Instanzenzug: S 21 KR 533/10
Gründe:
I
1Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem allein noch streitigen Begehren bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben, ihr 9832,58 Euro Kosten für die im Unterkiefer eingebrachten Zahnimplantate abzüglich des anerkannten Festzuschusses zu erstatten. Das LSG hat - unter teilweiser Bezugnahme auf den Gerichtsbescheid des SG - ua ausgeführt, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V lägen nicht vor, weil der Klägerin kein Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit Zahnimplantaten zustehe. Sie habe die Implantate nicht für eine Ausnahmeindikation im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung im Sinne von § 28 Abs 2 S 9 SGB V erhalten. Die erfolgte Augmentation des Unterkiefers sei schon für sich genommen medizinisch notwendig und auch ohne nachfolgende implantologische Versorgung sinnvoll gewesen, um die durch die Atrophie verursachte neurologische Symptomatik zu behandeln (Urteil vom ).
2Mit ihrer dagegen eingelegten Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionsgründe des Verfahrensfehlers und der grundsätzlichen Bedeutung.
41. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
5Die Klägerin rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht hinreichend dar. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen (vgl zB - RdNr 5 mwN; - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein - wie hier - anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu - Juris RdNr 5; - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Ein Beweisantrag muss unzweifelhaft erkennen lassen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen für erforderlich gehalten wird. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen geführt werden, dass der Kläger die gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion. Eine solche Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten, die in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind, und ihrem Inhalt nach lediglich als Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluss von Amts wegen durchgeführter Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21).
6Die Klägerin legt nicht dar, dass sie einen förmlichen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellt oder aufrechterhalten hat.
72. Die Klägerin legt auch die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Daran fehlt es.
8Die Klägerin formuliert die Frage,
"ob die medizinisch notwendige Augmentation und die daran anknüpfende Implantatversorgung eine Behandlungseinheit und damit eine Gesamtleistung darstellen".
9Der erkennende Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert. Die Klägerin setzt sich schon nicht damit auseinander, dass die hier nach ihrem Sinngehalt gestellte Frage nach den Therapiemöglichkeiten für ein einzelnes Leiden - hier die Behandlung der Schmerzsymptomatik infolge nahezu frei liegender Nervenbahnen im Unterkiefer durch Augmentation und Implantateinbringung - und dem darauf bezogenen krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsanspruch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher" Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9; - Juris RdNr 6 mwN und hierzu BVerfG Beschluss 1. Senat 3. Kammer vom - 1 BvR 1864/07).
10Die Klägerin zeigt auch nicht die Entscheidungserheblichkeit auf. Nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (vgl 1.) war die Augmentation auch ohne Zahnimplantate eine hinreichende Behandlung der Schmerzsymptomatik.
11Im Ergebnis nichts anderes ergibt sich, wenn die von der Klägerin aufgeworfene Frage (auch) auf die Klärung der Rechtsfrage gerichtet sein sollte, ob ein Anspruch auf die Wiederherstellung der Kaufunktion mittels Implantaten schon dann besteht, wenn zugleich aufgrund einer anderen medizinischen Indikation eine Augmentation zu erfolgen hat, die zugleich für die Einbringung der Implantate notwendige medizinische Voraussetzung ist. Die Klägerin legt nicht hinreichend dar, wieso die so verstandene Frage in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig sein soll. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB - SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zB - Juris RdNr 7 mwN). Die Klägerin setzt sich nicht einmal ansatzweise mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats auseinander (vgl BSGE 88, 166 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5; - Juris = USK 2004-103; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 6; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 7).
123. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
134. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
WAAAF-07529