Instanzenzug: S 26 AS 19124/10
Gründe:
I
1Im Streit steht eine endgültige Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.7. bis sowie deren Erstattung in Höhe von 3074,22 Euro. Für den vorbenannten Zeitraum hatte der Beklagte im Mai 2009 vorläufig Alg II wegen ungewisser Einnahmen aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bewilligt. Aufgrund der Erhöhung des Regelsatzes änderte er diesen Bescheid zugunsten der Klägerin im Juni 2009. In den Monaten August, September und Oktober 2009 machte die Klägerin Mitteilungen zu ihren Einkünften für die Monate Juli, August und September 2009. Am teilte sie dem Beklagten mit, dass sie sich beim "Arbeitsamt abgemeldet" habe und eine selbstständige Tätigkeit mit einem wöchentlichen Umfang von 40 Stunden aufnehme. Zugleich übersandte sie Unterlagen zum Beleg ihrer Einkünfte für den Monat Oktober 2009. Nach telefonischer Nachfrage bei der Klägerin vermerkte der Beklagte am , die Klägerin melde sich aus dem Leistungsbezug ab. Zu diesem Zeitpunkt war die Auszahlung der Leistungen an die Klägerin auch für den Monat Dezember 2009 bereits veranlasst. Der Beklagte teilte der Klägerin zugleich mit, dass der Aufhebungsbescheid folge, wenn alle Erkenntnisse über ihre Einkünfte im Zeitraum vom 1.7. bis vorlägen. Nachdem die Klägerin sämtliche Unterlagen übersandt hatte, setzte der Beklagte die Leistungen endgültig fest, verneinte wegen der Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit die Hilfebedürftigkeit und begehrte Erstattung der erbrachten Leistungen. Im Widerspruchsverfahren war die Klägerin erfolglos. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, dass die Einkünfte der Monate November und Dezember 2009 bei der Bestimmung ihres Hilfebedarfs nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, denn sie habe für diese auf Leistungen verzichtet. Das SG hat der Klage insoweit stattgeben, als es nur den eingangs benannten - gegenüber der ursprünglichen Forderung des Beklagten reduzierten - Erstattungsbetrag für rechtmäßig befunden hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das LSG hat die Berufung der Klägerin hiergegen zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Betriebseinnahmen der Klägerin überstiegen - bereits auf Grundlage allein der Angaben der Klägerin - im Zeitraum vom 1.7. bis deren Ausgaben um mehr als 8000 Euro. Diese bereinigten Einnahmen seien nach § 3 Abs 4 Alg II-VO abweichend vom tatsächlichen Zufluss monatlich gleichmäßig aufzuteilen. Diese Regelung sei auch von der Verordnungsermächtigung des § 13 Nr 1 SGB II gedeckt und mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Vermeidung ggf ungedeckten Bedarfs werde - wie hier geschehen - durch eine vorläufige Leistungsbewilligung bewirkt. Den Verzicht müsse sich der Beklagte nicht entgegenhalten lassen, denn auf bereits erhaltene Leistungen könne nicht verzichtet werden. Leistungen für den Monat November 2009 seien bei Eingang des Verzichts bei dem Beklagten bereits ausgezahlt gewesen. Selbst unter Berücksichtigung eines Verzichts im Monat November 2009 und der Begrenzung des für die Einkommensberechnung zugrunde zu legenden Leistungszeitraums auf die Monate Juli bis November 2009 überstiegen die bereinigten Einnahmen der Klägerin ihren Hilfebedarf und sei die Erstattungsforderung rechtmäßig (Beschluss vom ).
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
4Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
5Die Klägerin hat zwar die Rechtsfrage formuliert: "Können, wenn ein Hilfebedürftiger, den Verzicht auf Sozialleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt erklärt hat, Einnahmen iS der Alg II-VO als Selbstständiger auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet werden, wenn diese nach dem Verzicht anfallen?". Ihr gelingt jedoch die Darlegung der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit und der Klärungsfähigkeit im konkreten Verfahren nicht.
6Im Hinblick auf die Klärungsbedürftigkeit mangelt es an einer Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. So hat der 4. Senat des BSG bereits befunden, dass der Rechtserfolg des Verzichts als einer einseitigen, gestaltenden empfangsbedürftigen Willenserklärung erst mit ihrem Zugang bei dem Empfänger der Erklärung eintrete. Der Zugang des Verzichts bewirke somit, dass lediglich die künftig fällig werdenden Einzelansprüche aus diesem Recht erlöschen. Erfasst werden können vom Verzicht mithin allein noch nicht erfüllte oder noch nicht auf andere Weise erloschene sowie zukünftige Einzelansprüche aus dem Recht. Auf bereits "abgewickelte" Leistungsansprüche kann sich der Verzicht nach § 46 SGB I nicht erstrecken ( - SozR 4-1200 § 46 Nr 1, juris RdNr 16). Danach kommt es für die Wirkung des Verzichts also auf zwei Zeitpunkte an; den des Zugangs der Erklärung beim Empfänger und den der "Abwicklung" oder hier der "Auszahlung" der Leistung. Insoweit mangelt es an Darlegungen der Klägerin dazu, warum gleichwohl - wie in ihrer Frage intendiert - allein der Zeitpunkt entscheidend sein soll, zu dem der Verzichtende den Verzicht auf Sozialleistungen bestimmt und damit, dass sich nicht zumindest ein Teil der formulierten Frage nicht durch diese Entscheidung beantworten lässt und weiterhin einer höchstrichterlichen Klärung bedarf.
7Ausgehend von dieser schon vom LSG in seiner Entscheidung zitierten Rechtsprechung hätte es dann näherer Darlegungen bedurft, dass die Rechtsfrage gleichwohl im konkreten Fall klärungsfähig bleibt. Denn das LSG hat festgestellt, auch wenn nur der Zeitraum von Juli bis November 2009 der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens zugrunde gelegt würde, das Einkommen der Klägerin ihren Hilfebedarf für diese Monate deutlich überstiegen habe. Aufgrund des von der Klägerin selbst behaupteten Verzichts für den Monat Dezember 2009 hätte für diesen dann ohnehin kein Anspruch auf die ausgezahlten Leistungen bestanden.
8Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
9Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
ZAAAF-04385