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LSG Bayern Urteil v. - L 12 KA 43/13

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Heilmittelregressen betreffend die Quartale 1/06, 1/07 - 4/07 und 2/08. Der Kläger ist als hausärztlich tätiger Internist in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Wegen Überschreitung der Fachgruppe zwischen 101,95 % (1/06) und 201,1 % (2/08) bezogen auf die Verordnung von physikalisch- medizinischen Leistungen stellten die Krankenkassen und die KVB einen gemeinsamen Prüfantrag nach § 5 in Verbindung mit § 15 der zum damaligen Zeitpunkt gültigen Prüfvereinbarung. Daraufhin stellte der Prüfungsausschuss, bestätigt durch den Beklagten, Regresse zwischen 5 und 30 % (zwischen 628,35 EUR und 7001,68 EUR) fest. Der Beklagte führte in den streitgegenständlichen Bescheiden vom 22.8.2012 eine Durchschnittsprüfung der Verordnungsweise physikalisch- medizinischer Leistungen mit ergänzender beispielhafter Einzelfallprüfung durch und vertrat dabei die Auffassung, eine repräsentative Einzelfallprüfung nach § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung sei aus verschiedenen Gründen "zu verwerfen". Die Prüfmethode der repräsentativen Einzelfallprüfung unterstelle nämlich, dass sämtliche Verordnungen, welche innerhalb des Regelfalles und somit heilmittelkatalogkonform erbracht würden, grundsätzlich wirtschaftlich seien. Diese Grundüberlegung werde bestritten. Der Katalog definiere die Indikation für eine bestimmte Anwendungsart und sichere damit die Plausibilität der Verordnung. Indem er pro Indikation eine pauschale Mengenobergrenze vorhalte, erfülle er keineswegs die Anforderungen an eine sachgerechte Wirtschaftlichkeitsbeurteilung. Es fehle insbesondere die Auseinandersetzung mit der konkreten Ausprägung der Erkrankung. In jedem Fall sei zu hinterfragen, ob diese überhaupt ein Heilmittel notwendig mache und ob der Patient durch Eigeninitiative die Symptome beheben könne. Weiterhin brauche nicht jedes Krankheitsbild die maximal denkbare Menge sowie Breite der Anwendungen. Eine Wirtschaftlichkeit könne einzelfallbezogen und im Nachhinein nicht erkannt werden, da nur der Arzt den aktuellen Zustand des Patienten und die konkrete Ausprägung der Symptome abschätzen könne. Die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsbeurteilung anhand von Diagnosen sei nicht zielführend. Sie werde weder dem Prüfauftrag noch dem überprüften Arzt gerecht. Es werde deshalb davon ausgegangen, dass die Prüfung nach Durchschnittswerten wegen ihres hohen Erkenntniswertes bei verhältnismäßig geringem Verwaltungsaufwand auch im Heilmittelbereich eine angemessene Methode darstelle. Bei der Auswahl ihrer Prüfmethode seien nach herrschender Rechtsmeinung die Prüfgremien weitgehend frei. Nach gängiger Rechtsprechung hätten die Prüfgremien eine so genannte "intellektuelle Prüfung" vorzunehmen, die generell auf zwei Stufen stattzufinden habe. Auf der ersten Stufe seien Praxisbesonderheiten und kausale Einsparungen zu berücksichtigen, erst danach sei die Frage nach dem offensichtlichen Missverhältnis und nach der Vermutung der Unwirtschaftlichkeit zu stellen und zu beantworten. Auf der sich anschließenden zweiten Stufe sei dann der Kürzungs- und Regressbetrag festzusetzen, wobei dem Beschwerdeausschuss ein Ermessensspielraum zustehe. Zunächst wurden dann in allen Quartalen eine hohe Ausgangsüberschreitung zwischen 102,0 % und 201,1 % festgestellt. Was die Altersstruktur in der Praxis betreffe, so zeige die Statistik zwar einen höheren Rentneranteil, der mittels der Gewichtung der Prüfgruppenwerte Berücksichtigung finde. Heimpatienten könnten anhand der Gebührenordnungspositionen kaum erfasst werden. Es sei aber ein höherer Anteil chronisch Erkrankter festzustellen. Bezüglich des geltend gemachten orthopädischen Krankengutes sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger im üblichen Rahmen der hausärztlichen Versorgung liege. Bei der ergänzenden Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung wurden vom Beklagten auf der zweiten Stufe im Wesentlichen Verordnungen der Patienten der AOK Bayern ausgewertet und zwar bezogen auf fünf Indikationsbereiche. Im Bereich WS (Wirbelsäulenrezepte) gebe es ein Einsparpotential, insbesondere sei hier mehr auf die Eigeninitiative der Patienten abzustellen. Der Beklagte stellte