Urkundenfälschung: Tateinheit bei Einreichung gefälschter Überweisungsträger bei der Bank
Gesetze: § 52 StGB, § 267 Abs 1 StGB
Instanzenzug: Az: 24 Ks 5/14
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 38 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt sowie die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nebst Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Die Verurteilung der Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 38 Fällen hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
31. Die zu den Fällen A.II. 1. Nr. 1 - 4 und 6 - 39 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen sind lückenhaft und erlauben dem Senat nicht die Beurteilung, ob das Landgericht die Angeklagte zu Recht tateinheitlich zur Urkundenfälschung wegen vollendeten Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB verurteilt hat.
4a) Nach den Feststellungen des Landgerichts reichte die Angeklagte die von ihr gefälschten Überweisungsträger bei der Bank der Geschädigten ein. Durch diese Einreichung täuschte sie über das Vorliegen eines Überweisungsauftrags zu ihren Gunsten. „Die Bank“ irrte sich dementsprechend insoweit, als sie von einem Überweisungsauftrag des über das Konto der Geschädigten verfügungsberechtigten Mitangeklagten ausging, der tatsächlich nicht vorlag. Aufgrund dieses Irrtums traf „die Bank“ eine Vermögensverfügung, indem sie den jeweils auf dem Überweisungsträger angegebenen Betrag auf das Konto der Angeklagten überwies. Feststellungen zu der Art und Weise der Abwicklung der Überweisungen hat die Strafkammer nicht getroffen.
5b) Danach bleibt unklar, ob Bankbedienstete - wie es der Betrugstatbestand voraussetzt - täuschungsbedingt einem Irrtum erlegen sind oder ob es an einem solchem fehlte, weil die Bank der Geschädigten die Überweisungsträger lediglich automatisiert geprüft hat, ohne dass die Fälschung auffiel und ohne dass ein Mitarbeiter der Bank noch eine persönliche Kontrolle durchgeführt hat. Dann aber wäre die für eine Strafbarkeit wegen Betrugs erforderliche täuschungsbedingte Irrtumserregung nicht gegeben. Vielmehr hätte die Angeklagte unter diesen Umständen den Tatbestand des Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1 StGB nach der betrugsspezifischen Auslegung in der Variante des unbefugten Verwendens von Daten erfüllt (vgl. , NStZ 2008, 281, 282 mwN).
6Die aus diesem Grund aufzuhebende Verurteilung wegen Betrugs in den Fällen A.II. 1. Nr. 1 - 4 und 6 - 39 der Urteilsgründe zwingt auch zur Aufhebung des - an sich rechtsfehlerfreien (zu den Konkurrenzen siehe die Ausführungen unter I. 2. b) - Schuldspruchs wegen Urkundenfälschung und entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
72. Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass die lückenhaften Feststellungen auch im Übrigen eine rechtliche Überprüfung teilweise nicht zulassen:
8a) In den Fällen A.II. 1. Nr. 12 bis 14 der Urteilsgründe kann nicht beurteilt werden, ob sich die Angeklagte des vollendeten Betrugs (bzw. Computerbetrugs) zum Nachteil der Geschädigten schuldig gemacht hat.
9Nach den Feststellungen wurde in diesen Fällen der vom Konto der Geschädigten zunächst abgebuchte Betrag „durch die Bank“ auf das Konto der Geschädigten zurückgebucht, bevor eine Gutschrift auf dem Konto der Angeklagten erfolgen konnte (UA S. 12). Der „Buchungsvorgang“ wurde jeweils vor Gutschrift auf dem Konto der Angeklagten „abgebrochen“ und sodann die abgebuchten Beträge zurückgebucht.
