Instanzenzug: S 2 KR 411/11
Gründe:
I
1Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Anspruch auf Erstattung von 9450 Euro Kosten für eine kombinierte Liposuktions- und Varizenoperation an beiden Beinen, ausgeführt von den privatärztlich tätigen Dres. v. L. und N. in einer nicht zur Behandlung Versicherter zugelassenen Einrichtung (I. -Klinik), bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V, weil eine unaufschiebbare Leistung ohnehin nicht vorgelegen habe und die ablehnende Entscheidung der Beklagten () nicht kausal für die Kostenbelastung gewesen sei. Die Klägerin habe sich schon davor operieren lassen. Der Kostenerstattungsanspruch scheitere zudem daran, dass die Klägerin für die durchgeführte vollstationäre Behandlung sich in ein zugelassenes Krankenhaus hätte begeben müssen, weil der Sachleistungsanspruch nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V nur hierauf gerichtet sei und der Kostenerstattungsanspruch nicht darüber hinausgehe. Im Übrigen scheitere ein Anspruch auf vollstationäre Behandlung auch daran, dass vorrangig ambulante Heilmittel zur Verfügung gestanden hätten (Beschluss vom ).
2Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Beschluss.
II
3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers.
41. Die Klägerin bezeichnet mit ihrem Vorbringen keinen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensmangel. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist eine Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend macht, muss die Umstände bezeichnen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG und hierzu zB - Juris RdNr 4 mwN).
5a) Die Klägerin legt einen Verstoß des LSG gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren (vgl § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) schon nicht schlüssig dar.
6Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSGE 69, 280, 284 = SozR 3-4100 § 128a Nr 5 S 35 f; - RdNr 6; vgl auch BVerfGE 77, 275, 281; 79, 80, 83; 82, 236, 256 f). Ein Urteil darf nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt (BVerfG [Kammer] NJW 2003, 2524; - Juris RdNr 7 mwN; - Juris RdNr 8). Der Grundsatz soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Auffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Die Entscheidungserheblichkeit setzt auch bei der Darlegung einer Überraschungsentscheidung Ausführungen des Beschwerdeführers dazu voraus, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf diesem (angeblichen) Mangel beruhen kann (vgl dazu allgemein BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 mwN). Werden von einem Gericht mehrere selbstständige Begründungen gegeben, die den Urteilsausspruch schon jeweils für sich genommen tragen, muss in der Beschwerde für jede der Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht werden (vgl - Juris RdNr 5 mwN).
7Die Klägerin trägt zwar vor, das LSG habe unzutreffend die Ablehnung des Kostenerstattungsanspruchs darauf gestützt, dass die Operation vor der Entscheidung der Beklagen (Bescheid vom ) erfolgt sei. Sie habe nicht damit rechnen müssen, dass das LSG fälschlich vom Datum der übersandten Rechnung () auf ein früheres Operationsdatum schließen werde, obwohl die Rechnung den als Datum der Operation ausgewiesen habe. Ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, sich hierzu zu äußern. Die Klägerin legt aber nicht dar, inwiefern die angefochtene Entscheidung des LSG auf diesem Verfahrensfehler beruht. Sie setzt sich nicht mit den zwei anderen selbstständigen Begründungen des LSG für die Ablehnung des Kostenerstattungsanspruchs auseinander und macht insoweit keine Revisionszulassungsgründe geltend.
8b) Soweit sie im Übrigen ausführt, ihr sei nicht bloß keine Gelegenheit gegeben worden, "sich zu den entscheidungserheblichen Umständen in der Urteilsbegründung auf S. 4 oben zu äußern" - das heißt zum Operationstermin -, sondern sie sei auch nicht "vor dem Beschluß vom gehört" worden, legt sie damit einen Verstoß des LSG gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, auch dann nicht schlüssig dar, sofern sie damit andere, ebenfalls einen Gehörsverstoß begründende Umstände als die bei 1. a) Genannten bezeichnen wollte. Insoweit fehlt es an jeglichem Vorbringen.
92. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
KAAAF-07520