Hinweispflicht als Berufspflicht des Rechtsanwalts: Irreführende Gestaltung des Briefkopfs durch Nebeneinander der Namen des Anwalts und einer Diplom-Wirtschaftsjuristin
Gesetze: § 8 S 2 RABerufsO, § 59b Abs 2 Nr 3 BRAO, Art 12 Abs 1 GG
Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Koblenz Az: 1 AGH 6/14 (2/4) Urteil
Gründe
1Der Kläger wendet sich gegen einen durch die Beklagte ausgesprochenen "belehrenden Hinweis" vom . Darin wird die Gestaltung des Briefkopfs seiner Geschäftspapiere insoweit beanstandet, als dort neben dem Namen des Klägers unter anderem der Name einer Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) aufgeführt ist, ohne dass durch Zusätze klargestellt wird, dass kein Fall der gemeinschaftlichen Berufsausübung vorliegt. Die nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren gegen die Beanstandung erhobene Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
21. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind auf der Grundlage des § 73 Abs. 2 Nr. 1, 4 BRAO ergangene belehrende Hinweise namentlich dann, wenn sie wie der angefochtene Bescheid ein Handlungsgebot oder ein Handlungsverbot aussprechen, als in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Verwaltungsakte anzusehen, die dementsprechend mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können (vgl. AnwZ (Brfg) 67/13, NJW 2015, 72 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 35/11, NJW 2012, 3039 Rn. 5; jeweils mwN).
32. Ein Zulassungsgrund (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 VwGO) ist nicht gegeben.
4a) Der durch den Kläger der Sache nach geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
5aa) Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die Verwendung eines gemeinsamen Briefkopfs ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen des Rechtsanwalts zu gewinnen (st. Rspr.; vgl. etwa AnwZ (Brfg) 37/11, BGHZ 194, 79 Rn. 18; Beschluss vom - AnwZ (B) 67/01, NJW 2003, 346; jeweils mwN). Sie unterliegt damit den anwaltliche Werbemaßnahmen einschränkenden Bestimmungen der §§ 43b, 59b Abs. 2 Nr. 3 BRAO i.V.m. §§ 8 ff. BORA, wobei im Lichte der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit im Einzelfall nicht die Gestattung der Anwaltswerbung, sondern deren Beschränkung einer besonderen Rechtfertigung bedarf ( AnwZ (Brfg) 37/11, aaO; vom - I ZR 300/98, BGHZ 147, 71, 74 f.).
6bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Anwaltsgerichtshof die Ausgestaltung des durch den Kläger verwendeten Briefkopfes mit Recht als irreführend angesehen. Im angefochtenen Urteil wird maßgebend darauf abgestellt, dass durch den verwendeten Briefkopf der Eindruck erweckt wird, es bestehe zwischen dem Kläger und der Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH) eine berufliche Zusammenarbeit in Form einer Sozietät. Dies trifft jedoch - was der Kläger auch im Zulassungsantrag nicht in Abrede stellt - gerade nicht zu. Es hätte ihm deshalb oblegen, einen klarstellenden Hinweis auf diesen Umstand aufzunehmen (§ 8 Satz 2 BORA).
7b) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
8aa) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. AnwZ (Brfg) 31/15 Rn. 11 mwN). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie zu ihrer Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Berufungsgerichts erforderlich ist.
9bb) Das Verlangen nach einem klarstellenden Hinweis auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Kanzlei des Klägers findet seine Grundlage in der eindeutigen und insoweit keiner anderweitigen Interpretation zugänglichen Regelung des § 8 Satz 2 BORA. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall hegt der Senat nicht. Diese beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 59b Abs. 2 Nr. 3 BRAO und wird von der Rechtsprechung sowie der herrschenden Kommentarliteratur der Rechtsanwendung zugrunde gelegt (vgl. Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 8 BORA/§ 59a BRAO Rn. 1, 5, 8 mwN). Sie dient dem Schutz der Rechtsuchenden vor Irreführung, mithin einem wichtigen Belang des Gemeinwohls, der die - überaus geringfügige - Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit des Klägers (Art. 12 Abs. 1 GG) rechtfertigt (vgl. auch AnwZ (Brfg) 31/15 Rn. 12).
10Der Hinweis des Klägers auf den , NJW 2013, 2674) geht schon deswegen fehl, weil vorliegend nicht die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 59a Abs. 1 BRAO, sondern die Notwendigkeit zutreffender Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse in Frage steht (vgl. auch Träger in Feuerich/Weyland, 9. Aufl., § 8 BORA Rn. 8; Prütting in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 8 BORA Rn. 2). Zudem sind Gegenstand der genannten Entscheidung die Berufe des Arztes und des Apothekers, die sich in mehrfacher Hinsicht von dem des Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH) unterscheiden (vgl. unter anderem zur strafbewehrten eigenständigen Schweigepflicht, zu den strafprozessualen Schutzvorschriften und zur Berufsaufsicht , aaO Rn. 60, 66 ff.).
113. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.
Limperg König Remmert
Braeuer Kau
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:181215BANWZBRFG19.15.0
Fundstelle(n):
YAAAF-49207