BGH Beschluss v. - 2 StR 437/14

Gründe

1Das Landgericht hat unter Freisprechung im Übrigen den Angeklagten N. wegen Betrugs in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten O. wegen Betrugs in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten Or. wegen Begünstigung und Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Das Landgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass zu Lasten der Angeklagten N. und Or. lediglich deshalb nicht auf Verfall des Wertersatzes in Höhe von jeweils 106.315,03 Euro erkannt wird, weil Ansprüche von Verletzten entgegenstehen; zu Lasten des Angeklagten O. hat es eine entsprechende Feststellung hinsichtlich eines Betrags von 263.409,04 Euro getroffen.

2Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.

I.

3Die Verurteilung des Angeklagten O. hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

41. Der Schuldspruch wegen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) in den Fällen II. 1. bis 5. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

5Die Strafkammer hat die einen Betrug begründende Täuschungshandlung des Angeklagten O. darin gesehen, dass er in den Fällen II. 1. bis 5. der Urteilsgründe jeweils namens der P. GmbH Heizöl bestellte, obwohl er von Anfang an geplant hatte, das Heizöl nicht zu bezahlen, und damit zahlungsunwillig war. Die Annahme der Zahlungsunwilligkeit hat die Strafkammer unter anderem darauf gestützt, dass keine Aussicht bestand, dass der P. GmbH zeitnah in einem Umfang finanzielle Mittel zufließen würden, um die bei den Mineralölhändlern bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen, und mithin der Angeklagte O. spätestens zum Zeitpunkt der ersten Tat davon ausgegangen sei, dass die finanzielle Situation der P. GmbH so schlecht sei, dass die Tankstelle nur noch für einen Übergangszeitraum betrieben werden könne (UA S. 34 f.).

6Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn das Landgericht ist damit von einer Zahlungsunfähigkeit, jedenfalls aber von einer an Zahlungsunfähigkeit grenzenden schlechten finanziellen Situation der GmbH ausgegangen, ohne dass sich diese Annahme auf eine sie tragende lückenlose Beweiswürdigung stützen kann. Weder den Feststellungen noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe sind belastbare Angaben im Hinblick auf die finanzielle Situation der P. GmbH zu entnehmen. Es werden zwar einige Verbindlichkeiten der GmbH und nicht zeitnah realisierbare Außenstände geschildert. Vor dem Hintergrund aber, dass sich der Angeklagte dahin eingelassen hat, dass zwar Zahlungsziele hätten ausgenutzt werden sollen, es aber geplant gewesen sei, die Rechnungen später zu bezahlen (UA S. 34), dass die Tankstelle stets gut frequentiert war und nach Einschätzung der Angeklagten "gut lief" (UA S. 12), hätte die Annahme einer derart schlechten finanziellen Situation der P. GmbH einer ins Einzelne gehenden tatsachengestützten Begründung bedurft.

72. Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Betrugs führt auch zur Aufhebung der in drei Fällen tateinheitlichen Verurteilung des Angeklagten O. wegen Urkundenfälschung (vgl. nur , NJW 2012, 325, 328 mwN).

83. Bei dieser Sachlage hebt der Senat den Schuldspruch auch in den Fällen II. 6. bis 9. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Frage der Täuschungshandlung ohne Bindung an bisherige Feststellungen entscheiden zu können (vgl. Senatsurteil vom - 2 StR 388/99, BGHR StPO § 353 Aufhebung 2; , NStZ-RR 1997, 72, 73).

II.

9Die Verurteilung des Angeklagten N. wegen mittäterschaftlichen Betrugs in den Fällen II. 1. bis 5. der Urteilsgründe und des Angeklagten Or. wegen Begünstigung im Fall II. 1. und wegen einer einheitlichen Beihilfe zum Betrug in den Fällen II. 2. bis 5. entfällt schon deshalb, weil sie jeweils an den Tatbeitrag bzw. die Haupttat des Angeklagten O. anknüpfen.

10Die Annahme eines Tatvorsatzes der Angeklagten begegnet aber auch für sich genommen Bedenken, denn das Landgericht hat wiederholt (auch) darauf abgestellt, dass den Angeklagten in allen fünf Fällen bewusst gewesen sei, dass das gelieferte Heizöl bei den jeweiligen Lieferanten nicht bezahlt worden war, und sie in Kauf nahmen, dass es auch nicht mehr durch die P. GmbH bezahlt werden würde (UA S. 18, 38 f., 41). Dies lässt besorgen, dass die Strafkammer rechtsfehlerhaft nicht das Vorstellungsbild der Angeklagten zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung durch den Angeklagten O. im Blick hatte.

III.

11Von der Aufhebung erfasst wird auch die zu Lasten der Angeklagten jeweils getroffene Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO.

12Für den neuen Tatrichter weist der Senat darauf hin, dass bei der Bestimmung des Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen ist, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten (vgl. , NStZ 2011, 295, 296 mwN).

13Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

Fundstelle(n):
NAAAE-92362