BGH Beschluss v. - 3 StR 289/15

Strafverfahren wegen Körperverletzung: Anspucken eines Menschen

Gesetze: § 223 Abs 1 Alt 1 StGB

Instanzenzug: LG Mainz Az: 3331 Js 41351/14 - 1 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung (Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie wegen Beleidigung in Tateinheit mit Körperverletzung (Fall II. 2. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die wirksam auf die Verurteilung in Fall II. 2. der Urteilsgründe beschränkte, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

21. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte am den Kriminalhauptkommissar S.   zunächst unter anderem mit den Worten "Arschloch" und "Wichser" titulierte und sodann zweimal in dessen Richtung spuckte, wobei der zweite Auswurf diesen im Gesicht traf. Dies erzeugte beim Beamten starke Ekelgefühle und Brechreiz, die bis in die Abendstunden anhielten. "Bei seinem Handeln wollte der Angeklagte den Zeugen [...] in dessen Ehre herabsetzen, ihn erniedrigen und nahm die bei diesem eingetretenen Ekelgefühle billigend in Kauf".

32. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Körperverletzung nicht. Sie belegen zwar den objektiven, nicht jedoch den subjektiven Tatbestand des § 223 Abs. 1 Alternative 1 StGB.

4Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (st. Rspr.; vgl. nur , BGHSt 25, 277). Seelische Beeinträchtigungen als solche genügen nicht; nötig sind vielmehr körperliche Auswirkungen (vgl. , NStZ-RR 2012, 340). Danach erfüllt vorliegend zwar nicht die bloße Erregung von Ekelgefühlen (aA RG, Urteil vom - 3 D 359/10, GA 58, 184, 185; dagegen schon OLG Zweibrücken, Beschluss vom - 1 Ss 238/89, NJW 1991, 240, 241), jedoch das Hervorrufen von Brechreiz das Tatbestandsmerkmal (vgl. zu durch Angst hervorgerufene Magenschmerzen , MDR 1975, 22; insgesamt S/S-Eser, StGB, 29. Aufl., § 223 Rn. 4).

5Einen auf die Verursachung von Brechreiz bezogenen Vorsatz des Angeklagten hat die Strafkammer indes nicht festgestellt, weshalb die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung keinen Bestand haben kann. Den entsprechenden Schuldspruch gemäß dem Vorschlag des Generalbundesanwalts entfallen zu lassen, kommt allerdings nicht in Betracht. Selbst wenn weitere Feststellungen zu einer zumindest billigenden Inkaufnahme nicht zu erwarten wären, stünde jedenfalls eine fahrlässige Körperverletzung im Raum (§ 229 StGB).

63. Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch die in Tateinheit zur Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte Beleidigung (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.

Becker                           Pfister                            Hubert

                  Mayer                          Spaniol

Fundstelle(n):
RAAAF-02506