BGH Beschluss v. - 1 StR 217/15

Instanzenzug:

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten auf der Grundlage eines rechtskräftigen Schuldspruchs wegen "vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen von Waffen in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz zweier verbotener Waffen" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Verurteilung des Angeklagten im ersten Verfahrensdurchgang hatte der Senat auf Revision des Angeklagten im Schuldspruch bestätigt und den Strafausspruch (fünf Jahre Freiheitsstrafe) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben (Beschluss vom 3. September 2014 - 1 StR 343/14). Die gegen die erneute Verurteilung mit der Sachrüge und Verfahrensbeanstandungen geführte Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts Erfolg.

21. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil nach Abdruck des erstinstanzlichen Urteils und des Senatsbeschlusses vom 3. September 2014 in dem mit "Sachverhalt" überschriebenen Abschnitt ausgeführt, aufgrund der teilweisen Verwerfung der Revision durch den genannten Beschluss des Senats stehe der in dem Ersturteil unter III. niedergelegte Sachverhalt fest. In diesem Abschnitt war unter III. 4. zum Nachtatverhalten des Angeklagten festgestellt, dass der Angeklagte nach einer bei ihm durchgeführten Durchsuchungsmaßnahme am Abend gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten K. den Zeugen H. bedroht hatte, weil dieser Zeuge zuvor den Angeklagten belastende Angaben gegenüber der Polizei gemacht hatte. Ausdrückliche eigene Feststellungen des Landgerichts zum Nachtatverhalten enthält das nunmehr angefochtene Urteil weder an dieser noch an anderer Stelle. Im Rahmen der Strafzumessung wird dem Angeklagten dieses Nachtatverhalten sowohl bei der Strafrahmenwahl wie auch der Strafzumessung im Einzelnen als besonders erschwerender Umstand angelastet.

32. Die Revision rügt im Rahmen der Sachrüge zu Recht, dass das Landgericht damit den Umfang der innerprozessualen Bindung an die Feststellungen des ersten in dieser Sache ergangenen Urteils verkannt hat (vgl. ); auf die weiteren Beanstandungen kommt es daher nicht an.

4a) Hebt das Revisionsgericht nach § 353 Abs. 2 StPO ein Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, bezieht sich diese Aufhebung auf alle diejenigen tatrichterlichen Sachverhaltsfeststellungen, die ausschließlich für den Strafausspruch bedeutsam sind, also weder die Schuldfrage noch als doppelrelevante Umstände zugleich die Schuld- oder Straffrage (oder eine andere Rechtsfolge) betreffen (vgl. , NStZ 2015, 182, 183). Gehört - wie hier - das Nachtatgeschehen nicht zum Tatgeschehen im eigentlichen Sinne, sondern ist es lediglich für den Rechtsfolgenausspruch bedeutsam, erfasst die Aufhebung der zum Strafausspruch gehörenden Feststellungen auch die Feststellungen zum Nachtatgeschehen (vgl. ). Der neue Tatrichter muss in diesem Fall zum Nachtatgeschehen selbst Beweis erheben und eigene Feststellungen treffen (BGH aaO).

5b) Daran fehlt es hier:

6Im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung hat das Landgericht ergänzende Feststellungen ausdrücklich lediglich zu dem Fortgang des Strafverfahrens gegen den vom Angeklagten benannten Drogenverkäufer getroffen, nicht hingegen zum Nachtatverhalten.

7Eine eigene Feststellung des dem Angeklagten angelasteten Nachtatverhaltens kann der Senat auch nicht den Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung entnehmen. Soweit die Strafkammer dort mitteilt, aufgrund des verlesenen Urteils der Vorinstanz ergäben sich die dem Schuldspruch zugrundeliegende Tat sowie das Nachtatverhalten, spricht dies dafür, dass das Landgericht auch an dieser Stelle von einem zu großen Bindungsumfang des Ersturteils ausgegangen ist. Die anschließende Bemerkung des Landgerichts, der Angeklagte habe dies auch eingeräumt, kann deshalb - anders als der Generalbundeswalt meint - nicht als eigenständige Feststellung des Nachtatverhaltens verstanden werden.

83. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Zwar ist der Angeklagte gemäß dem rechtskräftigen Schuldspruch zur Mindeststrafe des Normalstrafrahmens aus § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt worden. Das Nachtatverhalten war aber ein besonders hervorgehobener Straferschwerungsgrund, der nach den Ausführungen des Landgerichts zur Ablehnung eines minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG geführt hat. Wie der Senat bereits in seinem zuvor in dieser Sache ergangenen Beschluss (vom 3. September 2014 - 1 StR 343/14) dargelegt hat, liegt es angesichts der Tatsache, dass die Grenze zur nicht geringen Menge THC beim komplett sichergestellten Marihuana nur unwesentlich überschritten wurde und der bislang unbestrafte, (teil-) geständige Angeklagte in der Hauptverhandlung Angaben zu einem Hintermann gemacht hat (die inzwischen zu dessen Anklage geführt haben), nicht fern, dass das Landgericht trotz gewisser erschwerender Umstände einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen hätte und zu einer milderen Bestrafung gelangt wäre.

94. Um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zur Persönlichkeit des Angeklagten und den weiteren strafzumessungsrechtlich relevanten Tatsachen zu ermöglichen, hebt der Senat die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen erneut insgesamt auf.

Fundstelle(n):
RAAAE-96960