im Bereich der WS den Gesamtfallwert sowie den Kostenanteil der WS-Rezepte jeweils der Praxis und der Prüfgruppe gegenüber und regressierte dann anhand des errechneten Überhangs abzüglich eines Sicherheitsabschlag von 20 %. Auch bezogen auf den Indikationsbereich der Massagen führte der Beklagte jeweils Durchschnittsprüfungen durch, die jedoch nur in den Quartalen 4/07 und 2/08 zu einem Regress in Höhe von 1,2 % bzw. 1,0 % führten, wobei aber im Quartal 2/08 dieser wiederum pauschal bei der Unwirtschaftlichkeit der Kosten WS abgegolten sei. Bei den ergänzenden Heilmitteln führte der Beklagte ebenfalls Durchschnittprüfungen durch, die in den Quartalen 2/07 und 3/07 zu Regressen in Höhe von 1,5 % bzw. 1,2 % führten, in den Quartalen 4/07 und 2/08 wie bereits bei den Massagen allgemein als abgegolten im Zusammenhang mit den WS-Verordnungen galten. Eine Prüfung von Einzelverordnungen wurde nur in den Quartalen 1/07 und 2/07 durchgeführt, wobei lediglich im Quartal 1/07 ein unwirtschaftlicher Anteil von 7,5 % festgestellt wurde. Im Quartal 2/07 machte der Beklagte diesbezüglich nur allgemeine Ausführungen zu der häufigen Verordnung von ergänzenden Heilmitteln. Der Heilmittelkatalogabgleich führte nur die Quartalen 1/06 und 1/07 zur Festsetzung eines Regresses in Höhe von 3,14 bzw. 1,4 %, in den anderen Quartale seien diese festgestellten Unwirtschaftlichkeiten aber mit der Unwirtschaftlichkeit der Kosten bei WS-Verordnungen abgegolten. Insgesamt stellte der Beklagte zum einen fest, es gäbe konkrete Einsparmöglichkeiten, zum anderen habe der Kläger keine Praxisbesonderheiten nachgewiesen, welche die hohen Ausgangsüberschreitungen gegenüber der Prüfgruppe rechtfertigten. Dem Kläger wurden bis auf die Quartale 2/07 (Restüberschreitung 81 %) und 3/07 (Restüberschreitung 74,6 %) Restüberschreitungen von jeweils über 100 % belassen. Gegen die Bescheide vom 22.8.2012 ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten jeweils Klage zum Sozialgericht München einlegen. Zunächst wurde wie schon im Widerspruchsverfahren die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide gerügt. Der Beklagte verstoße gegen § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung Bayern, denn dort sei lediglich die Prüfmethode "repräsentative Einzelfallprüfung" geregelt. Bei der Prüfvereinbarung handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, dem Rechtsnormcharakter zukomme. Die Vorschriften seien von den Prüfgremien zwingend anzuwenden, zumal die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers darstelle. Wenn sich der Beklagte bei der Wahl der Prüfmethode "Durchschnittsprüfung" von Zweckmäßigkeitserwägungen leiten lasse, verstoße er damit gegen Recht und Gesetz und gegen den Rechtsstaatlichkeitsgrundsatz. In diesem Zusammenhang sei auf § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V hinzuweisen, wonach eine Durchschnittsprüfung nur dann gestattet sei, soweit diese Prüfmethode in der Prüfvereinbarung ausdrücklich vereinbart wurde. Der Gesetzgeber habe die Durchschnittsprüfung aufgrund ihrer Schwächen zum 01.01.2004 aus dem SGB V "gestrichen". § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung gebe für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Heilmitteln zwingend die repräsentative Einzelfallprüfung vor. Zudem habe der Kläger im Rahmen der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdeausschuss seine Praxisbesonderheiten substantiiert dargetan. Die Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. Beim Kläger hätten als Praxisbesonderheit ein erhöhter Rentneranteil und die vermehrte Betreuung von Heimpatienten berücksichtigt werden müssen. Er betreue Heimpatienten im Wohnstift Augustinum, die teilweise jenseits der 90 Jahre alt seien. Diese Patienten könnten nicht mehr durch Sport oder andere Übungen Beschwerden am Bewegungsapparat beseitigen. Auch die Einteilung in drei Gruppen, nämlich Familienangehörige, Mitglieder und Rentner sei zu grob und führe zu unsachgemäßen Ergebnissen. Der Beklagte vertrat die Auffassung, § 15 Abs. 4 der Prüfvereinbarung bestimme, dass die Prüfung der Verordnungsweise von Heilmitteln in der Form der repräsentativen Einzelfallprüfung stattzufinden habe. Die Regelungen des § 15 Abs. 1 und 2 Prüfvereinbarung behandelten jedoch die Durchschnittsprüfung allgemein, die sich auch auf die Prüfung von