BVerwG Beschluss v. - 9 BN 2/15

Zulässigkeit der Pferdesteuer

Leitsatz

1. Auf das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden für den persönlichen Lebensbedarf kann eine örtliche Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG) erhoben werden. Für den erforderlichen örtlichen Bezug kommt es nicht auf den Wohnort des Pferdehalters, sondern auf die Unterbringung des Pferdes in der steuererhebenden Gemeinde an.

2. Der Umstand allein, dass ein subventioniertes Verhalten besteuert wird, bedeutet noch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 29).

3. Eine Aufwandsteuer muss neben der Einnahmenerzielung nicht stets einen Lenkungszweck als Nebenzweck verfolgen.

Gesetze: Art 105 Abs 2a S 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 3 Abs 1 AO

Instanzenzug: Hessischer Verwaltungsgerichtshof Az: 5 C 2008/13.N Beschluss

Gründe

1Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

21. Die Sache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

4a) Die Fragen,

ob die Erhebung einer Steuer auf das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden als örtliche Aufwandsteuer am Maßstab des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG verfassungsrechtlich zulässig ist,

und

ob das von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG aufgestellte Erfordernis der "Örtlichkeit der Steuer" noch gewahrt ist, wenn der Steuertatbestand einer Aufwandsteuer an einen Vorgang anknüpft, der in wesentlichen Konstellationen einen gemeindegrenzüberschreitenden Charakter hat,

bedürfen keiner revisionsgerichtlichen Klärung. Denn die aufgeworfenen Fragen können auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der Regeln sachgerechter Interpretation sowie auf der Grundlage der bisher vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beantwortet werden.

5Eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG soll die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen. Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <347 f.>, vom - 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 [ECLI:DE:BVerfG:2005:rs20051011.1bvr123200] - BVerfGE 114, 316 <334> und vom - 1 BvR 1656/09 [ECLI:DE:BVerfG:2014:rs20140115.1bvr165609] - BVerfGE 135, 126 Rn. 45, jeweils zur Zweitwohnungsteuer; 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 13 zur Übernachtungsteuer und vom - 9 C 8.13 - BVerwGE 150, 225 Rn. 18 zur Hundesteuer). Örtlich ist eine Aufwandsteuer dann, wenn sie an örtliche Gegebenheiten, vor allem die Belegenheit einer Sache oder einen Vorgang im Gemeindegebiet, anknüpft und es wegen der Begrenztheit der unmittelbaren Wirkungen der Steuer auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle kommen kann (BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvL 11/61 - BVerfGE 16, 306 <327> und vom - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <349>; 9 B 41.12 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 13 Rn. 5). Schließlich darf die Steuer nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig sein (vgl. näher zum Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 22 ff.).

6Gemessen hieran handelt es sich bei der Steuer auf das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden (im Folgenden Pferdesteuer) ohne Weiteres um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG (vgl. nur 100 IV/77 - NVwZ 1983, 758 <759>; Merl, Der Gemeindehaushalt 1996, 164; König/Zimmermann, ZKF 2015, 103 f.; Finke/Kreuter, LKV 2015, 49 <51 ff.>; Rauscher/Rauber, KStZ 2011, 161 f.; Meier, KStZ 2010, 221; Birk, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2015, § 3 Rn. 242).

7Das Halten eines Pferdes geht - vergleichbar der Hundehaltung oder dem Innehaben einer Zweitwohnung - über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen zusätzlichen Vermögensaufwand. Dabei ergibt sich aus dem Umstand, dass mit dem Halten eines Pferdes erstmals eine olympische Sportart besteuert wird, entgegen der Auffassung der Beschwerde noch kein besonderer Klärungsbedarf. Einen zusätzlichen Vermögensaufwand erfordert auch das entgeltliche Benutzen von Pferden, etwa zum Erlernen des Reitens, zum Ausritt oder zur sportlichen Betätigung im Rahmen von Turnieren. In der Pferdesteuersatzung der Antragsgegnerin wird die hierfür vorgesehene Steuer indirekt beim Pferdehalter als Veranstalter erhoben; dieser kann die Steuer über die jeweilige Preisgestaltung auf seinen Kunden abwälzen. Auch die hiermit verbundenen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (stRspr, vgl. [ECLI:DE:BVerfG:2009:ls20090204.1bvl000805] - BVerfGE 123, 1 <22 f.>; 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 28; Beschlüsse vom - 9 B 80.11 - Buchholz 401.68 Vergnügungsteuer Nr. 54 Rn. 7 und vom - 9 B 20.14 - NVwZ 2015, 378 Rn. 14).

