Verjährung eines Anspruchs aus Amtshaftung wegen unrichtiger Auskunftserteilung: Zumutbarkeit der Erhebung einer Amtshaftungsklage vor Abschluss des auf der Grundlage der erhaltenen Auskunft betriebenen verwaltungsrechtlichen Verfahrens
Leitsatz
Zur Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs, der aus der Erteilung einer unrichtigen Auskunft (hier: der Einzugsstelle über den Fortbestand der Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht) hergeleitet wird, wenn ein sozialgerichtliches Verfahren mit dem Ziel geführt worden ist, einen im Widerspruch zu jener Auskunft ergangenen belastenden Verwaltungsakt (hier: Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung von Arbeitslosengeld) zu beseitigen (Fortführung von , BGHZ 122, 317 und vom , III ZR 121/99, WM 2001, 145).
Gesetze: § 195 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 839 BGB, § 28h Abs 2 S 1 SGB 4
Instanzenzug: Az: 9 U 60/13vorgehend Az: 36 O 47/12
Tatbestand
1Der Kläger nimmt die beklagte Krankenkasse aus Amtshaftung auf Schadensersatz in Anspruch. Er war seit dem als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH tätig und bei der Beklagten krankenversichert. Die Beklagte war Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge des Klägers.
2Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger auf sein Schreiben vom mit, nach Überprüfung seiner geänderten Arbeitsbedingungen - unter anderem wurde seine Einlage zum Stammkapital auf 25.500 DM (von 50.000 DM GmbH-Gesamtstammkapital) erhöht - ergäben sich keine Änderungen bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung. Er sei nach wie vor versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dementsprechend wurden auch nach November 2001 für den Kläger die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet.
3Der Kläger kündigte das Dienstverhältnis mit der GmbH zum und beantragte für die Zeit vom bis zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit am die Zahlung von Arbeitslosengeld. Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Antrag mit Bescheid vom zunächst stattgegeben hatte, erließ sie einen Rückforderungsbescheid. Diesen hob sie mit Bescheid vom auf und bewilligte das beantragte Arbeitslosengeld.
4Am beantragte der Kläger erneut Arbeitslosengeld. Der Antrag wurde von der Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom zurückgewiesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom zurück. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage wies das Sozialgericht Chemnitz mit Urteil vom ab. Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieben ohne Erfolg.
5Der Kläger bezieht seit dem Altersrente.
6Er hat behauptet, er habe der Beklagten im Jahr 2001 seine geänderten Arbeitsbedingungen angezeigt, um eine Klärung zu erhalten, ob er gleichwohl weiterhin als Arbeitnehmer einzustufen sei. Hätte ihm die Beklagte mitgeteilt, dass er als Selbständiger einzustufen sei, hätte er - mit Einverständnis der Mitgesellschafter - seinen Geschäftsführeranstellungsvertrag angepasst und seinen Gesellschaftsanteil auf 23 % des Stammkapitals begrenzt, um den Arbeitnehmerstatus zu erhalten. Infolge der fehlerhaften Auskunft der Beklagten sei ihm Arbeitslosengeld in Höhe von 24.351,88 € entgangen und wegen der nicht geleisteten Pflichtbeiträge für die Zeit der Arbeitslosigkeit ein erheblicher Rentenschaden entstanden. Zudem sei er angesichts der ausbleibenden Zahlungen von Arbeitslosengeld zur Sicherung seines Lebensunterhalts gezwungen gewesen, seine Lebensversicherung vorzeitig zu kündigen. Hierdurch habe er einen Verlust von 3.466,91 € erlitten.
7Der Kläger begehrt den Ersatz des ihm entgangenen Arbeitslosengelds, des Verlusts aus der vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung und eines ihm bereits entstandenen Rentenschadens von 3.587,76 €, insgesamt einen Betrag von 31.406,55 €. Er begehrt des Weiteren die Feststellung, dass die Beklagte ihm ab einen Betrag von 149,49 € monatlich zu zahlen hat, solange seine Berechtigung zum Bezug der Altersrente fortdauert.
8Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
9Die am beim Landgericht eingegangene Klage ist der Beklagten am zugestellt worden. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung des Schadensersatzanspruchs abgewiesen. Der Kläger hat das landgerichtliche Urteil mit der Berufung angegriffen und geltend gemacht: Seine Ansprüche seien nicht verjährt. Er habe erst durch das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz Kenntnis von den Ansprüchen gegen die Beklagte erlangt. Neben der Geltendmachung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sei ihm eine Klageerhebung gegen die Beklagte zur Verfolgung des Amtshaftungsanspruchs unzumutbar gewesen, weil er in beiden Prozessen widersprüchlich hätte vortragen müssen. Das Kammergericht hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Gründe
10Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
11Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitert die Durchsetzung des geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs an der Verjährungseinrede der Beklagten. Der Kläger habe bereits Ende des Jahres 2007 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB gehabt. Hinreichende Kenntnis habe der Verletzte, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage erheben könne, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht habe, dass sie ihm zumutbar sei. Für die Kenntnis sei auf die Fälligkeit des ersten einklagbaren Teils des Schadens abzustellen. Der Kläger habe Ende des Jahres 2007 gewusst, dass ihm wegen der nach seiner Auffassung falschen Auskunft der Beklagten bereits ein Schaden in Gestalt der vorzeitigen Auflösung der Lebensversicherung entstanden sei und ein weiterer Schaden drohe.
12Die Zumutbarkeit der Klageerhebung lasse sich nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe gegen die Bundesagentur für Arbeit den Anspruch auf Arbeitslosengeld und gegen die Beklagte den Amtshaftungsanspruch geltend machen und hierbei in beiden Prozessen widersprüchlich vortragen müssen. Unzumutbar sei die Erhebung der Amtshaftungsklage nur, wenn sich die verwaltungsgerichtliche Klage und der parallel zu führende Amtshaftungsprozess gegen dieselbe öffentlich-rechtliche Körperschaft richteten. Die unterschiedlichen Träger der Sozialversicherung könnten insoweit nicht als dieselbe Person betrachtet werden.
II.
13Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
141. Ein - revisionsrechtlich zu unterstellender - Schadensersatzanspruch des Klägers aus Amtshaftung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die auf den Anspruch des Klägers anwendbare regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann nach § 199 Abs. 1 BGB keinesfalls vor dem Schluss des Jahres 2009, nachdem die gegen den Widerspruchsbescheid der Bundesagentur für Arbeit gerichtete Klage des Klägers durch Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom abgewiesen worden war. Sie wurde durch die Erhebung der Klage im Jahr 2012 in vorliegendem Rechtsstreit gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
15Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die erforderliche Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis als Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist ist vorhanden, wenn der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist (Senat, Urteile vom - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 28; vom - III ZR 264/04, NVwZ 2006, 245, 248; vom - III ZR 99/03, WM 2004, 2026, 2027; vom - III ZR 121/99, WM 2001, 145, 146 und vom - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 325).
16a) Besteht die Amtspflichtverletzung, wie hier, in einer dem Geschädigten günstigen Auskunft, ist es ihm regelmäßig vor Abschluss des von ihm auf der Grundlage der erhaltenen Auskunft betriebenen verwaltungsrechtlichen Verfahrens nicht zuzumuten, eine Amtshaftungsklage zu erheben, da erst der Ausgang des verwaltungs- oder - wie hier - sozialgerichtlichen Prozesses dem Geschädigten die erforderliche Kenntnis verschafft, ob überhaupt eine Amtspflichtverletzung vorgelegen hat und ein Schaden entstanden ist (vgl. Senat, Urteile vom aaO und vom aaO S. 324 f; Staudinger/Wöstmann, BGB § 839 [Neubearbeitung 2013] Rn. 382). Würde man dem Geschädigten ansinnen, parallel zu dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sei es auch nur zur Fristwahrung, eine Amtshaftungsklage wegen der Erteilung der Auskunft zu erheben, würde man ihm zumuten, sich prozessual widersprüchlich zu verhalten. Er müsste sich dann im Amtshaftungsprozess auf den Rechtsstandpunkt stellen, dass die Auskunft rechts- und amtspflichtwidrig gewesen sei, während er im Verfahren vor den Fachgerichten von der Rechtmäßigkeit der Auskunft und der Rechtswidrigkeit des zu ihr in Widerspruch stehenden Bescheids ausgehen müsste. In derartigen Fällen wird erst durch das fachgerichtliche Verfahren die Grundlage für die Beurteilung der Frage geschaffen, ob die Versagung des beantragten Bescheids beziehungsweise der beantragten Leistung rechtmäßig gewesen ist. Erst durch die Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils erlangt der Geschädigte diejenigen Kenntnisse, die es ihm zumutbar machen, die Amtshaftungsklage wegen der amtspflichtwidrigen Auskunft zu erheben (vgl. Senat, Urteile vom und vom , jeweils aaO).
