Instanzenzug: S 15 SO 1341/13
Gründe:
I
1Im Streit ist die Übernahme von Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts des Klägers mit seiner Tochter im Zeitraum Juli 2005 bis Mai 2007 nach § 73 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
2Der Kläger bezog ab Januar 2005 nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) Leistungen von der Funktionsvorgängerin der Beigeladenen. Ab Juli 2005 gewährte diese dem Kläger darlehensweise auch Fahrt- und Übernachtungskosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seiner mehr als 500 km entfernt wohnenden, 1998 geborenen Tochter. Den Antrag auf Übernahme laufender und der seit 2005 angefallenen Kosten (als Zuschuss) bei dem Beklagten lehnte dieser ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Während die Klage beim Sozialgericht Nordhausen (SG) ohne Erfolg geblieben war (Urteil vom ), hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG abgeändert und unter Klageabweisung im Übrigen den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Antrag des Klägers auf Erstattung der Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seiner Tochter unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom ).
3Mit seiner Beschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und formuliert folgende Rechtsfrage:
"Ist eine gerichtlich getroffene familienrechtliche Regelung über den Umfang des Umgangsrechts mit dem minderjährigen leiblichen Kind im Hinblick auf die Anzahl der festgelegten Umgangstermine verbindlich für die Bemessung des Umfangs der zur Ausübung des Umgangsrechts nach § 73 SGB XII zu gewährenden Leistungen?"
4Die Rechtsfrage sei durch den ) nicht abschließend geklärt oder jedenfalls schon infolge der Änderung des gesellschaftlichen Verständnisses wieder klärungsbedürftig. Dem verfassungsrechtlich verbürgten Umgangsrecht von Vätern müsse auch bei größeren Entfernungen Rechnung getragen werden. Die bezeichnete Frage stelle sich auch im Rahmen des erst 2010 als Härtefallregelung eingeführten § 21 Abs 6 SGB II. Zudem liege eine Divergenz der Entscheidung des LSG zu der des BVerfG vor, das den Grundsatz aufgestellt habe, dass eine Betrachtung in jedem Einzelfall vorzunehmen sei. Demgegenüber habe das LSG pauschal und typisierend auf die Sozialüblichkeit der Häufigkeit des Umgangsrechts, verglichen mit einem im Erwerbsleben Stehenden, abgestellt. Dadurch sei die vom Beklagten zu treffende Ermessensentscheidung präjudiziert worden, weil das LSG ausgehend hiervon zwei Besuche monatlich angesichts der Entfernung für unüblich angesehen habe. Für eine Einzelfallbetrachtung habe sich auch das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom (B 4 AS 4/14 R) ausgesprochen.
5Für das Beschwerdeverfahren beantragt er zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung von Rechtsanwältin W..
II
6Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
7Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
8Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht; bereits die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht hinreichend dargetan. Die Klärungsbedürftigkeit ist ua zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65) oder sonst außer Zweifel steht (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 313 f). Falls zu der Rechtsfrage schon Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts oder des BVerfG vorliegt, kommt es darauf an, ob sie erneut klärungsbedürftig geworden ist, weil etwa im neueren Schrifttum bislang noch nicht berücksichtigte Argumente angeführt oder sonst erhebliche Einwände vorgebracht werden (vgl: BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38 und Nr 23 S 42; SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f). Insoweit ist eine substanzielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen Entscheidungen erforderlich (vgl ). Daran fehlt es hier, weil sich der Kläger mit den Entscheidungen des BSG, die zu den Kosten des Umgangsrechts ergangen sind, nicht inhaltlich auseinandergesetzt hat. Vielmehr stellt er allein auf eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1994 ab, die in den vom BSG getroffenen Entscheidungen gerade berücksichtigt worden ist.
9Darüber hinaus fehlt es an der Darlegung, warum die aufgeworfene Frage trotz des Inkrafttretens des § 21 Abs 6 SGB II mWv , der ua die Übernahme der Kosten des Umgangsrechts sorgeberechtigter Eltern erfasst, weiterhin grundsätzlich klärungsbedürftig sein soll. Im Falle eines "auslaufenden Rechts" - wovon infolge der Einfügung des § 21 Abs 6 SGB II anstelle des Weges über § 73 SGB XII insoweit auszugehen ist - ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen (namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht) fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 19; ). Die bloße Behauptung - wie vorliegend -, die aufgeworfene Frage habe auch im Rahmen des § 21 Abs 6 SGB II Bedeutung, genügt diesen Anforderungen ohne nähere Auseinandersetzung mit dieser Norm im Vergleich zu § 73 SGB XII jedoch nicht.
10Soweit der Kläger eine Divergenz zu der Entscheidung des behauptet, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine Divergenz läge nur dann vor, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG aufgestellt hätte; eine Abweichung wäre erst dann zu bejahen, wenn das LSG diesen Kriterien - wenn auch unter Umständen unbewusst - widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hätte (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Der Kläger hat aber schon keine sich widersprechenden, abstrakten Rechtssätze des LSG und des BVerfG gegenübergestellt, sondern nur Ausführungen dazu gemacht, dass das LSG den "verfassungsrechtlichen Anforderungen", die das BVerfG in der genannten Entscheidung formuliert habe, in seiner Entscheidung nicht Rechnung getragen habe ("verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt"). Damit macht er aber durch seinen eigenen Vortrag deutlich, dass er letztlich nur die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG rügt. Derartiger Vortrag genügt aber weder im Hinblick auf das Darlegungserfordernis der grundsätzlichen Bedeutung noch der Divergenz. Für die behauptete Divergenz zu einer Entscheidung des ) gilt nichts anderes.
11Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG, § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung [ZPO]), ist dem Kläger auch keine PKH zu bewilligen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO).
12Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
FAAAF-18325