Instanzenzug: S 7 VE 11/09
Gründe:
I
1Die 1960 geborene Klägerin begehrt Leistungen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen (AntiDHG). Seit Juli 2013 ist bei ihr ein Grad der Schädigung (GdS) von 30 anerkannt (zuvor 20). In der Hauptsache begehrt die Klägerin nach einer Infizierung mit dem Hepatitis-C-Virus noch für die Zeit vor Juli 2013 erfolglos Leistungen nach dem AntiDHG entsprechend einem Grad der Schädigung (GdS) von (mindestens) 30. Das SG hat nach internistischer Begutachtung zur Gewährung von Leistungen nach einem GdS von 30 für die Zeit ab Antragstellung im August 2008 verurteilt (Gerichtsbescheid vom ). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin weitere Untersuchungsberichte der Medizinischen Hochschule H. vom über eine ambulante Behandlung am vorgelegt und der Beklagte sich daraufhin bereit erklärt, Leistungen nach einem GdS von 30 für die Zeit ab Juli 2013 zu gewähren. Das LSG hat sodann die Klage für die Zeit vor Juli 2013 abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, nach einem histologischen Befund aus dem Jahr 2002 bestehe nur eine leichtgradige aktive Hepatitis mit leichtgradiger Fibrose, die mit einem GdS von 20 zu bewerten sei. Jedenfalls für die Zeit vor Juli 2013 ergebe sich auf der Basis der vom Sachverständigen durchgeführten Elastographie nur ein geringes bis mäßiges Fibrosestadium; selbst bei einer mäßiggradigen Fibrose sei ein höherer GdS als 20 nur vorgesehen, wenn zugleich mehr als geringgradige nekroinflammatorische Aktivitäten bestünden. Diese seien für die hier noch streitige Zeit anhand von Befunden aus 2002, 2003 und 2010 nicht nachgewiesen. Der gegenteiligen Einschätzung des Sachverständigen könne nicht gefolgt werden, weil er diese auf weitere Befunde von Dr. W. gestützt habe, die sich - irrtümlich - nicht auf die Klägerin, sondern eine andere Person bezögen. Auch wenn eine Widerlegung des alten histologischen Befundes möglich wäre, stehe anhand der aktuelleren Befunde fest, dass eine Höherbewertung nicht in Betracht komme (Urteil vom ).
2Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und rügt eine Verletzung der Amtsermittlungs- und Hinweispflicht des Gerichts.
II
3Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
41. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
5Die Klägerin rügt, das LSG sei ihrem Beweisantritt auf Anhörung des Sachverständigen nicht gefolgt. Mit Schriftsatz vom sei - erfolglos - angeregt worden, den Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung zu laden. Damit bezeichnet die Klägerin keine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags iS von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52). Dem trägt der Vortrag in der Beschwerdebegründung nicht Rechnung. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat danach keinen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt, sondern lediglich schriftsätzlich zuvor eine Beweisanregung ausgesprochen, ohne diese bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Nichts anderes gilt, wenn sich mit ihrer Rüge der Vorwurf einer Verletzung des jedem Beteiligten gemäß § 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO zustehenden Rechts verbinden würde, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Auch ein solcher Antrag müsste bis zum Schluss aufrechterhalten worden sein (vgl - RdNr 9 f).
6Die Klägerin führt weiter an, das LSG habe die Klägerin unter Verletzung der Hinweispflicht (§ 106 SGG) zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass dem Sachverständigen eine falscher, nicht die Klägerin betreffender Arztbericht vorgelegen habe, aus dem sich möglicherweise eine Fehleinschätzung der nekroinflammatorischen Aktivität ergeben könnte. Lediglich bei der Prozessbevollmächtigten sei einige Tage vor der mündlichen Verhandlung nachgefragt worden, ob die Klägerin bei Dr. W. in Behandlung gewesen sei. Das Gericht habe es aber unterlassen mitzuteilen, welche Konsequenzen es aus diesem Umstand zu ziehen beabsichtige. Insbesondere sei nicht darauf hingewiesen worden, dass das Gericht vom Ergebnis des Gutachtens insoweit ohne weitere Anhörung des Gutachters abzuweichen gedenke.
7Soweit sich mit diesem Vortrag eine Sachaufklärungsrüge verbindet, ist ein übergangener Beweisantrag nicht bezeichnet. Soweit darüber hinaus sinngemäß die Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) gerügt ist, ist jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt. Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; - RdNr 6 mwN). Die Klägerin behauptet zwar, sie hätte bei umfassender Kenntnis von den Absichten des Gerichts weitere Befunde aus der Zeit vor Juli 2013 zu den Akten gereicht. Um was für Befunde mit welchem entscheidungsrelevanten Inhalt es sich hierbei gehandelt haben könnte, lässt sich der Beschwerdebegründung hingegen nicht nachvollziehbar entnehmen, sodass nicht deutlich wird, ob die Entscheidung des LSG - den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt - verfahrensfehlerhaft ergangen ist.
82. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
93. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
104. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstelle(n):
KAAAF-01840