BVerwG Beschluss v. - 2 B 83/14

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Az: 2 LB 18/13 Urteilvorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Az: 11 A 51/13

Gründe

1Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

21. Die 1963 geborene Klägerin stand als Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Mit Ablauf des wurde sie wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom erkannte der Beklagte unter anderem die Zeit des Studiums der Klägerin einschließlich Prüfungszeit im Umfang von 1005 Tagen als ruhegehaltfähige Dienstzeit an. Die Klägerin vertrat in ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch die Auffassung, ihre Hochschulausbildung sei im Umfang von 1035 Tagen als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Der Widerspruch sowie das sich anschließende Klage- und Berufungsverfahren blieben ohne Erfolg.

3Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

4Bereits aus dem Wortlaut des § 87 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein vom (- SHBeamtVG -, GVOBl. 2012, 153, 219) ergebe sich, dass der Versorgungsfall bei der Klägerin nicht vor dem , sondern erst mit Beginn dieses Tages eingetreten sei. Denn der Versorgungsfall trete erst mit Beginn des Zeitraums ein, für den der Betroffene Versorgungsbezüge erhalte. Der Klägerin stünden Versorgungsbezüge aber erst für den Zeitraum ab dem zu. Der Ruhestand, in dessen Rahmen Versorgungsbezüge zu zahlen seien, schließe sich stets an die aktive Dienstzeit an, während derer Besoldung gezahlt werde. Ein Nebeneinander der beiden Phasen sei ausgeschlossen. Die aktive Dienstzeit der Klägerin habe am , 24:00 Uhr, geendet. Damit sei der Versorgungsfall erst am , 0:00 Uhr, und damit nicht im Sinne von § 87 Nr. 3 SHBeamtVG vor diesem Datum eingetreten.

52. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

6Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

7Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,

ob der Versorgungsfall von Beamten im Sinne versorgungsrechtlicher Vorschriften mit dem Datum eintritt, mit dem die Versetzung in den Ruhestand erfolgt,

kommt eine solche grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Sie lässt sich mithilfe der allgemeinen Auslegungsregeln sowie unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es hierzu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf.

8Nach ständiger Rechtsprechung des Senats beginnt der Ruhestand an dem Tag, der auf das Datum folgt, mit welchem der Beamte in den Ruhestand versetzt worden ist. Erfolgt die Versetzung in den Ruhestand mit dem Ende des Monats oder mit Ablauf des Monatsletzten - so gebräuchliche Formulierungen -, so beginnt der Ruhestand am ersten Tag des folgenden Monats ( 2 C 47.07 - Buchholz 239.1 § 66 BeamtVG Nr. 2 Rn. 12 und vom - 2 C 29.08 - Buchholz 239.1 § 14a BeamtVG Nr. 5 Rn. 9; Beschluss vom - 2 C 34.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 116 Rn. 17; vgl. auch - BVerfGE 131, 20 <36>).

9Auch nach Auffassung der Klägerin tritt der Versorgungsfall zeitgleich mit dem Beginn des Ruhestands ein. Das folgt schon aus dem Begriff des Versorgungsfalls sowie aus dem systematischen Zusammenhang der maßgeblichen versorgungsrechtlichen Vorschriften. Ein Versorgungsfall kann erst dann eintreten, wenn dem Beamten Versorgungsbezüge zu gewähren sind. Vor dem Entstehen des Anspruchs auf Versorgungsbezüge kann noch kein Versorgungsfall eingetreten sein. Zu den Versorgungsbezügen gehört gemäß § 2 Nr. 1 BeamtVG (entspricht § 2 Nr. 1 SHBeamtVG) unter anderem das Ruhegehalt. Der Anspruch auf das Ruhegehalt entsteht gemäß § 4 Abs. 2 BeamtVG (entspricht § 4 Abs. 2 SHBeamtVG) aber regelmäßig erst mit dem Beginn des Ruhestands.

10In einer älteren Entscheidung, welche zu dem Inkrafttreten des Deutschen Beamtengesetzes vom (- DBG - RGBl. I S. 39) am und dem Tatbestandsmerkmal des Eintritts in den Ruhestand "mit Ende des Monats Juni 1937" im Sinne von § 21 Abs. 2 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom (- LBesG NW - GVBl. S. 162) ergangen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, der Versorgungsfall trete regelmäßig mit dem Ende des Monats und vor dem Ersten des folgenden Monats ein ( 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>). Dieser Entscheidung, auf die sich auch die Klägerin beruft, ist mit der jüngeren, oben zitierten Rechtsprechung des Senats die Grundlage entzogen. In dieser Entscheidung (a.a.O. S. 47 f.) wird dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht die ihm gebührende Bedeutung beigemessen. Der in ihr vertretene Ansatz ist auch deswegen nicht tragfähig, weil er eine logische Sekunde zwischen den Monaten fingiert; das Ereignis des Eintritts des Versorgungsfalls ist gleichwohl einem bestimmten Tag, dem Monatsletzten oder dem Monatsersten zuzuordnen. Diese Zuordnung kann aus den geschilderten Gründen nur zum Monatsersten erfolgen.

113. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz liegt ebenfalls nicht vor.

12Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Divergenzrevision dient dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. Bezugspunkt ist daher nicht allein der Wortlaut einer Bestimmung. "Abweichungen" beziehen sich vielmehr nur auf die Rechtsprechung zu demselben Gesetz ( 2 B 148.11 - juris Rn. 4).

13Eine Divergenz zu der von der Klägerin angeführten Entscheidung ( 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>) liegt schon deswegen nicht vor, weil diese eine andere Norm betraf. Jene Entscheidung erging zu den Vorschriften des § 21 Abs. 2 LBesG NW sowie § 184 DBG. Das Beschwerdeverfahren betrifft hingegen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes Schleswig-Holstein.

14Eine Divergenz ist auch deswegen ausgeschlossen, weil eine Abweichung von einer Rechtsprechung, an der das Bundesverwaltungsgericht in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält, nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigt (BVerwG, Beschlüsse vom - 1 B 208. 93 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 1 S. 1 und vom - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 15). Wie bereits oben (2.) aufgezeigt, hält das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung nicht mehr an der im Urteil vom vertretenen Auffassung fest.

15Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2015:071215B2B83.14.0

Fundstelle(n):
YAAAF-46534