Heilmittelverordnungen beziehe. Die Beschränkung der Prüfmethode auf die Einzelfallprüfung bedeute, dass lediglich eine Prüfung nach dem Heilmittelkatalog zu erfolgen habe. Dies führe dazu, dass eigentlich eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Bereich der Heilmittelversorgungen nicht mehr möglich wäre. Klägerseits seien die behaupteten Praxisbesonderheiten nur unsubstantiiert dargelegt worden. Im Übrigen sei dem Kläger eine sehr hohe Restüberschreitung gelassen worden, so dass auf diese Weise die festgestellten vermehrten Hausbesuche und die Betreuung chronisch Erkrankter berücksichtigt worden seien. Das SG hat die Klagen in der mündlichen Verhandlung vom 12.3.2013 unter dem führenden Az.: S 38 KA 1305/12 verbundenen. Mit Urteil vom gleichen Tag hat es die angefochtenen Bescheide des Beklagten aufgehoben und den Beklagten zur Neuverbescheidung verpflichtet. Für die von dem Beklagten durchgeführten Durchschnittsprüfungen der Verordnungsweise physikalisch- medizinischer Leistungen mit ergänzender Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung gäbe es keine Rechtsgrundlage. Bis zum Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes habe die Durchschnittsprüfung als Regelprüfmethode gegolten, § 106 SGB V in der Fassung des GMG sehe anders als die vorherige Fassung eine Durchschnittsprüfung aber nicht mehr vor. In § 106 Abs. 2 SGB V sei lediglich unter 1. die Auffälligkeitsprüfung und unter 2. die Zufälligkeitsprüfung genannt. §106 Abs. 2 Satz 4 SGB V gestattet zwar, dass die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen weitere Prüfmethoden vereinbaren könnten. In anderen KVen sei nach wie vor in den entsprechenden Prüfvereinbarungen die Durchschnittsprüfung der Verordnungsweise im Bereich der Heilmittel vorgesehen, so zum Beispiel im Zuständigkeitsbereich der KV Sachsen und der KV Niedersachsen. Von der Möglichkeit, im Rahmen der Prüfvereinbarung die Durchschnittsprüfung zu regeln, sei jedoch im Zuständigkeitsbereich der KV Bayern kein Gebrauch gemacht worden. In § 9 Abs. 1 Ziffer 11.2 sei zwar grundsätzlich eine Durchschnittsprüfung vorgesehen, auch § 12 Abs. 1 der PV sehe eine Durchschnittsprüfung im Bereich der ärztlichen Behandlungsweise vor. Die Regelung in § 15 der PV stehe unter der Überschrift "Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise nach Durchschnittswerten". § 15 Abs. 2 der Prüfvereinbarung bestimme, dass die Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise nach gewichteten Durchschnittswerten erfolge. Dies könne auch implizieren, dass auch die Prüfung der Verordnungsweise von Heilmitteln nach Durchschnittswerten zu erfolgen habe. Allerdings sei in § 15 Abs. 4 Satz 1 der Prüfvereinbarung für die Verordnungsweise von Heilmitteln die Form einer repräsentativen Einzelfallprüfung vorgesehen. § 15 Abs. 4 der PV stelle im Vergleich zu den allgemeinen Regelungen der §§ 9, 15 Abs. 2 der Prüfvereinbarung die speziellere Vorschrift dar. Zusammenfassend bedeute dies, dass im Bereich der Prüfung von Heilmitteln weder in § 106 SGB V noch in der Prüfvereinbarung eine Durchschnittsprüfung vorgesehen sei. Zwar stehe den Prüfgremien grundsätzlich ein Entscheidungsspielraum bei der Auswahl der Prüfmethode zu, sie seien jedoch nicht befugt, andere Prüfmethoden als die vorgesehenen anzuwenden. Zwar teile das Gericht die Bedenken des Beklagten, dass eine Beschränkung der Prüfmethode auf die Einzelfallprüfung im Prinzip eine Wirtschaftlichkeitsprüfung im Bereich der Heilmittelversorgungen ausschließen würde, da beispielsweise Mehrfachverordnungen bei gleicher Diagnose und/oder Kosten nicht berücksichtigt werden könnten. Die Beschränkung auf die gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Prüfungsmethoden gelte nach Auffassung des Gerichts aber auch dann, wenn diese Prüfmethode nicht aussagekräftig und/oder nicht durchführbar sei. Zwar sei von BSG entschieden worden, dass die Prüfgremien berechtigt und verpflichtet seien, ausnahmsweise auch andere Prüfmethoden anzuwenden bzw. zu entwickeln, wenn sich im Einzelfall die Prüfung nach Durchschnittswerten "als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar" erweise. Diese Rechtsgedanken ließen sich aber auf die streitgegenständlichen Fälle nicht übertragen, da in den von BSG entschiedenen Verfahren die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise