Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2334.2.1-84/16 St32

Steuerliche Behandlung von Arbeitgeberdarlehen
hier: Berücksichtigung von Darlehenskonditionen nach Vermittlung durch Internet-Vermittlungsportale und -Vergleichsportale

Das ( BStBl 2015 I, S. 484) stellt ausführlich die steuerliche Behandlung von Arbeitgeberdarlehen dar. Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Da vermehrt entsprechende Anträge auf Erteilung einer Anrufungsauskunft nach § 42e EStG eingehen, wird ergänzend zu dem (a. a. O.) auf folgenden besonderen Sachverhalt hingewiesen:

1. Sachverhalt

Banken und Sparkassen bieten Darlehen (insb. Baufinanzierungen) oftmals nicht nur vor Ort in den Geschäftsstellen, sondern auch über Vermittlungsportale und Vergleichsportale im Internet an.

Die Dienstleistung der Vermittlungsportale besteht ausschließlich in der Vermittlung von (Bau-) Finanzierungen zwischen der Bank und dem Kunden. Der Darlehensvertrag wird unmittelbar zwischen der Bank und dem vermittelten Kunden in der jeweiligen Geschäftsstelle der Bank abgeschlossen.

Die Darlehenskonditionen der Bank, die Kunden bei Abschluss einer (Bau-)Finanzierung über ein Internet-Vermittlungsportal angeboten werden, sind in der Regel günstiger, als bei Darlehensabschluss direkt (d. h. ohne Einschaltung eines Vermittlungsportals) vor Ort in der Bankfiliale.

Beispiel:

Wohnungsbaudarlehen, Zinsbindung 10 Jahre, 2 % Tilgung, 5 % Sondertilgung, 60 % Beleihungswert


Tabelle in neuem Fenster öffnen
„Standardkondition” der Bank (ohne Einschaltung eines Vermittlungsportals)
1,90 %
Darlehenskondition der Bank bei Vermittlung durch Vermittlungsportal
1,60 %

Bisher wurde im Rahmen von Arbeitgeberdarlehen an Bankmitarbeiter in der Regel nur ein Nachlass von 4 % auf die „Standardkondition” der Bank gewährt (Mitarbeiterkondition im Beispielsfall: 1,90 % abzüglich Bewertungsabschlag 4 % = 1,82 %). Künftig sollen den Mitarbeitern auch (Bau-)Finanzierungsdarlehen zu den Darlehenskonditionen der Bank bei Vermittlung durch ein Vermittlungsportal (im Beispielsfall: 1,60 %) angeboten werden. Hierfür ermittelt die Bank die aktuellen Konditionen, die ein Kunde für ein vergleichbares Darlehen bei Vermittlung durch ein Vermittlungsportal unter den gleichen Bedingungen (Darlehenshöhe, Beleihungswert, Tilgung, etc.) zahlen müsste. Diese Konditionen soll auch der Mitarbeiter erhalten. Ein (weiterer) Preisnachlass wird dem Mitarbeiter – nach den bisher bekannt gewordenen Sachverhalten – nicht gewährt.

2. Rechtliche Würdigung

Sowohl im Rahmen des Lohnsteuerabzugs als auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung besteht eine Wahlmöglichkeit für die Ermittlung des geldwerten Vorteils/Zinsvorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 EStG (Rz. 23 des (a. a. O.) i. V. m. BStBl 2013 I S. 729).

2.1. Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG

Für die Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG gelten die Grundsätze der Rz. 15 ff. des (a. a. O.). Demnach kann als Ausgangswert für die Ermittlung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG der Preis zugrunde gelegt werden, zu dem der Arbeitgeber (hier: die Bank) die konkrete Ware oder Dienstleistung (hier: Darlehen) fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr am Ende von Verkaufsverhandlungen durchschnittlich anbietet. Auf diesen Angebotspreis sind der gesetzliche Bewertungsabschlag von 4 % und der gesetzliche Rabatt-Freibetrag von 1.080 Euro anzuwenden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Für den unter 1. dargestellten Sachverhalt bedeutet dies Folgendes:

Die Konditionen der durch das Vermittlungsportal vermittelten Darlehen können in die Berechnung der Vergleichskonditionen („Gesamtdurchschnittspreis”) einbezogen werden. Im Rahmen des § 8 Abs. 3 EStG ist es aber – anders als bei § 8 Abs. 2 EStG (vgl. 2.2) – nicht möglich, ausschließlich auf die durchschnittlichen Konditionen der durch ein Vermittlungsportal vermittelten Darlehen abzustellen oder gar die absolut günstigsten Konditionen eines einzelnen vergleichbaren Darlehens zu berücksichtigen.

