BVerwG Beschluss v. - 1 WB 64/14

Informationsanspruch; Beschwerde; Rechtsweg; Dienstzeugnis

Gesetze: § 13 Abs 1 WBO, § 13 Abs 2 S 2 WBO, § 6 Abs 1 S 1 SG, § 32 SG, § 51 Abs 1 VwVfG

Tatbestand

1Der Antragsteller begehrt, ihm in Ergänzung eines Beschwerdebescheids des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO mitzuteilen, ob gegen den Betroffenen der Beschwerde eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen worden ist; ferner strebt er unter anderem die Korrektur eines für ihn erstellten Dienstzeugnisses an.

2Der 19.. geborene Antragsteller ist Offizier der Reserve des Truppendienstes. Zu dieser Reserveoffizier-Laufbahn wurde er am .. zugelassen. Am .. erfolgte seine Ernennung zum Oberleutnant der Reserve.

3Der Antragsteller nahm im Rahmen von Wehrübungen auch an besonderen Auslandsverwendungen teil. In der Zeit vom bis zum war er beim .... Deutschen Einsatzkontingent ISAF in Afghanistan eingesetzt. Der (damalige) Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents ISAF (Regionalkommando Nord), Oberst H., erstellte für ihn am hierüber ein Dienstzeugnis.

4Das Kreiswehrersatzamt K. zog den Antragsteller mit Bescheid vom innerhalb einer Wehrübung beim ...bataillon ..., M., erneut zu einer besonderen Auslandsverwendung in Afghanistan (ISAF) für die Zeit vom bis zum heran. Der Antragsteller wurde im ... Deutschen Einsatzkontingent ISAF beim ... Team (AT) ..., Masar-e Sharif, eingesetzt. Am teilte ihm der Commander Partnering Advisory Task Force (PATF) Masar-e Sharif, Oberst i.G. S., mit, dass diese besondere Auslandsverwendung vorzeitig beendet werde. Am wurde der Antragsteller informiert, dass er am nach Deutschland zurückgeführt werde. Die Rückführung erfolgte am .

5Am legte der Antragsteller Beschwerde "gegen Oberst i.G. S. bezüglich vorzeitiger Beendigung meiner Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung" ein. Zur Begründung führte er aus, dass ihm Oberst i.G. S. am mitgeteilt habe, dass sein Verbleib im Einsatz auf den aus dienstlichen Gründen verkürzt werde. Damit sei er nicht einverstanden; er habe dies auch zum Ausdruck gebracht. Aus seiner Sicht habe der Kommandeur PATF das nach der Handakte "Personalführung und -bearbeitung" für die Beendigung von Auslandseinsätzen gebotene Verfahren nicht eingehalten.

6Die Beschwerde des Antragstellers wies der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents ISAF mit Bescheid vom mit der Begründung zurück, dass auf die Beendigung des Auslandseinsatzes des Antragstellers die "Handakte" des Einsatzführungskommandos - J1 - Kapitel 8 nicht anzuwenden sei. Im Fall des Antragstellers handele es sich vielmehr um eine Rückverlegung aus dienstlichen Gründen auf der Basis organisatorischer Maßnahmen, die zeitlich mit dem Kontingentwechsel zusammen fielen. Nach Weisung des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos zur Erreichung einer möglichen Personalgrenze von 4 400 im Rahmen ISAF in Afghanistan sei eine Umgliederung des Deutschen Einsatzkontingents ISAF erfolgt. Die bisher vorhandene Struktur mit ... Teams auf K.-Ebene entfalle im Januar 2013. Das AT ... Corps werde gemäß dieser Weisung zum aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt entfalle der Einsatzdienstposten, auf dem der Antragsteller eingeplant sei. Die Rückverlegung der von dieser Weisung betroffenen Einsatzgruppenteile nach Deutschland sei bis zum abzuschließen. Daher sei es nicht zu beanstanden, das Ende der Auslandsverwendung des Antragstellers auf den vorzuverlegen.

7Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom , mit der er erneut das Vorgehen von Oberst i.G. S. beanstandete, stellte der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid vom fest, dass er der Beschwerde des Antragstellers stattgebe. Zugleich hob er den Beschwerdebescheid des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents ISAF vom auf und stellte fest, dass die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers rechtswidrig sei, weil die Verfahrensvorschriften der Handakte des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr - J1 - "Personalführung und -bearbeitung für Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr in besonderen Auslandsverwendungen" nicht beachtet worden seien. In der Begründung führte der Befehlshaber unter anderem aus, dass ein Einfluss nicht sachgerechter Motive (vorzeitige Rückverlegung als Racheakt aufgrund der Meldung des Antragstellers gegen Oberstleutnant L. oder als Mittel versteckter Disziplinierung) bei der Rückführung des Antragstellers nach den durchgeführten Ermittlungen nicht habe festgestellt werden können. Die vorzeitige Rückführung des Antragstellers sei allein aufgrund des Wegfalls seines Dienstpostens erfolgt. Insoweit bezog sich der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents ISAF vom .

8Mit Schreiben an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vom beantragte der Antragsteller, ihm einen finanziellen Ausgleich für entgangene Einnahmen im Auslandsverwendungszuschlag in Höhe von 1 760 € (16 Tage x 110 €) nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung führte er aus, dass er vom bis zum als Soldat in Afghanistan eingesetzt gewesen sei. Sein Auslandsaufenthalt habe ursprünglich am enden sollen. Seine vorzeitige Rückführung nach Deutschland habe Oberst i.G. S. in verfahrenswidriger Weise veranlasst. Infolge dieses rechtswidrigen Handelns von Oberst i.G. S. sei seine Auslandsverwendung 16 Tage früher als geplant beendet worden; insoweit sei ihm der Auslandsverwendungszuschlag in Höhe von 110 € pro Tag entgangen. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr mit Schreiben vom und vom ab.

9Mit E-Mail vom hatte der Antragsteller inzwischen an den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Anfrage gerichtet, ob gegen den Betroffenen seiner Beschwerde, Oberst i.G. S., eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen worden sei. Dabei bezog er sich auf den der E-Mail angehängten Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom , ihm am zugestellt. Mit Schreiben vom teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr - J1 - dem Antragsteller mit, dass zu dieser Frage keine Auskunft erteilt werde.

10Mit seiner Beschwerde vom machte der Antragsteller geltend, dass ihm der am erhobene Informationsanspruch gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO zustehe, weil in der Person des Betroffenen ein Dienstvergehen vorliege. Schon im April 2013 hätte eine entsprechende Mitteilung an ihn erfolgen müssen. Als Anlage 7 zu der Beschwerde legte der Antragsteller sein E-Mail-Schreiben vom an General H. vor, mit dem er mehrere Mängel des ihm am von Oberst H. erteilten Dienstzeugnisses gerügt und dessen Berichtigung beantragt hatte. Im Schriftwechsel mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr erklärte der Antragsteller - unter Hinweis auf die E-Mail vom - mit Schreiben vom , dass das Dienstzeugnis Bestandteil seiner Beschwerde vom sei, und dass er um nachträgliche Korrektur bitte. Die Schriftart des Dienstzeugnisses sei nicht einheitlich; es weise weder ein Ausstellungsdatum noch einen Ausstellungsort aus; Telefonnummern und E-Mail-Adressen müssten entfernt werden; das Dienstzeugnis habe zwei Seiten, müsse aber eine Seite haben; sachlich falsche Darstellungen und Formulierungen, die den Zweck hätten, andere als aus dem Wortlaut ersichtliche Aussagen über ihn, den Antragsteller zu treffen, müssten entfernt werden, und das Wort Dienstsiegel sei in Dienststempel zu ändern.

11Die Beschwerde des Antragstellers wies der Generalinspekteur der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid vom zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Rechtsbehelf gegen das Schreiben des J1 des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom unzulässig sei, weil es sich bei dieser Mitteilung nicht um eine anfechtbare truppendienstliche Maßnahme handele. Überdies bestehe die vom Antragsteller geltend gemachte Mitteilungspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO nur dann, wenn ein Beschwerdeführer eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung eines anderen Soldaten zum Gegenstand einer Beschwerde mache. Mit seiner ursprünglichen Beschwerde vom habe der Antragsteller hingegen lediglich die Rechtmäßigkeit der Rückführungsentscheidung des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents ISAF überprüfen lassen wollen. Oberst i.G. S. sei aber nicht als potenzieller Beschuldigter eines Dienstvergehens davon betroffen gewesen. Hinsichtlich des Dienstzeugnisses vom habe der Antragsteller einen Rechtsbehelf nicht förmlich in das Beschwerdeverfahren eingeführt. Gleichwohl habe er, der Generalinspekteur der Bundeswehr, eine dienstaufsichtliche Prüfung veranlasst.