8Soweit in der Literatur vereinzelt der Charakter einer örtlichen Aufwandsteuer bezweifelt wird (Dietlein/Peters, LKV 2013, 1 ff.), ist dem nicht zu folgen. Zwar darf eine Aufwandsteuer nicht für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand), sondern der Einkommenserzielung dienen ( - BVerfGE 65, 325 <347>; 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 14). Das hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend berücksichtigt und auf § 6 der Satzung verwiesen, nach der nachweislich zum Haupterwerb im Rahmen der Berufsausübung eingesetzte Pferde von der Steuerpflicht ausgenommen sind. Zudem sieht die streitgegenständliche Satzung der Antragsgegnerin in § 1 ausdrücklich vor, dass nur die Einkommensverwendung "für den persönlichen Lebensbedarf" besteuert wird; § 2 Abs. 1 beschränkt den Steuergrund auf das Halten und Benutzen von Pferden "zur Freizeitgestaltung". Zwar ist nicht zu verkennen, dass die hierdurch erforderliche Unterscheidung von Aufwendungen für den persönlichen Lebensbedarf auf der einen und für berufliche bzw. gewerbliche Zwecke auf der anderen Seite zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann. Dies stellt aber die grundsätzliche Zulässigkeit als örtliche Aufwandsteuer nicht in Frage. Ähnliche Probleme haben sich auch nach Einführung der Zweitwohnungsteuer für Fälle der Mischnutzung von Ferienwohnungen ergeben. Insoweit ist inzwischen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass eine Zweitwohnungsteuer erhebende Gemeinde von Verfassungs wegen gehalten ist, solche Wohnungen von dieser örtlichen Aufwandsteuer auszunehmen, die als reine Geld- oder Vermögensanlage gehalten werden, während die Zweitwohnungsteuerpflicht im Grundsatz feststeht, wenn die Wohnung jedenfalls auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung genutzt wird ( 10 B 48.05 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungsteuer Nr. 22 S. 33 m.w.N.). Vergleichbare Differenzierungen sind bei der Handhabung der Hundesteuer (vgl. 10 C 1.07 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 12 Rn. 15 zu einem Polizeidiensthund) und der Übernachtungsteuer (vgl. 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 16 ff.) zu beachten.

9Der Verwaltungsgerichtshof hat als steuerauslösende Tatbestände auf das Halten und das entgeltliche Benutzen von Pferden durch natürliche Personen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin abgestellt und darin die Anknüpfung an eine örtliche Gegebenheit gesehen. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Denn, anders als die Beschwerde meint, kommt es für den Begriff der Örtlichkeit nicht darauf an, ob der Wohnsitz des Pferdehalters mit dem Ort der Pferdehaltung übereinstimmt. Entscheidend ist, dass das Halten und Benutzen von Pferden einen Vorgang im Gemeindegebiet darstellt. Darin liegt das die Aufwandsteuer als Gemeindesteuer begründende "örtliche Element" ( - BVerfGE 16, 306 <324>).

