Definition des Begriffs öffentliche Kasse
– nach nationalem Recht (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG)
– nach Doppelbesteuerungsabkommen (sog. Kassenstaatsklausel i. S. d. Art. 19 OECD-MA)
– nach dem Auslandstätigkeitserlass
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Anlage(n) | Wortlaut § 91 BHO |
Wortlaut Art. 104 BayHO |
Inhalt
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1. | Beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG
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1.1 | Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand
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1.2 | Politische/parteinahe Stiftungen
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2. | Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
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3. | Auslandstätigkeitserlass (ATE)
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4. | Steuerliche Behandlung sogenannter Ortskräfte
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5. | Mitarbeiter der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
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6. | Weitergehende Fundstellen
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1. Beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus inländischen öffentlichen Kassen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG vorliegen, wurde von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmt. Demnach liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus inländischen öffentlichen Kassen im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG auch dann vor, wenn auszahlende Stelle zwar eine juristische Person des Privatrechts ist, diese aber hinsichtlich ihres Finanzgebarens der Aufsicht oder Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt und die gezahlte Vergütung überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Die oben dargestellte Erweiterung des Begriffs „inländische öffentliche Kasse” ist auf nach dem beginnende Besteuerungszeiträume anzuwenden.
1.1 Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand
Eine Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand liegt nur dann vor, wenn es sich um ein Prüfungsrecht nach § 91 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) oder einer dieser Vorschriften vergleichbaren landesrechtlichen Regelung [1] handelt. Ein entsprechender Auszug aus der BHO und der BayHO ist als Anlage beigefügt.
Eine Aufsicht oder Prüfung des Finanzgebarens durch die öffentliche Hand ist dem entsprechend nur anzunehmen, sofern dem jeweils zuständigen Rechnungshof ein umfassendes Prüfungsrecht zusteht, das sich auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Person des Privatrechts erstreckt.
Daraus folgt, dass auch Arbeitslöhne von privaten Trägerorganisationen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit unter den genannten Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG unterliegen. Insbesondere die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) erfüllt als bundeseigene Gesellschaft diese Voraussetzungen (zu Mitarbeitern der GIZ vgl. Tz. 5).
1.2. Politische/parteinahe Stiftungen
Politische/parteinahe Stiftungen sind weiterhin nicht unter den Begriff der öffentlichen Kasse im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG zu fassen. Die politischen Stiftungen unterliegen bei der Durchführung ihrer Projekte im Ausland keiner staatlichen Einflussnahme. Im Hinblick auf die besondere Stellung der politischen/parteinahen Stiftungen, welche keine staatlichen Durchführungsorganisationen mit Mehrheitsbeteiligungen des Bundes bzw. einzelner Ministerien sind, sind sie nicht unter den Begriff der öffentlichen Kasse im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG zu fassen. Neben den politischen/parteinahen Stiftungen auf Bundesebene [2] existieren auch diverse politische/parteinahe Stiftungen auf Landesebene.
2. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Hat Deutschland mit einem Staat ein DBA abgeschlossen, ist neben den nationalen Regelungen (hier insb. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG) stets das jeweils maßgebende DBA zu prüfen. Ein deutsches Besteuerungsrecht besteht demnach nur, wenn und soweit das mit dem jeweiligen Staat abgeschlossene DBA Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. Maßgeblich sind der jeweilige Kassenstaatsartikel und der Artikel über die unselbständige Arbeit.
Die Grundregel des Kassenstaatsartikels (dem Art. 19 Abs. 1 OECD-MA vergleichbare Regelung) setzt voraus, dass die Zahlung direkt durch den Vertragsstaat, eines seiner Länder oder eine ihrer Gebietskörperschaften für gegenüber diesem geleistete Dienste erfolgt. In diesem Zusammenhang wird auf die BStBl 1998 II, 21) und vom ( BStBl 1999 II, 13) hingewiesen. Nach dieser Rechtsprechung ist weiterhin Voraussetzung, dass die Ableistung des Dienstes im öffentlichen Interesse liegt bzw. die Tätigkeit tatsächlich in der Verwaltung ausgeübt wird. Ein schuldrechtliches Dienstverhältnis zum Land oder der Gebietskörperschaft muss aber nicht bestehen. Art. 19 Abs. 1 OECD-MA findet dagegen keine Anwendung bei Auszahlung durch eine juristische Person des Privatrechts, so dass es insofern bei der Anwendung des Artikels über die unselbständige Arbeit (dem Art. 15 OECD-MA vergleichbare Regelung) bleibt. Dies gilt auch dann, wenn die juristische Person des Privatrechts hinsichtlich ihres Finanzgebarens der Aufsicht oder Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt und die gezahlte Vergütung überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.
