Instanzenzug: S 15 KR 195/09
Gründe:
1In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob und ggf inwieweit eine Kapitalzahlung aus einer Direktversicherung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unterliegt.
2Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
3Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
41. Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
5Der Kläger hält es auf Seite 9 der Beschwerdebegründung für angezeigt, obergerichtlich zu klären, "dass Kapitallebensversicherungen, die lange vor dem Jahre 2004 abgeschlossen worden waren und die im Jahre 2003 schon einen erheblichen Kapitalwert hatten, grundsätzlich nicht der Beitragspflicht unterworfen werden dürfen, in keinem Falle für den Anteil der Kapitalversicherung, der bis zum Jahre 2004 'angespart' worden war".
6Zur Begründung führt er aus: Es sei kein Grund erkennbar, warum der Gesamtbetrag in Höhe von 238 346 Euro der Beitragspflicht unterliegen solle. Er habe stets jenseits der Sozialversicherungsgrenzen verdient und immer die Höchstbeträge im Rahmen des abgeschlossenen Krankenversicherungsvertrages an die Beklagte bezahlt. 20 % der Versicherungsprämien habe er aus eigenen Mitteln bezahlt. Es sei kein Grund erkennbar, warum er auf den einmal ausbezahlten Kapitalbetrag Krankenversicherungsbeiträge zahlen solle, denn es handele sich ja nicht um laufende Versorgungsbezüge, sondern vielmehr um eine Einmalzahlung aus einer Kapitalversicherung. Er könne sich auf die Grundsätze des Bestandschutzes berufen. Es liege eine unzulässige Doppelbelastung von Krankenversicherten vor, die während ihrer aktiven Dienstzeit stets bis zur oder jenseits der Beitragsbemessungsgrenze Einkünfte erzielt hätten. Im Übrigen verstoße die Beklagte auch gegen das Rückwirkungsverbot. Er habe die Versicherung damals als zusätzliche Altersvorsorge abgeschlossen und zu Recht darauf vertraut, dass er das ausgezahlte Kapital in vollem Umfange für seine Altersvorsorge nutzen könne. Ursprünglicher Versicherungsnehmer sei die Raiffeisenbank S. eG und später deren Rechtsnachfolger, letztendlich die Raiffeisen-Volksbank K. eG gewesen. Der Versicherungsnehmer habe nicht gewechselt. Das BVerfG (Hinweis BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr 11) habe entschieden, dass Erträge aus einer privaten Lebensversicherung keiner Beitragspflicht unterliegen dürften. Es habe in dieser Entscheidung auch dargelegt, dass Beiträge, die ein Versicherter nach Ende seines Arbeitsverhältnisses leiste, nicht der Krankenversicherungspflicht unterliegen dürften. Nichts anderes dürfe gelten, wenn ein Versicherter die Möglichkeit gehabt habe, vor Inkrafttreten der Vorschrift des § 229 SGB V dafür zu sorgen, dass Leistungen aus einer Kapitallebensversicherung ungeschmälert ausbezahlt würden. Jede andere Beurteilung verstieße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und insbesondere gegen den Rechtsgedanken der grundlegenden Vorschrift des § 162 BGB. Ihm stehe "Vertrauensschutz der besonderen Art" zu. Wenn ihm von der Beklagten rechtzeitig mitgeteilt worden wäre, dass der Auszahlungsbetrag aus der Kapitallebensversicherung der Beitragspflicht unterliege, hätte er sich den Kapitalbetrag schon im Jahre 2003 auszahlen lassen. Er hätte problemlos die Versicherung kündigen können.
7a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge schon im Ansatz nicht (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Denn der Kläger hat schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert (vgl allgemein - Juris = BeckRS 2010, 68786; RdNr 10; - Juris = BeckRS 2010, 72088; RdNr 10; - Juris = BeckRS 2009, 50073; RdNr 7). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 181).
8b) Darüber hinaus legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar, weil er sich nicht mit der gesetzlichen Rechtslage befasst und die vom SG und LSG zitierte umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr 5; - Juris; - Juris; BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 16), insbesondere auch zu Fragen von Rückwirkung und Vertrauensschutz (vgl ua BVerfG [2. Kammer des 1. Senats] SozR 4-2500 § 229 Nr 5) schon nicht zur Kenntnis nimmt und würdigt und demzufolge nicht hinreichend darlegt, inwieweit die von ihm aufgeworfene Frage noch oder wieder in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig sein sollte.
92. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
103. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstelle(n):
VAAAF-01832