestimmung des eingebrachten
Vermögens als auch bei der Bewertung des vorhandenen Vermögens,
selbst wenn die immateriellen Wirtschaftsgüter bei der steuerlichen
Gewinnermittlung nicht angesetzt werden dürfen.
cc) Überwiegend neues Betriebsvermögen liegt vor, wenn
das zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen
Restaktivvermögens auch nur geringfügig übersteigt. Restaktivvermögen
ist das zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung vorhandene Aktivvermögen,
wenn die Betriebsvermögenszuführung nach der Anteilsübertragung
erfolgt. Eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen
Saldo ist nicht vorzunehmen.
dd) Das zugegangene Betriebsvermögen muss nicht stets
"von außen" über Einlagen oder Fremdkapital finanziert werden, sondern
kann auch im Wege der Anschaffung von Aktivvermögen aus selbst erwirtschafteten
Mitteln erworben werden.
e) Ein Branchenwechsel liegt bei einer Änderung des satzungsmäßigen
Unternehmensgegenstands oder bei einem Wechsel von einer aktiven
Tätigkeit zu einer anderen aktiven Tätigkeit vor. Das Fehlen jeglicher
Tätigkeit ist einem Branchenwechsel gleichzustellen.
f) Eine erhebliche Erweiterung des Geschäftsgegenstands
ist anzunehmen, wenn der Geschäftsbetrieb in einer Weise ausgetauscht
wird, die es ebenso wie ein Branchenwechsel rechtfertigt, das zugeführte
Umlaufvermögen als prägend anzusehen und in die Betrachtung mit
einzubeziehen.
g) Der Verlust der wirtschaftlichen Identität gemäß §
8 Abs. 4 Satz 2 KStG a.F. setzt voraus, dass zwischen der Übertragung
der Anteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens ein sachlicher
und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der erforderliche sachliche
und zeitliche Zusammenhang setzt allerdings kein Zusammenwirken
der alten und neuen Anteilseigner im Sinne einer Beherrschung eines
Gesamtplans oder eine missbräuchliche Gestaltung voraus. Das Bestehen eines
sachlichen Zusammenhangs ist im Fall eines offenkundigen zeitlichen Zusammenhangs
widerleglich zu vermuten, wenn der Zeitraum ein Jahr nicht übersteigt
h) § 8 Abs. 4 Satz 1 a.F. KStG sieht den Ausschluss des
Verlustabzugs nicht erst ab dem Zeitpunkt der Verwirklichung sämtlicher
Tatbestandsmerkmale und dem damit eintretenden Verlust der wirtschaftlichen
Identität vor.
2. a) Als Empfänger einer verbindlichen
Auskunft ist derjenige anzusehen, dem das Finanzamt aus der Sicht
des Bekanntgabeadressaten unter Berücksichtigung aller bekannten
und erkennbaren Umstände die verbindliche Auskunft erteilen wollte.
b) Die Wirkung einer verbindlichen Auskunft kann auf eine
noch nicht existierende Körperschaft erstreckt werden, wenn sie
einem späteren Gesellschafter mit einer voraussichtlichen Beteiligung
von mindestens 50% erteilt wird.
c) Eine verbindliche Auskunft bindet nur, wenn sich der
mitgeteilte Sachverhalt mit dem verwirklichten deckt. Eine Bindungswirkung
besteht somit nicht, wenn der Sachverhalt unrichtig oder lückenhaft
dargestellt ist oder in wesentlichen Punkten abweicht.
3. Eine Änderung eines Steuerbescheids
gemäß § 174 Abs. 4 AO setzt nicht voraus, dass die Berücksichtigung
des Sachverhalts in dem einen Steuerbescheid die weitere Berücksichtigung
desselben Sachverhalts bei einem anderen Steuerpflichtigen, einer
anderen Steuerart oder in einem anderen Veranlagungszeitraum denkgesetzlich
ausschließt.