12Die gegen diesen Bescheid eingelegte weitere Beschwerde des Antragstellers vom wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Beschwerdebescheid vom zurück. Es bezog sich auf die rechtliche Würdigung der Beschwerde durch den Generalinspekteur der Bundeswehr und führte ergänzend aus, dass es dem Beschwerdevorbringen insbesondere bezüglich des Dienstzeugnisses nachgegangen sei, aber keinen Anlass für dienstaufsichtliches Einschreiten gefunden habe. Das Ergebnis der dienstaufsichtlichen Prüfung des Generalinspekteurs der Bundeswehr sei nicht mit Rechtsbehelfen anfechtbar.

13Gegen diese ihm am zugestellte Entscheidung richtet sich der Antrag des Antragstellers auf Entscheidung des . Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.

14Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen. Er betont unter anderem, im Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom werde zwar seine weitere Beschwerde als zulässig und begründet bezeichnet; die von ihm beantragte Abhilfe sei aber nicht erfolgt. Deshalb habe er nach wie vor einen Informationsanspruch. Hinsichtlich des Dienstzeugnisses habe er schon mit der E-Mail an General H. seine Beschwer zum Ausdruck gebracht.

15Der Antragsteller beantragt festzustellen, dass

er immer noch beschwert sei und trotz stattgegebener Beschwerde durch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos vom keine Abhilfe geschaffen worden sei,

der Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos vom eine Rechtsbehelfsbelehrung hätte enthalten müssen,

die rechtliche Würdigung seiner Beschwerde durch den Generalinspekteur der Bundeswehr zu beanstanden sei,

dem Bescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos vom die Rechtsbehelfsbelehrung fehle, auch bezüglich des Hinweises auf die Möglichkeit der weiteren Dienstaufsichtsbeschwerde,

fehlende Abhilfe zu leisten und Ausgleich zu schaffen sei,

sein Vorbringen hinsichtlich seines Dienstzeugnisses nicht als verspätet zurückzuweisen und sein Dienstzeugnis zu berichtigen sei.

16Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

17Es trägt vor, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung offensichtlich unbegründet sei, weil die Mitteilungspflicht gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO gegenüber dem Antragsteller nicht bestehe. Diese Mitteilung sei nur dann geboten, wenn sich nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO das Vorliegen eines Dienstvergehens feststellen lasse. Dann sei nach der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren. Das grundsätzliche Ergebnis des Disziplinarverfahrens (Verhängung einer Disziplinarmaßnahme oder ein Absehen davon) sei dem Beschwerdeführer mitzuteilen. Im Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom sei mitgeteilt worden, dass ein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten nicht festgestellt werden könne. Das Vorbringen des Antragstellers bezüglich seines Dienstzeugnisses sei als verspätet zurückzuweisen. Im Kern gehe es dem Antragsteller um seinen Auslandsverwendungszuschlag. Dieser Streitgegenstand könne im vorliegenden Verfahren jedoch nicht geltend gemacht werden. Soweit der Antragsteller Belehrungen zu der Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde fordere, verkenne er, dass für die Vorgesetzten bzw. für die Dienststellen der Bundeswehr keine diesbezüglichen Aufklärungs- oder Hinweispflichten bestünden.

18Die Verfahrensbeteiligten sind zu der teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an das Truppendienstgericht Süd angehört worden.

19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 1305/14 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Gründe

20Die vom Antragsteller im Schriftsatz vom formulierten Sachanträge sind unter Berücksichtigung seines Rechtsschutzvorbringens dahin auszulegen, dass der Antragsteller beantragt,

a) unter vollständiger Aufhebung des Schreibens des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr - J1 - vom und unter teilweiser Aufhebung des Beschwerdebescheides des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom und des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, in Ergänzung zum Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO mitzuteilen, ob aufgrund seiner Beschwerde vom gegen Oberst i.G. S. als Betroffenen eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen worden ist,

b) festzustellen, dass der Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom formell rechtswidrig ist, weil er keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält,

c) unter teilweiser Aufhebung der Beschwerdebescheide des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom und des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, das ihm, dem Antragsteller, unter dem von Herrn Oberst H. erteilte Dienstzeugnis nach Maßgabe seines Korrekturantrages vom zu berichtigen,

d) festzustellen, dass der Bescheid des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom formell rechtswidrig ist, weil er keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält.