17Diese Erwägungen sind vor dem Hintergrund zu verstehen, dass sich die fachgerichtliche Klage und der parallel zu führende Amtshaftungsprozess gegen dieselbe öffentlich-rechtliche Körperschaft richten. Für einen Rückgriff gegen einen Dritten gelten sie nicht. So hat der Senat in einem Fall der Notarhaftung, bei dem es nicht um eine verwaltungsgerichtliche Klage, sondern um einen Zivilrechtsstreit zur Abwehr des - durch eine vom Notar fehlerhaft entworfene Garantieerklärung entstandenen - Schadens ging, entschieden, die Zumutbarkeit einer vorsorglichen Feststellungsklage gegen den beklagten Notar lasse sich nicht mit Rücksicht auf unzumutbar widersprüchliches Verhalten verneinen (Senat, Urteil vom aaO). Dem Geschädigten ist nämlich ein unterschiedlicher prozessualer Vortrag im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung eher zumutbar, wenn er gegenüber zwei verschiedenen Prozessgegnern erfolgt, als wenn er gegenüber demselben Prozessgegner erfolgt.
18b) Das Berufungsgericht hat die vorgenannte Senatsrechtsprechung gesehen und zutreffend wiedergegeben. Nach seiner Auffassung können die unterschiedlichen Träger der Sozialversicherung nicht als ein und dieselbe Person betrachtet werden.
19Dem kann für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Zwar handelt es sich bei der Beklagten als Gegner im Amtshaftungsprozess und der Bundesagentur für Arbeit als Gegner im sozialgerichtlichen Verfahren - formal betrachtet - um zwei unterschiedliche Prozessgegner und zwei unterschiedliche öffentlich-rechtliche Körperschaften. Dennoch kann, worauf die Revision zu Recht hinweist, aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles die Beklagte im Verhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nicht als "Dritte" angesehen werden mit der Folge, dass es dem Kläger zumutbar wäre, in dem gegen die Beklagte gerichteten Amtshaftungsprozess anders vorzutragen als in dem gegen den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit gerichteten sozialgerichtlichen Verfahren.
20Die Beklagte wurde, als sie mit Schreiben vom die auf die Arbeitslosen- und Rentenversicherungspflicht des Klägers bezogene Auskunft erteilte, nicht als Träger der Sozialversicherung tätig, sondern als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Als solche und nicht als Träger der Krankenversicherung wird sie vom Kläger in Anspruch genommen. Die Aufgaben der Einzugsstelle werden in § 28h SGB IV festgelegt. Nach § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Beklagte steht dabei als Einzugsstelle in einem öffentlich-rechtlichen Treuhandverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als Fremdversicherungsträger. Im Rahmen des Treuhandverhältnisses tritt sie zwar im Außenverhältnis zum Beitragsschuldner als Anspruchsinhaberin auf. Im Innenverhältnis bleibt jedoch die Bundesagentur für Arbeit Anspruchsinhaberin, in deren Interesse die Beklagte als Einzugsstelle zu handeln hat (BSGE 101, 1 Rn. 15 mwN aus der Rechtsprechung des BSG; Wehrhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 28h SGB IV [2014] Rn. 2 mwN; jurisPK-SGB IV/Scheer, 2. Aufl., § 28h Rn. 66).
