BGH Beschluss v. - V ZR 292/14

Beiordnung eines Notanwalts: Mandatsniederlegung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt wegen Vorgaben der Partei für die Rechtsmittelbegründung

Gesetze: § 78b ZPO

Instanzenzug: LG Dresden Az: 2 S 340/13vorgehend Az: 150 C 277/13nachgehend Az: V ZR 292/14 Beschluss

Gründe

I.

1Die Klägerin hat durch zwei beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte fristgerecht Revision gegen ein in der Berufungsinstanz ergangenes, sie beschwerendes zweites Versäumnisurteil eingelegt. Beide Rechtsanwälte haben das Mandat niedergelegt.

2Die Klägerin hat innerhalb der bis zum verlängerten Begründungsfrist, in der eine Revisionsbegründung nicht eingegangen ist, unter Vorlage von 31 Absagen von bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälten beantragt, ihr einen Notanwalt zur weiteren Durchführung des Revisionsverfahrens beizuordnen.

3Dem Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht zu entsprechen.

41. Nach § 78b ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (Senat, Beschluss vom - V ZR 253/13, juris Rn. 1; , WM 2014, 425 Rn. 9 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann deshalb keine Beiordnung eines Notanwalts verlangt werden, wenn der bei ihm zugelassene und an sich zur Vertretung bereite Rechtsanwalt nicht willens war, eine Revisionsbegründung nach den Vorstellungen oder Vorgaben der Partei zu fertigen. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senat, Beschluss vom - V ZR 136/13, AnwBl. 2013, 826; Beschluss vom - V ZR 253/13, juris Rn. 2; , NJW 2013, 1011 Rn. 4; Beschluss vom - III ZR 81/14, juris Rn. 2; Beschluss vom - VII ZR 82/14, juris Rn. 3; Beschluss vom - IX ZR 116/14, juris Rn. 2).

52. Ob an dieser Rechtsprechung (kritisch dazu Baumert, MDR 2014, 1181 ff.; Vollkommer, MDR 2014, 569 f.; Stempfle, AnwBl. 2014, 301 ff.; vgl. aber auch Nassall, AnwBl. 2014, 498 f.) ohne jede Einschränkung festzuhalten ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls in den Fällen, in denen eine Partei auf der Aufnahme von Ausführungen in die Rechtsmittelbegründungsschrift besteht, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts offenkundig ohne Bedeutung sind, ist eine dadurch verursachte Mandatsbeendigung durch die Partei zu vertreten. In diesen Fällen verbietet sich die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts. Dieser könnte sogleich seine Entpflichtung aus wichtigem Grund (§ 48 Abs. 2 BRAO) verlangen, weil ihm die Aufnahme von evident unerheblichen Ausführungen in seinen Begründungsschriftsatz nicht zuzumuten ist. Um einen solchen Fall handelt es sich hier.

6a) Die Revision gegen ein zweites Versäumnisurteil ist nach § 565 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 514 Abs. 2 ZPO ohne eine Zulassung und losgelöst von der Höhe der Beschwer (, NJW-RR 2008, 876 Rn. 3) statthaft. Sie soll der Kontrolle dienen, ob das Berufungsgericht den Rechtsschutz einer Partei in unzulässiger Weise verkürzt hat, weil es ihren Einspruch gegen ein erstes Versäumnisurteil zu Unrecht verworfen hat. Von dem Revisionsgericht ist daher nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verwerfung des Einspruchs vorlagen. Fehlt es daran, ist das zweite Versäumnisurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit ist dem gesetzgeberischen Ziel der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den von einem zweiten Versäumnisurteil Betroffenen Rechnung getragen. Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich inhaltlich mit der Sache zu befassen.

7b) Gerade auf einer solchen, dem Revisionsgericht hier verschlossenen Prüfung der Sache besteht die Klägerin, obwohl sie durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt über die fehlende Erheblichkeit dieses Vorbringens aufgeklärt wurde, wie aus dem Parallelverfahren (V ZR 81/15) vor dem Senat hervorgeht. Gleichwohl hat sie auch gegenüber den hier zunächst mandatierten und den weiteren, von ihr um die Mandatsübernahme ersuchten Rechtsanwälten darauf beanstanden, dass Ausführungen zum „Durchentscheiden“ in der Sache in die Revisionsbegründung aufgenommen werden. Daher hat die Klägerin die Mandatsbeendigung und die fehlende Bereitschaft anderer beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwälte zur Mandatsübernahme zu vertreten.

III.

8Die Revision wird als unzulässig verworfen, weil sie entgegen § 551 Abs. 1, § 551 Abs. 2 Satz 6 ZPO nicht innerhalb der bis zum verlängerten Begründungsfrist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist.

9Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49a GKG.

Stresemann                          Schmidt-Räntsch                          Weinland

                        Kazele                                        Göbel

Fundstelle(n):
RAAAF-08640