211. Für die Entscheidung der Anträge zu a) und b) ist nicht das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienstsenate -, sondern das Truppendienstgericht Süd sachlich zuständig.

22Eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts anstelle des grundsätzlich zuständigen Truppendienstgerichts (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO) besteht im gerichtlichen Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nur in den Fällen der §§ 21, 22 WBO. Danach kann der Beschwerdeführer lediglich gegen Entscheidungen oder Maßnahmen des Bundesministeriums der Verteidigung einschließlich der Entscheidungen über Beschwerden oder weitere Beschwerden sowie gegen Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere Beschwerden unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragen. Im vorliegenden Fall haben die auf dem E-Mail-Antrag vom beruhenden Sachanträge zu a) und zu b) jedoch keine derartige Entscheidung oder Maßnahme zum Gegenstand.

23Der Antragsteller wendet sich mit diesen beiden Sachanträgen gegen Inhalt und Form eines Beschwerdebescheids des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, der gemäß §§ 12, 13 und 16 WBO auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom ergangen ist. Gegen einen derartigen Beschwerdebescheid ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nur der Antrag auf Entscheidung des Truppendienstgerichts zulässig. Die Voraussetzung dieser Vorschrift, dass die weitere Beschwerde "erfolglos geblieben" sein muss, ist hier erfüllt.

24Die gerichtliche Geltendmachung einer Rechtsverletzung oder einer Verletzung von Vorgesetztenpflichten bedeutet das Behaupten einer Beschwer, d.h. der Beeinträchtigung einer dem jeweiligen Antragsteller individuell zustehenden Rechtsposition. Der Antragsteller hat als Beschwerdeanlass für seine noch im Auslandseinsatz als aktiver Soldat (§ 1 Abs. 3 WBO) am eingelegte Beschwerde die Handhabung seines Rückführungsverfahrens in der Zeit vom bis zum durch den damaligen Commander PATF Masar-e Sharif, Oberst i.G. S., benannt. Insoweit bezog sich der von ihm geltend gemachte Anspruch nicht nur auf einen Rechtswidrigkeitsausspruch, sondern - wie er betont hat - auch auf eine umfassende Abhilfe.

25Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 6 Satz 1 SG, wonach jeder Soldat einen Anspruch auf Bescheidung seiner Anträge und Rechtsbehelfe nach Recht und Gesetz hat ( 1 WB 4.04 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 55), in Verbindung mit § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 WBO. Danach ist bei einer begründeten Beschwerde dieser nicht nur stattzugeben, sondern zugleich für Abhilfe zu sorgen. Die in § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO angeordnete generelle Verpflichtung zur Abhilfe ist in den folgenden Sätzen des Absatzes im Einzelnen konkretisiert (z.B. in Gestalt eines Folgenbeseitigungsanspruchs, der eine spezielle Form der Abhilfe darstellt: 1 WB 54.05 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 1 Rn. 25) und in § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO in einen spezifischen Informationsanspruch ausgeformt. § 13 Abs. 2 WBO erweitert die in § 13 Abs. 1 WBO geregelten Abhilfemaßnahmen um die zusätzliche Maßnahme, nach der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren, wenn sich bei der Aufklärung des Sachverhalts nach § 10 WBO ergibt, dass ein Dienstvergehen vorliegt (vgl. im Einzelnen 1 WB 63.09 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 2 Rn. 27). Als weitere Abhilfemaßnahme in der Gestalt eines Rechtsanspruchs des Beschwerdeführers (vgl. Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 13 Rn. 45) sieht § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO die Mitteilung an den Beschwerdeführer vor, ob gegen den Betroffenen der Beschwerde eine Disziplinarmaßnahme verhängt oder von einer Disziplinarmaßnahme abgesehen worden ist. Die Mitteilungspflicht der zuständigen Beschwerdestelle nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO besteht nur in den Fällen, in denen der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten eines anderen Soldaten rügt, durch das er persönlich verletzt ist, und wenn im Hinblick darauf der Beschwerde stattgegeben wird (sogenannter akzessorischer Charakter der Mitteilungspflicht: 1 WB 63.09 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 2 Rn. 27; vgl. auch Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 13 Rn. 51).

