BSG Beschluss v. - B 13 R 124/15 B

Instanzenzug: S 28 R 537/06

Gründe:

1Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und den Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung.

3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn sie hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

41. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

5Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diese Anforderungen erfüllt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6Die Klägerin bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage (S 4 der Beschwerdebegründung),

"Welche Form eines Blepharospasmus in seinen zahlreichen Erscheinungsformen und/oder in Kombination mit welchen orthopädischen Beschwerden ist grundsätzlich geeignet, eine teilweise oder vollständige Erwerbsminderung herbeizuführen?"

7Die aufgeworfene Frage wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Die Klägerin hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) gestellt, die der Senat beantworten könnte (vgl - Juris RdNr 10 mwN). Die gestellte Frage hat keinen normativen Gehalt. Vielmehr handelt es sich allenfalls um eine Frage, die ggf das LSG nach Tatsachenfeststellung im Rahmen der Subsumtion unter die einschlägigen Rechtsnormen zu beantworten hatte. Wenn die Klägerin meint, das Berufungsgericht habe die von ihr formulierte Frage nicht, nicht hinreichend oder falsch beantwortet, wendet sie sich im Kern gegen die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen LSG-Entscheidung. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, stRspr).

82. Weiter macht die Klägerin die mangelnde Aufklärung des Sachverhalts durch das LSG geltend. Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung nach ständiger Rechtsprechung des BSG hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen siehe Senatsbeschluss vom - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

9Diesen aufgezeigten Maßstäben genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hat bereits nicht aufgezeigt, dass sie einen entsprechenden (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG gestellt und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten habe. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann aber nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21, Nr 31 S 52).

10Die Klägerin behauptet weder, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am einen Beweisantrag zu Protokoll gestellt bzw durch einen entsprechenden Hinweis aufrechterhalten habe, noch hat sie dargetan, dass das Berufungsgericht einen Beweisantrag im Urteil wiedergegeben habe.

11Dass die Klägerin mit der Beweiswürdigung des LSG in ihrem konkreten Einzelfall nicht einverstanden ist, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht auf die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden.

123. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

134. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.

145. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Fundstelle(n):
RAAAE-94121