10Im Fall der Pferdesteuer entsteht der steuerbare Aufwand in derjenigen Gemeinde, in der das Pferd untergebracht bzw. entgeltlich benutzt wird, und zwar unabhängig davon, ob der Pferdehalter in derselben Gemeinde ansässig ist (ebenso 100 IV/77 - NVwZ 1983, 758 <759>; König/Zimmermann, ZKF 2015, 103 <104>; a.A. Finke/Kreuter, LKV 2015, 49 <56>). Die von der Beschwerde aufgezeigte Gefahr der Doppelbesteuerung desselben Pferdes durch mehrere Gemeinden besteht deshalb nicht. Das unmittelbare Zusammenfallen von Wohnsitz des Halters und Unterbringungsort des Pferdes ist nicht Voraussetzung des Örtlichkeitsbezugs, wie dies offenbar die Beschwerde mit Verweis auf den 9 B 41.12 - (Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 13) meint. Worin das "örtliche Element" der Aufwandsteuer zu sehen ist, hängt von der jeweiligen Eigenart der einzelnen Steuer ab, nämlich inwieweit sie auf die Belegenheit einer Sache oder einen Vorgang im Gemeindegebiet abstellt. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem genannten Beschluss die Aufnahme eines Hundes in einen zum Gemeindegebiet gehörenden Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb erwähnt (a.a.O. Rn. 6 f.), ist dies der konkreten Satzungsausgestaltung geschuldet, jedoch nicht zu einem zwingenden Kriterium der "Örtlichkeit" erhoben worden.

11Zu Recht geht der Verwaltungsgerichtshof auch davon aus, dass es für den Örtlichkeitsbezug nicht auf den jeweiligen tatsächlichen Aufenthaltsort des Pferdes ankommt, sondern darauf, ob der Steuertatbestand im Stadtgebiet verwirklicht ist. Deshalb ist es unerheblich, dass Pferde im Einzelfall, etwa zu Turnieren, vorübergehend aus dem Stadtgebiet verbracht werden.

12Auf das Argument, die Besteuerung der Pferdehaltung durch juristische Personen scheide aus, da es bei diesen eine persönliche "Lebensführung" nicht gebe, kommt es nicht an, weil die Steuer nach § 1 der Pferdesteuersatzung der Antragsgegnerin ausdrücklich nur auf das Halten und entgeltliche Benutzen "durch natürliche Personen im Stadtgebiet" erhoben wird. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, wer als Steuerpflichtiger die Steuer zu entrichten hat (vgl. § 2 der Pferdesteuersatzung).

13Was schließlich die Anforderung des Art. 105 Abs. 2a GG betrifft, wonach die Aufwandsteuer nicht mit einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig sein darf, sind Bedenken weder von der Beschwerde vorgetragen noch ersichtlich. Der Aufwand für das Halten eines Pferdes und für das entgeltliche Benutzen wird bundesrechtlich nicht besteuert.

14b) Die Frage,

ob ein Verstoß gegen den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung dann gegeben ist, wenn eine Aufwandsteuer durch ihre mittelbaren Wirkungen selektiv auf solche Bereiche zugreift, denen durch Maßnahmen des Bundes und der Länder eine explizite (finanzielle und sachliche) Förderung zuteilwird, bzw. wenn der Widerspruch einer kommunalen Steuernorm zu bundes- oder landesrechtlichen Handlungs- oder Regelungszielen nur aus einem Teil des Steuertatbestandes folgt,

bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung. Der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung erfasst insbesondere Fälle, in denen die Steuererhebung mit Lenkungszwecken verbunden ist. Greift die steuerliche Lenkung auf eine Sachmaterie über, dürfen die steuerrechtlichen Vorschriften den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen - und zwar sowohl der Gesamtkonzeption als auch den konkreten Einzelregelungen - nicht widersprechen (, 2 BvR 2004/95 [ECLI:DE:BVerfG:1998:rs19980507.2bvr199195] - BVerfGE 98, 106 <118 f.>; Beschluss vom - 2 BvL 2/99 [ECLI:DE:BVerfG:2006:rs20060621.2bvl000299] - BVerfGE 116, 164 <186>). In einem allgemeiner verstandenen Sinne verlangt der Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung die Beachtung der bundesstaatlichen Grenzen und bei der Ausübung der jeweiligen Gesetzgebungskompetenz wechselseitig bundesstaatliche Rücksichtnahme. Konzeptionelle Entscheidungen des zuständigen Bundesgesetzgebers dürfen durch Entscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden; insbesondere dürfen den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen (, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <118 f.>; 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 29).