26Der Antragsteller macht im Schriftsatz vom (auf Seite 3) ausdrücklich geltend, dass mit dem Beschwerdebescheid des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom trotz stattgebender Entscheidung keine Abhilfe geschaffen worden sei. Eine Beschwer besteht solange, wie trotz stattgebender Beschwerdeentscheidung die nach § 13 WBO zu treffenden Abhilfemaßnahmen nicht erfolgt sind (so auch Lingens in: "Probleme bei der Bearbeitung und Entscheidung von Beschwerden", NZWehrr 1980, 216, 223) und dies vom Beschwerdeführer behauptet wird. Diese Beschwer wirkt im Rahmen des 17 Abs. 1 Satz 1 WBO fort, wenn die weitere Beschwerde hinsichtlich der auch in einem Bescheid nach § 16 Abs. 3 WBO zu prüfenden und zu treffenden Abhilfemaßnahmen (§ 16 Abs. 4 in Verbindung mit § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 WBO) "erfolglos geblieben" ist. Das ist beim Antragsteller der Fall, der geltend macht, dass der Beschwerdebescheid vom hinsichtlich der zu treffenden Abhilfemaßnahmen, insbesondere auch im Hinblick auf die Informationspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO, unzureichend sei.

27Mithin stellt das Unterbleiben einer Information nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO keinen gesonderten Beschwerdeanlass dar, der einen isolierten neuen Beschwerdeweg nach der Wehrbeschwerdeordnung eröffnet. Vielmehr bezieht sich ein Beschwerdeführer mit der Rüge, die Informationspflicht nach § 13 Abs. 2 Satz 2 WBO sei nicht oder unzureichend erfüllt, weiter und immer noch auf die mit seiner (Erst-)Beschwerde beanstandete Maßnahme oder Handlung und auf die insoweit gerügte Rechtsverletzung, hinsichtlich deren er neben der Stattgabe eine vollständige Abhilfe verlangt.

28Ist danach für die Sachanträge zu a) und b) nicht das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienstsenate - sachlich zuständig, ist der Rechtsstreit nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten an das sachlich und örtlich zuständige Truppendienstgericht Süd zu verweisen. Rechtsgrundlage dafür sind § 18 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO und § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Regelung der Dienstbereiche der Truppendienstgerichte und zur Bildung von Truppendienstkammern vom (BGBl. I S. 1714).

292. Der Antrag zu c) ist unzulässig.

30Zwar ist für Streitigkeiten betreffend ein Dienstzeugnis im Sinne des § 32 SG gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO in Verbindung mit § 32 SG der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet. § 32 SG stellt eine eigenständige Rechtsgrundlage für den Anspruch eines Soldaten auf ein Dienstzeugnis dar (vgl. dazu im Einzelnen: 1 WNB 2.14 - Buchholz 449 § 32 SG Nr. 1 Rn. 10; Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 32 Rn. 24; Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 32 Rn. 8).

31Der Antragsteller ist für den Verpflichtungsantrag auf Korrektur seines Dienstzeugnisses vom auch nach dem Ende seiner Wehrübung () mit einer besonderen Auslandsverwendung, die vom bis zum dauerte, weiterhin antragsbefugt; denn das strittige Dienstzeugnis wurde über seinen Einsatz beim ... Deutschen Einsatzkontingent ISAF erstellt, so dass der Beschwerdeanlass noch in die Wehrdienstzeit fällt (vgl. § 1 Abs. 3 WBO).

32Für das im Antrag zu c) verfolgte Rechtsschutzbegehren ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht - Wehrdienstsenate - sachlich zuständig.

33Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat im Beschwerdebescheid vom zu Unrecht angenommen, dass das Korrekturbegehren des Antragstellers bezüglich des Dienstzeugnisses vom nicht in das mit der Beschwerde vom eingeleitete Beschwerdeverfahren eingeführt worden sei.

