Richterablehnung: Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für einen Befangenheitsantrag
Leitsatz
Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Befangenheitsgesuch entfällt grundsätzlich, wenn der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein anderer Richter mit der Sache befasst wird.
Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 10 W 21/14vorgehend AG Emden Az: 11a Lw 12/11
Gründe
I.
1Die Parteien schlossen am einen Pachtvertrag über einen landwirtschaftlichen Betrieb. Nachdem der Beklagte keine Pachtzinsen zahlte, focht der Kläger den Pachtvertrag wegen arglistiger Täuschung an und reichte Zahlungsklage bei dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Emden in Niedersachsen ein. Ferner stellte er Strafantrag. Daraufhin leitete der damalige Staatsanwalt H. ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs ein und führte die Ermittlungen. Das Amtsgericht Emden verurteilte den Beklagten am zu einer Geldstrafe. Das Urteil ist rechtskräftig.
2Seit dem Sommer 2014 war der frühere Staatsanwalt H. zuständig für Landwirtschaftssachen bei dem Amtsgericht Emden und damit auch für die Zahlungsklage. Der Beklagte lehnte ihn als befangen ab. Diesen Antrag hat ein anderer Richter am Amtsgericht Emden zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Beklagten unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zum wurde der Richter H. an das Amtsgericht Brilon in Nordrhein-Westfalen abgeordnet. Mit der am eingelegten Rechtsbeschwerde will der Beklagte weiterhin erreichen, dass dem Befangenheitsgesuch stattgegeben wird.
II.
3Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
41. Mit der nach Erlass der angefochtenen Entscheidung erfolgten Abordnung des Richters H. zum an das Amtsgericht Brilon ist das Rechtsschutzbedürfnis für das Befangenheitsgesuch und damit auch für ein darauf bezogenes Rechtsmittelverfahren entfallen.
5a) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Ablehnung eines Richters besteht nicht, wenn dieser mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befasst werden kann (vgl. , WM 2003, 847 f.; Beschluss vom - AnwZ (B) 12/10, juris Rn. 8). Nach einhelliger Auffassung entfällt es daher, wenn der als befangen abgelehnte Richter aufgrund eines Wechsels der Geschäftsverteilung nicht mehr für die Sache zuständig ist (, NJW 2011, 1358 Rn. 10; BayObLGR 2002, 101; OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 1260; FamRZ 2007, 55; OLG Celle, OLGR 2008, 216; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 46 Rn. 18; Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rn. 3).
6b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich auch dann, wenn der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein anderer Richter mit der Sache befasst wird (so zu Recht Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rn. 3). Eine Ausnahme käme nur dann in Betracht, wenn es tragfähige Anhaltspunkte dafür gäbe, dass nach einem absehbaren Ende der Abordnung die ursprüngliche Geschäftsverteilung wiederhergestellt und der als befangen abgelehnte Richter erneut für die Sache zuständig werden wird. Solche Anhaltspunkte zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich, weil eine Abordnung - wie hier - in den Geschäftsbereich eines anderen Bundeslands in der Regel im Vorfeld einer Versetzung erfolgt.
72. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Kosten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es bereits bei seiner Einlegung am unzulässig war und die Kostenentscheidung gemäß § 99 Abs. 1 ZPO nicht isoliert anfechtbar ist.
III.
8Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem des Hauptsacheverfahrens (vgl. , NJW 1968, 796; Senat, Beschluss vom - V ZB 194/05, juris Rn. 33, insoweit in NJW 2006, 2492 nicht abgedruckt).
Stresemann Czub Brückner
Fundstelle(n):
HFR 2016 S. 497 Nr. 5
NJW 2016 S. 8 Nr. 4
NJW-RR 2016 S. 127 Nr. 2
RAAAF-32444