Vielmehr ist für die Bewertung des geldwerten Vorteils/Zinsvorteils nach § 8 Abs. 3 EStG aus den „Standardkonditionen” der Bank (ohne Einschaltung eines Vermittlungsportals) und den Darlehenskonditionen der Bank bei Vermittlung durch ein Vermittlungsportal ein Gesamtdurchschnittswert zu bilden. Maßgebend sind hier nicht die fiktiven Konditionen, die einem Kunden für ein durch ein Vermittlungsportal vermitteltes vergleichbares Darlehen gewährt worden wären, sondern nur die Konditionen von tatsächlich an fremde Dritte gewährten vergleichbaren Darlehen.

Dieser Wert ist der maßgebende Endpreis/Angebotspreis i. S. d. § 8 Abs. 3 EStG. Der um den gesetzlichen Bewertungsabschlag von 4 % geminderte Endpreis/Angebotspreis ist der Geldwert des Sachbezugs; als Arbeitslohn ist der Unterschiedsbetrag zwischen diesem Geldwert und dem vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelt (tatsächlicher Zinssatz) anzusetzen, soweit er den Rabatt-Freibetrag von 1.080 Euro im Kalenderjahr übersteigt (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Der Arbeitgeber hat die Unterlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zu Grunde gelegten Endpreis/Angebotspreis sowie die Berechnung des Zinsvorteils zu dokumentieren, als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitzuteilen (Rz. 18 ff. des a. a. O.).

2.2. Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG

Für die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG gelten die Grundsätze der Rz. 5 ff. des (a. a. O.). Demnach sind Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen; der pauschale Abschlag i. H. v. 4 % nach R 8.1 Abs. 2 Satz 3 LStR ist vorzunehmen.

Als üblicher Endpreis nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt auch der günstigste Preis für ein vergleichbares Darlehen mit nachgewiesener günstigster Marktkondition, zu der das Darlehen unter Einbeziehung allgemein zugänglicher Internetangebote (z. B. Internetangebote von Direktbanken) an Endverbraucher angeboten wird, ohne dass individuelle Preisverhandlungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses berücksichtigt werden. Im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist es daher auch möglich, ausschließlich auf die durchschnittlichen Konditionen der durch Vermittlungsportale vermittelten Darlehen abzustellen oder gar die absolut günstigsten Konditionen eines einzelnen vergleichbaren Darlehens zu berücksichtigen. Der pauschale Abschlag i. H. v. 4 % nach R 8.1 Abs. 2 Satz 3 LStR kommt in diesen Fällen nicht zur Anwendung.

Es ist dabei auch zulässig, die Konditionen zugrunde zu legen, die einem Kunden für ein durch das Vermittlungsportal vermitteltes vergleichbares Darlehen gewährt worden wären, auch wenn ein entsprechendes Darlehen tatsächlich nicht zustande kommt (fiktive Konditionen). In dem unter 1. dargestellten Beispielsfall könnte daher – anders als bei § 8 Abs. 3 EStG – der (fiktive) Zinssatz von 1,60 % als Vergleichszinssatz herangezogen werden.

Der Arbeitgeber hat die Unterlagen für den ermittelten und der Lohnversteuerung zu Grunde gelegten Endpreis sowie die Berechnung der Zinsvorteile zu dokumentieren, als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren und dem Arbeitnehmer auf Verlangen formlos mitzuteilen (Rz. 7 ff. des a. a. O.).

3. Anrufungsauskünfte (§ 42e EStG)

Bereits erteilte Anrufungsauskünfte bitte ich zu überprüfen und ggf. mit Wirkung für die Zukunft anzupassen ( BStBl 2011 I, S. 213).

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2334.2.1-84/16 St32

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 2053 Nr. 36
DStR 2015 S. 2020 Nr. 36
LAAAF-01630