34Mit seiner E-Mail vom hat der Antragsteller gegenüber General H., der nach seiner Darstellung einen Beurteilungsbeitrag zu dem Dienstzeugnis des inzwischen im Ruhestand befindlichen Oberst H. abgegeben hatte, ausdrücklich eine Korrektur des Dienstzeugnisses erbeten. Dabei brachte der Antragsteller mit der Formulierung "Warum erst jetzt?" eindeutig zum Ausdruck, dass ihm klar war, dass eine Beschwerde gegen das Dienstzeugnis wegen Verfristung nicht mehr ernsthaft in Betracht kam. Diese E-Mail konnte bei sach- und interessengerechter Auslegung nur als Antrag auf nachträgliches Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Erteilung des Dienstzeugnisses verstanden werden, in dessen Rahmen der Antragsteller sinngemäß eine Prüfung entsprechend den in Nr. 802 ZDv 20/6 für die Korrektur von Beurteilungen geregelten Kriterien erbat.

35Auf diesen Antrag hat der Antragsteller keine Entscheidung und auch keinen Hinweis auf die zuständige Entscheidungsstelle erhalten. Er hat den Korrekturantrag vom (deshalb) seiner Beschwerde vom in ausgedruckter Form als Anlage 7 beigefügt und im Schreiben vom an den Generalinspekteur der Bundeswehr betont, dass der Korrekturantrag Bestandteil seiner Beschwerde sei. Angesichts dieser Äußerung, die im Hinblick auf § 1 Abs. 2 WBO in der Sache als Untätigkeitsbeschwerde zu werten ist, war für den Generalinspekteur der Bundeswehr entweder nach § 9 Abs. 1 WBO oder nach § 16 Abs. 3 WBO (und für das Bundesministerium der Verteidigung ggf. nach § 16 Abs. 3 WBO) eine Zuständigkeit als Beschwerdestelle begründet.

36Streitgegenstand ist ein vom Chef des Stabes des Deutschen Einsatzkontingents ISAF erstelltes Dienstzeugnis. Da der Antragsteller mit dem Korrekturantrag nicht nur formale Unrichtigkeiten, sondern auch falsche Darstellungen und "Übertreibungen", also inhaltliche Aspekte der Bewertung gerügt hat, hätte über seinen Korrekturantrag entsprechend der in Nr. 802 ZDv 20/6 für Beurteilungen festgelegten Verwaltungspraxis der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents ISAF als nächsthöherer Vorgesetzter entscheiden müssen. Für eine ggf. gegen dessen Entscheidung gerichtete Beschwerde wäre der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und für die Entscheidung über eine weitere Beschwerde wäre der Generalinspekteur der Bundeswehr zuständig gewesen. Falls eine Entscheidung des Kontingentführers über die strittige Korrektur wegen der im Jahr 2014 erfolgten Beendigung des ISAF-Einsatzes der Bundeswehr nicht mehr möglich gewesen sein sollte, hätte - mangels einer anderen Zuständigkeit - der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die (Erst-)Entscheidung über die Korrektur treffen müssen; gegen dessen Entscheidung (oder Unterlassung der Entscheidung) wäre der Generalinspekteur der Bundeswehr (und ggf. gemäß § 16 Abs. 3 WBO das Bundesministerium der Verteidigung) zuständige Beschwerdestelle gewesen.

37Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat in seinem Beschwerdebescheid die unterlassene Beschwerdeentscheidung über den Korrekturantrag nur damit begründet, dass dieser Antrag keinen Eingang in das Beschwerdeverfahren gefunden habe. Er hat aber nicht seine grundsätzliche Entscheidungszuständigkeit für die Beschwerde in Abrede gestellt. Das folgt aus der von ihm durchgeführten dienstaufsichtlichen Prüfung, die gemäß § 14 WBO der zuständigen Beschwerdestelle obliegt, und ferner aus dem Umstand, dass er das Beschwerdeverfahren bezüglich des Korrekturantrags nicht unter Hinweis auf eine fehlende eigene sachliche Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 3 WBO an eine andere Beschwerdestelle zur Entscheidung weitergeleitet hat. Wäre eine andere Stelle für diese Beschwerdeentscheidung zuständig, hätte der Antragsteller als Reservist, der keinen (aktuellen) nächsten Disziplinarvorgesetzten hat, berechtigterweise davon ausgehen dürfen, dass sein Korrekturantrag vom von den Empfängern in das beschwerderechtlich zutreffende Verfahren geführt wird.

38Ist danach der Generalinspekteur der Bundeswehr für die Entscheidung über eine Erst- bzw. eine weitere Beschwerde und das Bundesministerium der Verteidigung für die Entscheidung über die weitere Beschwerde bezüglich des Korrekturantrags zuständig, folgt daraus die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts entweder aus § 22 WBO oder aus § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO, jeweils in Verbindung mit § 17 Abs. 1 WBO.

39Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht der Aspekt der res iudicata entgegen. Denn das Truppendienstgericht Süd hat in den in den Akten befindlichen Entscheidungen über ein anderes Dienstzeugnis des Antragstellers aus dem Jahr 2013 entschieden.

40Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens der Erteilung des Dienstzeugnisses ist aber aus folgenden Gründen unzulässig:

41Das Dienstzeugnis vom ist bestandskräftig. Das räumt der Antragsteller in der E-Mail vom selbst ein, wo er erklärt, dass er sich "erst jetzt" an die zuständigen Stellen wende, weil er sich 2013 und 2014 ausführlicher mit Dienstzeugnissen sowie mit deren Form und Inhalt beschäftigt habe. Er hat seinen Antrag dabei nicht als Beschwerde bezeichnet. Soweit er auf neue Erkenntnisse zu nunmehr erkannten Mängeln des Dienstzeugnisses verweist, hat er die Motivlage für seinen Antrag dargelegt, die jedoch für die fristauslösende Kenntnis von einem Beschwerdeanlass im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 WBO ohne Bedeutung ist. Kenntnis vom Beschwerdeanlass, nämlich von dem Inhalt des Dienstzeugnisses, hat der Antragsteller am erhalten, als ihm das Dienstzeugnis ausgehändigt worden ist. Die Monatsfrist des § 6 WBO hat er insoweit nicht eingehalten. Ein Fall des § 7 WBO ist weder geltend gemacht noch für den Senat ersichtlich.

42Trotz Bestandskraft kann das Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Erteilung des Dienstzeugnisses auf § 51 Abs. 1 VwVfG gestützt werden, der im Wehrbeschwerdeverfahren grundsätzlich entsprechend anwendbar ist (stRspr, vgl. z.B. 1 WB 28.08 - Rn. 15 m.w.N.). Ungeachtet dessen, dass die sachlichen Voraussetzungen des Wiederaufgreifens nicht erfüllt sind, weil sich die Sach- und Rechtslage nicht im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG nachträglich geändert hat, hatte aber der Antragsteller die Möglichkeit, die von ihm geltend gemachten Mängel des Dienstzeugnisses in einem Rechtsbehelfsverfahren unmittelbar gegen dieses Dienstzeugnis geltend zu machen. Der jetzt gestellte Antrag ist deshalb nach § 51 Abs. 2 VwVfG unzulässig.

433. Der Antrag zu d) hat ebenfalls keinen Erfolg.

44Unabhängig von der Frage, ob bei Bescheiden von Dienststellen der Bundeswehr die Feststellung ihrer inhaltlichen Rechtswidrigkeit isoliert nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO allein deshalb begehrt werden kann, weil sie keine Rechtsmittelbelehrung aufweisen, geht das diesbezügliche Rechtsschutzbegehren des Antragstellers fehl.

45Das Schreiben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr - J1 - vom stellt mit der Ablehnung der beantragten Information zwar eine anfechtbare truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar. Diese bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme jedoch keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil die Beschwerdemöglichkeit und die Beschwerdefrist bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden können. Eine spezielle Belehrungspflicht hinsichtlich der Möglichkeit, Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen, besteht nicht, weil es sich dabei um einen außerordentlichen und nicht fristgebundenen Rechtsbehelf handelt, für den die Wehrbeschwerdeordnung und die Verwaltungsgerichtsordnung keine spezifische Rechtsbehelfsbelehrung vorschreiben.

464. Der Antrag des Antragstellers, "Ausgleich zu schaffen", bezieht sich möglicherweise auf sein Entschädigungsbegehren, das er mit seinem Antrag vom verfolgt hat. Dieser Streitgegenstand ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO in Verbindung mit § 30 SG nicht im wehrdienstgerichtlichen Rechtsweg, sondern gegebenenfalls im Rechtsweg vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten zu verfolgen. Da das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr insoweit - wie es in seinem Schreiben vom ausgeführt hat - noch keinen ausdrücklichen Ablehnungsbescheid erstellt hat, kann der Antragsteller sein diesbezügliches Rechtsschutzbegehren dort weiterverfolgen.

47Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist mithin insoweit zurückzuweisen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2015:130715B1WB64.14.0

Fundstelle(n):
ZAAAF-01138