15Da die Antragsgegnerin mit ihrer Pferdesteuersatzung nach Auffassung der Beschwerde keine Lenkungszwecke verfolgt, kann sie nicht darlegen, eine etwaige steuerliche Lenkung greife auf eine anderweitig geregelte Sachmaterie über. Der bloße Hinweis, durch die Steuererhebung werde die Pferdehaltung "insgesamt erheblich unattraktiver gemacht", legt noch keinen Widerspruch der Pferdesteuer zu den von der Beschwerde benannten Bundesgesetzen (Tierzuchtgesetz und Rennwett- und Lotteriegesetz) bzw. zu den damit verfolgten Zielen der Förderung der Pferdezucht und des Pferdesports dar. Der Umstand allein, dass ein subventioniertes Verhalten besteuert wird, bedeutet noch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 29 zur Besteuerung von Übernachtungen trotz der hierauf bestehenden Ermäßigung der Umsatzsteuer).

162. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

17Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO; stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 und vom - 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Daran fehlt es hier.

18a) Mit seiner Aussage, für den Erlass einer steuerbegründenden Norm sei es nicht erforderlich, dass mit ihr neben dem Zweck der Einnahmeerzielung weitere Zwecke verfolgt werden, vielmehr dienten viele Steuernormen allein dem Zweck, öffentliche Einnahmen zu beschaffen, weicht der Verwaltungsgerichtshof nicht von den in der Beschwerde im Einzelnen aufgeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts ab. Denn keine dieser Entscheidungen enthält den Rechtssatz, dass ein Steuergesetz neben der Einnahmenerzielung stets einen Lenkungszweck als Nebenzweck verfolgen muss. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Halbs. 1 AO. Danach sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dabei entspricht es im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Halbs. 2 AO gefestigter Rechtsprechung, dass eine Steuerregelung auch Lenkungswirkungen mitverfolgen darf ( - BVerfGE 84, 239 <274>; - BVerfGE 93, 121 <147>), mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. - BVerfGE 55, 274 <299> und vom - 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <118>), und dass sie hierfür keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretenden Sachkompetenz bedarf (vgl. nur 9 C 8.13 - BVerwGE 150, 225 Rn. 18 m.w.N.).

19Die in der Literatur vereinzelt vertretene Auffassung, auch örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern könnten nur als Lenkungssteuern legitimiert werden (Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 18 Rn. 123; noch grundlegendere Kritik an den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern übt Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl. 2003, etwa S. 1105 und S. 1127 f.), hat sich weder in der übrigen Literatur (vgl. etwa Wernsmann, in: DStJG 35 (2012) S. 95 <107>) noch in der Rechtsprechung durchgesetzt.

20Von der Frage der Pflicht zur gleichzeitigen Mitverfolgung eines Lenkungszwecks ist die weitere Frage zu trennen, ob der Steuergesetzgeber den Grundsatz der Steuergerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) eingehalten hat, an den er gebunden ist. Bei der Erschließung von Steuerquellen hat der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Entschließt er sich, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere Steuerquellen dagegen nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren. Dabei genügt es, wenn einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht (Willkürverbot) (stRspr, vgl. - BVerfGE 65, 325 <354> m.w.N.).

