Instanzenzug:
Gründe
I
1Der Kläger ist seit 2005 Eigentümer und Betreiber der Wasserkraftanlage "H." an der Zwickauer Mulde. Für die seit 1841 ununterbrochen betriebene Anlage besteht eine alte - mit Bescheid des Landratsamtes Chemnitzer Land vom 30. Oktober 2001 bestätigte - wasserrechtliche Gestattung zur Ausleitung von maximal 12,7 m3/s Triebwasser aus der Mulde.
2Oberhalb der Anlage wurde in den 1920er/1930er Jahren eine Flutrinne zum Schutz der Stadt Glauchau vor Hochwasser errichtet. Die Hochwasserschutzanlage besteht aus einem Flutrinnenwehr, der Flutrinne selbst und dem Stadtmuldenwehr. Hinter dem Stadtmuldenwehr wird die Zwickauer Mulde als "Stadtmulde" bezeichnet; dort befindet sich das Wehr der Wasserkraftanlage, an dem das Wasser in einen Betriebsgraben zum Turbinenhaus geleitet wird. Das Stadtmuldenwehr wurde 1993 erneuert, das Flutrinnenwehr 2005/2006 teilweise rückgebaut und neuerrichtet.
3Der Kläger macht geltend, der Wasserzufluss in die Stadtmulde sei durch Sedimentablagerungen in der Zwickauer Mulde und ein zu frühes "Anspringen" des Flutrinnenwehrs so stark zurückgegangen, dass er nur noch 8 bis 9 m3/s ausleiten könne und erhebliche Ertragseinbußen zu verzeichnen habe.
4Das Verwaltungsgericht hat auf seine Klage hin den Beklagten verurteilt sicherzustellen, dass Wasser aus der Zwickauer Mulde erst ab einem natürlichen Wasserdargebot von mehr als 13,2 m3/s in die Flutrinne ausgeleitet wird. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger könne eine Wiederherstellung des früheren Zustands weder im Wege der Folgenbeseitigung noch auf einer sonstigen Rechtsgrundlage beanspruchen.
5Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II
6Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; 2.) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; 3.) zuzulassen.
71. Die Frage
"Kann auch die Verletzung einer rein privatrechtlichen Rechtsposition die Verletzung eines subjektiven Rechts begründen, wie sie Voraussetzung für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs ist, und reicht es dabei für das Vorliegen eines hoheitlichen Eingriffs aus, dass die öffentliche Hand in bestimmter Weise ein Gewässer benutzt?"
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Der Kläger unterstellt eine "rein privatrechtliche Rechtsposition", die das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Ob bzw. welche zivilrechtlichen Ansprüche der Inhaber eines alten Wasserrechts wegen der Beeinträchtigung durch eine andere Gewässerbenutzung hat, beurteilt sich u.a. nach den nicht revisiblen Vorschriften der Wassergesetze der Länder, hier des Sächsischen Wassergesetzes vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. 2013 S. 503).
8Abgesehen davon ist in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, warum der vom Kläger aufgeworfenen Frage grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass ein Folgenbeseitigungsanspruch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht voraussetzt, durch den ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert. Der Anspruch zielt auf Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustands ( 3 C 35.96 -BVerwGE 105, 288 <297> = Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 11 S. 8 = [...] Rn. 47). Auch schlichthoheitliches Behördenhandeln kann einen Eingriff darstellen ( 4 C 24.91 - BVerwGE 94, 100 <104> = Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 280); als "hoheitlich" sind Realakte in der Regel dann zu qualifizieren, wenn sie in einem öffentlich-rechtlichen Planungsund Funktionszusammenhang stehen ( 4 C 36.72 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 68 = [...] Rn. 13).
9Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Der Kläger verdeutlicht schon nicht hinreichend, was er unter einer "rein privatrechtlichen Rechtsposition" versteht, für die er geklärt wissen will, ob sie ein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Entstehung eines Folgenbeseitigungsanspruchs sein kann. Geklärt ist insoweit jedenfalls, dass ein öffentlichrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch an die Beeinträchtigung solcher privater Rechtsgüter und Rechte anknüpfen kann, die wie beispielsweise das Grundeigentum grundrechtlichen Schutz genießen. Sollte der Kläger seine Frage hingegen - wofür sein Hinweis auf das - (ZfW 1997, 27) spricht - auf Rechtspositionen des materiellen Wassernachbarrechts beziehen wollen, aus denen sich in Verbindung mit den §§ 823, 1004 BGB zivilrechtliche Ansprüche ergeben können, so lässt sich deren Eignung als Anknüpfungspunkt eines Folgenbeseitigungsanspruchs verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Das dem Privatrecht zugehörige materielle Wassernachbarrecht beruht auf dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme miteinander konkurrierender Gewässerbenutzungen; aus ihm erwachsende Ansprüche richten sich auf fallbezogenen Ausgleich der widerstreitenden Nutzungsinteressen ( - ZfW 1997, 27 = [...] Rn. 35 und 37). Damit unterscheiden sie sich klar von einem Folgenbeseitigungsanspruch, der gemäß seiner grundrechtlichen Ableitung negatorischen Charakter hat und auf Wiederherstellung eines - durch einen hoheitlichen Eingriff beeinträchtigten -status quo ante gerichtet ist.
102. Das Berufungsurteil weicht nicht von einem vom [ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100223.1bvr273608] - (NVwZ 2010, 512) aufgestellten Rechtssatz ab.