21Diese "Inkassotätigkeit" (Scheer aaO) der Beklagten für die Bundesagentur für Arbeit bringt die Beklagte in eine solche Nähe zur Bundesagentur, dass eine allein an die formale Parteirolle anknüpfende Sichtweise in vorliegendem Zusammenhang nicht gerechtfertigt erscheint. Zwar handelte es sich bei der dem Kläger erteilten Auskunft der Beklagten nicht unmittelbar um eine Inkassotätigkeit. Die Beklagte erteilte die Auskunft jedoch in ihrer Eigenschaft als "Einzugsstelle" (§ 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und im Hinblick darauf, dass etwaige Beiträge später auch von ihr - für die Bundesagentur für Arbeit - eingezogen werden würden.
22Die treuhänderische Verbundenheit der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit und die Tätigkeit der Beklagten im Aufgabenbereich der Bundesagentur für Arbeit stehen mithin einer Betrachtung der beiden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als voneinander verschiedene Prozessgegner des Klägers entgegen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb die Senatsrechtsprechung zur Unzumutbarkeit widersprüchlichen Prozessvortrags gegenüber derselben öffentlich-rechtlichen Körperschaft entsprechend anwendbar. Ein widersprüchlicher Prozessvortrag in gegen den öffentlich-rechtlichen "Treuhänder" und den öffentlich-rechtlichen "Treugeber" geführten Parallelprozessen ist dem Kläger nicht zumutbar.
232. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
24a) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Beklagte dem Kläger keine "verbindliche" Auskunft erteilen wollte. Zwar hat ein förmliches Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV, in dem das Vorliegen einer Beschäftigung verbindlich geklärt wird, nicht stattgefunden; über einen diesbezüglichen Antrag, der erst infolge des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung vom für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH zwingend zu stellen ist (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nF), hätte im Übrigen nicht die Beklagte, sondern seinerzeit die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: die Deutsche Rentenversicherung Bund) entscheiden müssen. Indes bedeutet eine mangelnde Rechtsverbindlichkeit der Auskunft nicht, dass diese nicht Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers sein könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats müssen Auskünfte, die ein Beamter erteilt, dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann (vgl. Senat, Urteile vom - III ZR 155/02, BGHZ 155, 354, 357 [zu "nicht rechtsverbindlich" erteilten Rentenauskünften] und vom - III ZR 301/06, VersR 2008, 252 Rn. 14; Staudinger/Wöstmann aaO Rn. 150 mwN). Die mangelnde Rechtsverbindlichkeit einer Auskunft kann daher nur dahin verstanden werden, dass mit ihr eine verbindliche Regelung des Versicherungsverhältnisses noch nicht verbunden ist. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Versicherungsträger und vorliegend auch die Beklagte als sozialversicherungsrechtliche Einzugsstelle nach den vorstehenden Grundsätzen verpflichtet sind, Auskünfte vollständig, eindeutig und vor allem richtig zu erteilen, weil sich der Auskunftsbegehrende grundsätzlich auf die Richtigkeit der Auskunft verlassen darf und er einen Anspruch hat, in seinem Vertrauen hierauf geschützt zu werden (Senat, Urteil vom aaO; BSGE 44, 114, 121). Auch dort, wo eine Amtspflicht zur Erteilung der Auskunft nicht besteht, muss die Auskunft, wenn sie gleichwohl erteilt wird, diesen Erfordernissen genügen (Staudinger/Wöstmann aaO).
25b) Soweit die Revisionsbeklagte in Frage stellt, ob für den Kläger sein sozialversicherungsrechtlicher Status bei der Gestaltung seines Arbeitsvertrags entscheidend gewesen sei, handelt es sich um eine Würdigung, die dem Tatrichter vorbehalten bleibt.