21Soweit in den von der Beschwerde herangezogenen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts davon die Rede ist, dass der einer Steuer begriffsnotwendig innewohnende fiskalische Zweck der Einnahmenerzielung als alleiniger Rechtfertigungsgrund gegenüber anderen Gewerben trotz des weiten Ermessens des Gesetzgebers bei der Erschließung der einen Steuerquelle und der Nichterschließung anderer Einnahmemöglichkeiten nicht ausreiche ( 7 C 28.77 u.a. - Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 19 S. 9 und vom - 8 C 36.93 - Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20 S. 9 f.; ähnlich bereits Urteil vom - 7 C 71.69 - BVerwGE 39, 311 <312 f.>), geht es allein um die letztgenannte Frage, nicht aber - wie die Beschwerde meint - um das vom Verwaltungsgerichtshof verneinte Erfordernis der Mitverfolgung besonderer Lenkungsziele. Im Übrigen betreffen die Urteile den Sonderfall der Schankerlaubnissteuer, bei der es sich nicht um eine örtliche Verbrauch- oder Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG, sondern um eine Verkehrsteuer handelt (stRspr, vgl. 8 C 36.93 - Buchholz 401.67 Schankerlaubnissteuer Nr. 20 S. 3); die Aussagen sind daher auch schon nicht zu derselben Rechtsvorschrift ergangen. Zwei weitere in der Beschwerdebegründung genannte Entscheidungen, von denen der Verwaltungsgerichtshof abgewichen sein soll (, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <125 f.> und Kammerbeschluss vom - 1 BvR 2384/08 [ECLI:DE:BVerfG:2009:rk20090903.1bvr238408] - NVwZ 2010, 313 <316>), stellen lediglich klar, dass der Steuergesetzgeber außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele verfolgen darf, aber nicht, dass er es muss. Schließlich betrifft die von der Beschwerde aus dem - (BVerfGE 135, 126 Rn. 77) zitierte Aussage, ungleiche Belastungen durch eine konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen könnten nicht schon allein mit dem Finanzbedarf gerechtfertigt werden, eine durch Stufenbildung (Degression) hervorgerufene Ungleichbehandlung bei der Steuerbemessung und steht daher nicht im Zusammenhang mit dem hier fraglichen Rechtssatz.

22Muss mit der Pferdesteuer entgegen der Auffassung der Beschwerde also kein rechtfertigender Lenkungs- oder Nebenzweck verfolgt werden, so kommt es auf die in der Beschwerdebegründung erörterte Frage, worin ein solcher Zweck bestehen könnte (vgl. hierzu Beschwerdebegründung S. 18 f.), nicht an.

23b) Der Verwaltungsgerichtshof hat den in § 5 der Pferdesteuersatzung der Antragsgegnerin festgelegten Steuersatz (200 € im Jahr pro Pferd) aus Pauschalierungs- und Typisierungsgründen für zulässig gehalten, weil für die Bemessung des konkreten Aufwands ein Wirklichkeitsmaßstab nicht zur Verfügung stehe. Damit weicht er nicht von den Beschlüssen des - (BVerfGE 123, 1) und vom - 1 BvR 3425/08 [ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110208.1bvr342508] - (juris) ab, wonach die Verwendung des Stückzahlmaßstabs für die Besteuerung von Gewinnspielautomaten unter den heutigen Gegebenheiten den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt, weil dieser Maßstab strukturell nicht (mehr) geeignet ist, den notwendigen Bezug zum Vergnügungsaufwand der Spieler zu gewährleisten. Diese Entscheidungen erklären nicht allgemein die Verwendung des Stückzahlmaßstabs für unzulässig. Sie sind vielmehr zu einer anderen Steuer (Vergnügungsteuer) ergangen und beziehen sich ausschließlich auf Gewinnspielautomaten. Diese sind aufgrund technischer Änderungen inzwischen mit manipulationssicheren Zählwerken ausgestattet, so dass ein pauschalierender Rückgriff auf den Stückzahlmaßstab nicht mehr erforderlich ist. Dies lässt sich mit der Besteuerung eines Tieres nicht vergleichen.

243. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2015:180815B9BN2.15.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 1791 Nr. 12
HFR 2016 S. 170 Nr. 2
PAAAF-04426