11Der Kläger macht geltend, das Oberverwaltungsgericht sei, indem es nur eine vollständige Entwertung des Wasserrechts als eigentumsrechtlich relevant betrachtet habe, von dem im o.g. Beschluss unter Rn. 48 aufgestellten Rechtssatz abgewichen, "dass der Eigentumsgarantie bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken besonderes Gewicht zukommt, soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert". Danach sei entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für den Eigentumsschutz nicht nur relevant, ob ein Eingriff in den Bestand im Sinne einer vollständigen Entwertung bestehender Rechte vorliege, sondern auch, ob dem Betroffenen noch ein nennenswerter Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich verbleibe. Folglich könne unter bestimmten, vom Oberverwaltungsgericht nicht geprüften Voraussetzungen auch der Verlust von Einkommen aus gewerblicher Tätigkeit eigentumsrechtlich relevant sein.
12Damit ist eine Divergenz nicht dargetan. Es kann dahinstehen, ob der vom Kläger zitierte Rechtssatz zur besonderen Schutzbedürftigkeit von Grundeigentum, das die persönliche Freiheit im vermögensrechtlichen Bereich sichert, auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden kann. Denn der o.a. Passage aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts kann entgegen der Auffassung des Klägers weder ausdrücklich noch sinngemäß entnommen werden, dass Art. 14 Abs. 1 GG abweichend von dem in der Rechtsprechung anerkannten und vom Oberverwaltungsgericht (UA S.11 Rn. 38) zugrunde gelegten Grundsatz, wonach Art. 14 Abs. 1 GG nur Bestands- und keinen Erwerbsschutz bietet, das Einkommen aus gewerblicher Tätigkeit vor nachteiligen Entwicklungen schützt. Vielmehr wird darin in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe zuletzt Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08, 1 BvR 3386/08 - BVerfGE 134, 242 Rn. 167) lediglich die besondere freiheitsuchende Funktion der Eigentumsgarantie betont, ohne deren Schutzbereich in der vom Kläger behaupteten Richtung zu erweitern.
13Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bestimmt für einen besonders gelagerten Fall die Grenze dessen, was die Eigentümer eines Wohngrundstücks unter dem Gesichtspunkt der Sozialbindung an Verkehrswertminderung hinzunehmen haben. Diese Grenze sieht das Bundesverfassungsgericht bei einer Minderung des Verkehrswertes um 50 bis 60 % als überschritten an, weil den Eigentümern aufgrund der Unzumutbarkeit der Lärmbelastung faktisch nichts anderes übrig bleibe, als ihr Eigentum aufzugeben.
14Verdienstmöglichkeiten und Erwerbsaussichten werden von Art. 14 Abs. 1 GG dagegen grundsätzlich nicht geschützt. Anders ist dies nur, wenn auf deren Verwirklichung ein rechtlich geschützter Anspruch besteht (vgl. - BGHZ 125, 293 <299>). Das ist hier nicht der Fall. Das alte Wasserrecht erlaubt dem Kläger nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Entnahme von bis zu 12,7 m3/s Triebwasser, verleiht ihm aber kein Recht auf Zufluss von Wasser in einer bestimmten Menge.
153. Der sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen § 88 VwGO liegt nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat das Rechtsschutzbegehren des Klägers zutreffend erfasst. Es hat angenommen, dass die Klage darauf gerichtet ist, dass das Wasser der Zwickauer Mulde erst ab einer bestimmten Menge (13,2 m3/s) in die Flutrinne ausgeleitet wird (UA S. 2 Rn. 1 und S. 8 Rn. 29). Warum das Oberverwaltungsgericht das Rechtsschutzbegehren des Klägers damit fehlerhaft ausgelegt und deshalb über einen Teil der Klage zu Unrecht nicht entschieden haben soll, ist nicht ersichtlich oder dargetan.
16Die weitere Rüge des Klägers, das Oberverwaltungsgericht habe seine Rechtsprüfung unter Verkennung seiner rechtswegüberschreitenden Sach- und Entscheidungskompetenz (§ 17 Abs. 2 Satz 1 GVG) zu Unrecht auf öffentlich-rechtliche Ansprüche beschränkt, führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Das Vorbringen, das Oberverwaltungsgericht habe (zivilrechtliche) Anspruchsgrundlagen übersehen bzw. fehlerhaft nicht geprüft, knüpft an die mit Verfahrensrügen grundsätzlich nicht angreifbare tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs durch das Tatsachengericht an. Deshalb kann offenbleiben, ob das Oberverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen (UA S. 8 Rn. 28 und S. 11 Rn. 39) auch zivilrechtliche Ansprüche - ohne nähere Begründung - verneinen wollte.
17Eine nicht alle denkbaren Anspruchsgrundlagen erschöpfende rechtliche Würdigung leidet nur dann an einem Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstoßes gegen § 88 VwGO oder den Grundsatz rechtlichen Gehörs, wenn das Oberverwaltungsgericht sich zu Unrecht an einer Entscheidung über einen Teil der Klage gehindert gesehen oder einen wesentlichen Teil des Klagevortrags übergangen hat. Dies ist in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt. Soweit das Oberverwaltungsgericht am Schluss seiner Entscheidungsgründe darauf hingewiesen hat, dass für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten der ordentliche Rechtsweg eröffnet wäre (UA S. 12 Rn. 39), macht der Kläger selbst nicht geltend, dass seine Klage (auch) auf Schadensersatz im Sinne des § 40 Abs. 2 VwGO gerichtet war. Zudem ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass der Kläger sich zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens auch auf privatrechtliche Ansprüche gestützt und das Oberverwaltungsgericht dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen hat.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstelle(n):
ZAAAE-93651