Einzelne DBA enthalten jedoch eine spezielle Klausel, mit der ausdrücklich Deutschland das Besteuerungsrecht für Einkünfte zugewiesen wird, die im Rahmen der Entwicklungshilfe tätige Mitarbeiter erzielen (sog. erweiterte Kassenstaatsklausel/Entwicklungshilfeklausel, z. B. Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien). In diesen Fällen liegt das Besteuerungsrecht bei Deutschland, soweit die Bezüge aus deutschen öffentlichen Mitteln mittelbar oder unmittelbar finanziert werden.
Des Weiteren sind mit einzelnen Staaten im DBA zusätzlich abgeschlossene Sonderregelungen (vgl. z. B. Art. 19 Abs. 4 DBA Österreich zum Goethe-Institut e. V. und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst – DAAD) und Verständigungsvereinbarungen zur Auslegung des Kassenstaatsartikels (z. B. zu den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundesbahn und Bundespost) zu beachten.
Diese Grundsätze gelten in allen offenen Fällen.
3. Auslandstätigkeitserlass (ATE)
Gegenüber Staaten, mit denen kein DBA abgeschlossen wurde, besteht das deutsche Besteuerungsrecht uneingeschränkt. Allerdings ist die Steuerfreistellung nach dem Auslandstätigkeitserlass – ATE (§ 34c Abs. 5 EStG i. V. m BStBl 1983 I, 470) zu prüfen. Tz. V.1 des ATE sieht vor, dass die Steuerfreistellung nach ATE nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen gezahlt wird. Nach der zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmten Auffassung gilt für Tz. V.1 des ATE die Definition der inländischen öffentlichen Kasse gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG (vgl. Tz. 1) entsprechend. Daher ist eine Anwendung des ATE ausgeschlossen, wenn auszahlende Stelle zwar eine juristische Person des Privatrechts ist, diese aber hinsichtlich ihres Finanzgebarens der Aufsicht oder Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt und die gezahlte Vergütung überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Die dargestellte Rechtslage ist auf nach dem beginnende Besteuerungszeiträume anzuwenden.
4. Steuerliche Behandlung sogenannter Ortskräfte
Bei Ortskräften handelt es sich um lokale Arbeitskräfte deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit, die ihren Wohnsitz im Partnerland haben und in der Regel mit Arbeitsverträgen nach lokalem Recht tätig sind. Sie werden grundsätzlich im jeweiligen Partnerland besteuert. Auf etwaige völkerrechtliche Steuerfreistellungen in entsprechenden Rahmenabkommen können sich Ortskräfte in der Regel nicht berufen. Das Besteuerungsrecht steht regelmäßig dem Partnerstaat zu, da das Kassenstaatsprinzip für Ortskräfte grundsätzlich nicht anzuwenden ist (vgl. Art. 19 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA).
Auch werden Ortskräfte weiterhin von der beschränkten Arbeitnehmerbesteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG ausgenommen. Dies gilt aber nur dann, wenn die aus dem Dienstverhältnis erzielten Einkünfte in dem Staat, in dem die natürliche Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden. Die Ausnahme von der beschränkten Arbeitnehmerbesteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG ist nicht auf Ortskräfte der deutschen Auslandsvertretungen (insb. Botschaften der Bundesrepublik Deutschland) [3] anzuwenden.
5. Mitarbeiter der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
Die GIZ ist eine juristische Person des Privatrechts.
Im Ausland tätige Mitarbeiter der GIZ mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sind in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG).
Ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland sind sie mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig; die o. g. Ausführungen zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b EStG gelten entsprechend.
Die auf die Mitarbeiter bezogenen Feststellungen gelten auch für GIZ-Entwicklungshelfer und in materiell-rechtlicher Hinsicht für von der GIZ bezuschusste Integrierte Fachkräfte.
Die Ausführungen unter Tz. 2 bis 4 gelten für Mitarbeiter der GIZ entsprechend.
§ 3 Nr. 64 Satz 2 EStG (Kaufkraftausgleich) ist bei im Ausland tätigen Mitarbeitern der GIZ in allen offenen Fällen anzuwenden.
Die wird mit dieser Verfügung aufgehoben.
6. Weitergehende Fundstellen
Ausführliche Informationen zu o. g. Themen enthält auch die Anleitung für den Lohnsteuer-Außendienst4 im dortigen Anhang 3 und Anhang 3a.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2300.1.1-6/29 St32
Fundstelle(n):
IStR 2016 S. 863 Nr. 20
FAAAF-01632
1In Bayern: Art. 104 BayHO.
2Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Hanns-Seidel-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung
3Die deutschen Auslandsvertretungen können auf den Internetseiten des Auswärtigen Amts unter der Rubrik Reise & Sicherheit > Auslandsvertretungen > Deutsche Auslandsvertretungen: Länder A-Z abgerufen werden.