26c) Im Hinblick auf den vom Kläger in Gestalt des ihm entgangenen Arbeitslosengelds geltend gemachten Schaden fehlt es - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten - auch nicht deshalb an einem Kausalzusammenhang, weil dem Kläger unabhängig von der Frage seines sozialversicherungsrechtlichen Status kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld ab dem zustand.
27Zwar trifft es zu, dass der Kläger innerhalb der vom an rückwärts zu berechnenden zweijährigen Rahmenfrist nicht mehr als 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3, § 123 Satz 1, § 124 Abs. 1 SGB III, jeweils in der Fassung des Art. 1 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl. I S. 2848). Auch ist den Urteilen des Sozialgerichts Chemnitz vom und des Sächsischen Landessozialgerichts vom zu entnehmen, dass der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem nicht aus dem Restanspruch des ab mit Bescheid vom bewilligten Anspruchs herleiten konnte, obwohl die Frist des § 147 Abs. 2 SGB III (in der Fassung des Art. 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom , BGBl. I S. 594) noch nicht abgelaufen war. Denn der Bewilligungsbescheid begründete nicht die - im Rahmen des § 147 Abs. 2 SGB III aF maßgebliche - materielle Anspruchsberechtigung (Stammrecht), sondern nur den Leistungsanspruch im engeren Sinne (Zahlungsanspruch; vgl. BSG, NZS 1995, 418, 419; zur Unterscheidung zwischen Stammrecht und Einzelanspruch auf Auszahlung vgl. auch BSGE 95, 191 Rn. 21).
28Maßgeblich für einen Restanspruch des Klägers nach § 147 Abs. 2 SGB III aF ist allein, ob dem Kläger am ein materieller Anspruch auf Arbeitslosengeld (Stammrecht) zustand (zur Maßgeblichkeit des Stammrechts im Rahmen von § 147 Abs. 2 SGB III aF vgl. Kreikebohm/Mutschler, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl. 2011, § 147 SGB III Rn. 4, 14). Ein solches Stammrecht entstand, wenn zum vorgenannten Zeitpunkt die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt waren, ohne dass es hierfür notwendigerweise eines Bewilligungsbescheids bedurfte (vgl. BSGE 95, 191 aaO). Insofern übersieht die Revisionsbeklagte, dass das Sozialgericht Chemnitz und das Landessozialgericht Sachsen einen solchen Anspruch auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligung des Klägers an der GmbH verneint haben. Über ein etwaiges Stammrecht des Klägers zu diesem Zeitpunkt, wenn er zuvor - nach Erteilung einer zutreffenden Auskunft der Beklagten - entsprechend seinem Vortrag den Geschäftsführeranstellungsvertrag angepasst und seinen Gesellschaftsanteil auf 23 % des Stammkapitals begrenzt hätte, wird in den vorgenannten Urteilen naturgemäß keine Aussage getroffen. Das Sozialgericht hat ausgeführt, der Kläger habe aufgrund des von ihm innegehabten Anteils am Stammkapital jedenfalls eine Sperrminorität besessen, und aus diesem Grund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis verneint. Nach seinen Feststellungen war nach dem Gesellschaftsvertrag für Gesellschafterbeschlüsse eine Mehrheit von mehr als 76 % der Stimmanteile notwendig. Mit einem Gesellschaftsanteil von 23 % des Stammkapitals hätte der Kläger mithin eine - der Versicherungspflicht nach Auffassung des Sozialgerichts entgegen stehende - Sperrminorität nicht erreicht. Dementsprechend hätte ihm am ein materieller Anspruch auf Arbeitslosengeld (Stammrecht) zugestanden mit der Folge, dass am seit der Entstehung dieses Anspruchs noch nicht vier Jahre verstrichen gewesen wären und der Kläger nach § 147 Abs. 2 SGB III aF einen Restanspruch hätte geltend machen können.
293. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), das die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu dem vom Kläger geltend gemachten - nicht verjährten - Anspruch nachzuholen haben wird.
Schlick Seiters Tombrink
Remmert Reiter
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
IAAAE-99221