Instanzenzug: S 10 R 165/08
Gründe:
1Mit Urteil vom 8.4.2015 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung höherer Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten verneint. Die Klägerin hat Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt D., K., beantragt und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil eingelegt. Sie rügt das Vorliegen eines Verfahrensmangels, weil das LSG der im vorbereitenden Schriftsatz vom 29.11.2011 formulierten Beweisanregung, ihre Tochter V. L. zu befragen, nicht gefolgt sei und stattdessen die Auffassung des Sozialgerichts (SG) bestätigt habe, dass eine eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 20.10.2010 nicht geeignet sei, eine weitere Beitragszeit zwischen dem 1.6.1981 und dem 31.12.1983 glaubhaft zu machen.
2Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.
3Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Die Rechtsverfolgung der Klägerin bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet worden. Daher scheidet auch die Beiordnung von Rechtsanwalt D. aus, § 121 ZPO.
4Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
5Soweit - wie hier - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren prozessordnungsgerechten Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung hätten drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl nur BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 35, 45 und § 160a Nr 24, 34). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 27.7.2015 nicht gerecht.
6Mit ihrer Anregung, ihre Tochter als Zeugin zu hören, weil diese 1981 bereits 26 Jahre alt und damit "aussagefähig" gewesen sei, dass sie, die Klägerin, durchgängig bis 1987 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, hat die Klägerin bereits keinen prozessordnungsgerechten Beweisantrag bezeichnet. Denn mit der Behauptung, die Tochter könne bezeugen, dass sie, die Klägerin, ab 1981 durchgehend bis 1987 in Beschäftigungsverhältnissen gestanden habe, bezeichnet sie kein Beweisthema im Hinblick auf die allein beweiserhebliche Tatsache des Bestehens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses beim Textilhandel "T." in L. in der Zeit vom 1.6.1981 bis zum 31.12.1983. Überdies behauptet sie nicht, die schriftliche Anregung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten zu haben. Nach dem Sinn des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG soll das Übergehen von Beweisanträgen die Revisionsinstanz aber nur eröffnen, wenn das LSG vor der Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Daher muss nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein bereits gestellter Beweisantrag grundsätzlich in der letzten mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufrechterhalten werden. Ist das nicht geschehen, kann ein vorher zB in einem Schriftsatz gestellter Beweisantrag grundsätzlich nicht im Rahmen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG berücksichtigt werden ( - RdNr 11; vgl auch BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; SozR 3-1500 § 124 Nr 3; SozR 3-1500 § 160 Nr 29; SozR 3-1500 § 160 Nr 31 sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 18a, 18c mwN).
7Auch mit der Behauptung, das LSG habe das erstinstanzliche Urteil bestätigt, das sich auf eine eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 20.10.2010 gestützt habe, ohne dass diese in den Akten des LSG auffindbar sei, bezeichnet die Klägerin keinen Verfahrensmangel des LSG. Abgesehen davon, dass die eidesstattliche Versicherung gemäß Bestätigung der Beklagten vom 8.12.2010 (Bl 62 SG-Akte) von dieser abgenommen wurde und sich deshalb in deren Verwaltungsakten befindet, die vom LSG ausweislich des angefochtenen Urteils beigezogen und ausgewertet worden sind, hat das LSG eigener Darlegung der Klägerin zufolge lediglich die Auffassung des SG gestützt, dass sich bei widersprüchlichen Angaben eines Versicherten wie hier der Klägerin (einerseits im Kontenklärungsverfahren 2007, andererseits in einer Erklärung aus dem Jahre 2010) eine Beitragslücke durch eine eidesstattliche Erklärung nicht schließen lasse.
8Dass die Klägerin die Entscheidung des LSG in der Sache für fehlerhaft hält, eröffnet die Revisionsinstanz nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
9Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
10Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
11Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
PAAAF-05035