10Nicht belegt ist damit eine bereits erfolgte Vermögensverfügung und eine darauf beruhende schadensgleiche Vermögensgefährdung, denn es bleibt offen, ob mit der „Abbuchung“ der Geldbeträge bereits die Anweisung ausgeführt wurde und diese zu einer dem Schaden gleich kommenden Vermögensgefährdung der Geschädigten geführt hat oder aber ob es dazu noch weiterer Handlungen der Bank bedurft hätte. Zwar hat die Strafkammer festgestellt, dass die Bank den Überweisungsauftrag zunächst „ausgeführt“ und die Beträge vom Konto der Geschädigten abgebucht hatte. Unklar bleibt aber, warum die Rückbuchung erfolgte. Denkbar ist insoweit, dass die Bank zwar das Konto der Geschädigten belastet, vor Auszahlung auf das Empfängerkonto aber ihren Irrtum bemerkt und die Beträge deshalb dem Konto der Geschädigten wieder gutgeschrieben hatte. In diesem Fall aber läge nur ein versuchter Betrug vor. Denkbar ist aber auch, dass die Bank bereits die Auszahlung auf das Konto der Angeklagten veranlasst hatte, deren Bank aber den Betrag - möglicherweise wegen des angegebenen, mit der Angeklagten als Kontoinhaberin nicht identischen Zahlungsempfängers - wieder an die Bank der Geschädigten zurücküberwiesen hatte.
11b) In den Fällen A.II. 1. Nr. 13, 14, 22 und 23 der Urteilsgründe ermöglichen die Feststellungen nicht die Beurteilung, ob das Landgericht die Angeklagte insoweit rechtsfehlerfrei wegen vier selbständiger Taten verurteilt hat.
12Zu Recht ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass das Herstellen einer falschen Urkunde und ihr Gebrauchmachen jeweils nur eine Tat im Rechtssinne bildet. Dabei gebraucht der Täter die gefälschte Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB, wenn er sie in einer Weise vorlegt oder übergibt, dass der zu Täuschende in die Lage versetzt wird, von der Urkunde Kenntnis zu nehmen. Dies ist bei gefälschten Überweisungsträgern dann der Fall, wenn sie von dem Täter bei der Bank eingereicht werden (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 342/05, NStZ 2006, 100).
13Vorliegend fehlen jedoch nähere Feststellungen zu den Umständen, insbesondere zu Zeit und Ort der Einreichung der gefälschten Überweisungsträger bei der Bank der Geschädigten. Darauf kommt es aber an. Denn wenn und soweit die Angeklagte mehrere der gefälschten Überweisungsträger in einem einzigen Akt vorlegte, etwa indem sie die Überweisungsträger „gebündelt“ weiterreichte, liegt nur eine Handlung im natürlichen Sinne und deshalb auch nur rechtlich eine Tat des Gebrauchmachens im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB vor (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 342/05, NStZ 2006, 100; , wistra 2008, 182). Hiervon ausgehend besteht Grund für die Annahme, dass die Angeklagte jedenfalls die unter dem gleichen Datum ausgestellten Überweisungsträger in den Fällen A.II. 1. Nr. 13 und 14 () und Nr. 22 und 23 () zeitgleich bei der Bank der Geschädigten vorgelegt hat und ihr deshalb nur jeweils eine Tat zur Last fällt.
II.
14Der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat zur Prognose im Sinne von § 64 StGB ausgeführt, die Behandlung sei "nicht von vornherein aussichtslos", auch der Sachverständige habe darauf hingewiesen, dass sich aus den mehrere Jahren zurückliegenden erfolglosen Therapieversuchen "allein keine Erfolgslosigkeitsprognose ableiten lasse“.
15Das ist rechtsfehlerhaft. Nach § 64 Satz 2 StGB bedarf es einer "hinreichend konkreten Erfolgsaussicht"; dies ist mit dem Fehlen von "Aussichtslosigkeit" ersichtlich nicht gleichbedeutend (vgl. ). Vorliegend lässt sich auch aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen, dass das Landgericht inhaltlich den richtigen Prognosemaßstab angewendet hat. Insofern hat die Strafkammer lediglich ausgeführt, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die Erfolgsaussichten von Suchttherapien mit fortschreitendem Alter zunähmen, was auch der Erfahrung der Kammer entspreche, denn langjährige Drogenkonsumenten sähen in einer Therapie oftmals die letzte Chance, um ihre Drogensucht in den Griff zu bekommen.
16Über die Maßregelanordnung ist daher neu zu entscheiden.
Krehl Eschelbach Ott
Zeng Bartel
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:111115B2STR299.15.0
Fundstelle(n):
wistra 2016 S. 151 Nr. 4
WAAAF-48373