und nicht die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise im Bereich der Heilmittel streitgegenständlich gewesen sei. Ferner sei es bei diesen Entscheidung darum gegangen, dass sich die Durchschnittsprüfung als mehr oder weniger ungeeignet erwiesen habe, weshalb sich die Frage gestellt habe, ob es den Prüfgremien erlaubt gewesen sei, andere Prüfungsmethoden anzuwenden. In den streitgegenständlichen Verfahren sei dagegen zu klären, ob statt der vorgesehenen repräsentativen Einzelfallprüfung eine Durchschnittsprüfung durchgeführt werden könne. Hinzu komme, dass den Verbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit im Vereinbarungswege durch §106 Abs. 2 Satz 4 SGB V eröffnet worden sei, die Durchschnittsprüfung als Prüfmethode in der Prüfvereinbarung zu verankern, der Gesetzgeber aber selber mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes zum 1.1.2004 in § 106 SGB V als "qualitativ minderwertiges Prüfverfahren" und wegen "Nachrangigkeit" keine Durchschnittsprüfung mehr vorgesehen habe. Die Abschaffung der Pflicht zur Durchführung der Durchschnittsprüfungen solle zudem "der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen einen Impuls geben, den gesetzlich vorgegebenen Übergang zu anderen Prüfungsform, insbesondere zu den qualitätsorientierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen ... ohne weitere Verzögerung durchzuführen". Eine selbstverständliche Überantwortung der "Entwicklung", Festlegung und Anwendung von Prüfmethoden auf die Prüfgremien ohne Rechtsgrundlagen der Prüfvereinbarung würde somit eindeutig auch gegen den gesetzgeberischen Willen verstoßen. Das BSG halte auch eine entsprechende Rechtsgrundlage für erforderlich, zumal eine Wirtschaftlichkeitsprüfung mit der möglichen Folge von Regressen/Kürzungen ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG darstelle, die nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden könne. Hiergegen haben sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene zu 2) Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die vom Beklagten angewandte Prüfmethode der Prüfung nach Durchschnittswerten habe auch nach Inkrafttreten des GMG im Jahre 2004 immer noch einen gesetzlichen Anwendungsbereich in den Fällen, in denen eine Richtgrößenprüfung nicht durchgeführt werden könne. Da in Bayern die Vertragspartner keine Richtgröße für Heilmittel vereinbart hätten und die Vertragspartner in § 15 Abs. 1 der Prüfungsvereinbarung eine Prüfung nach Durchschnittswerten festgelegt hätten, gelte dies auch für die Verordnung von Heilmitteln. Die vom SG vorgenommene Auslegung des § 15 der Prüfungsvereinbarung verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich die Verpflichtung zu einer effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die ausschließliche Prüfung von Regelfallüberschreitungen tauge zu einer effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung deshalb nicht, weil der Prüfansatz strukturell den Zugriff auf gewichtige Unwirtschaftlichkeiten verstelle. Nicht jede Funktionsstörung oder Verspannung der Wirbelsäule wirke derart einschränkend, dass nicht der Patient selbst durch eigenes Zutun die Beschwerden in den Griff bekommen könne. Insoweit seien in einer anspruchsvollen Wirtschaftlichkeitsprüfung auch die allgemein formulierten Bestimmungen der Heilmittelrichtlinien zu beachten. Der dargestellte Mangel, welcher mit der ausschließlichen Bewertung des Heilmittelkataloges einhergehe, lasse sich auch nicht dadurch heilen, dass die Prüfgremien im Nachhinein und einzelfallbezogen unwirtschaftliches Verschreiben erkennen sollten. Dies könne allein der behandelnde Arzt beurteilen. Er sehe den aktuellen Zustand des Patienten und könne die konkrete Ausprägung der Symptome abschätzen. Störanfällig sei die Orientierungshilfe Heilmittelkatalog vor allem bei Anwendungen, die auch dem Bereich Wellness zugeordnet werden könnten ("Praxismarketing"). Aber nicht nur an der Mengensteuerung der Heilmittelanwendungen mangle es, sondern auch an der Preissteuerung. Der Regelfall gestatte eine beachtliche Auswahl von verschieden teuren Anwendungsvarianten. Der Heilmittelkatalog gebe auch bei der Auswahl ergänzender Heilmittel keine Hilfestellung, somit sei der Berufungskläger nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, eine statistische Prüfung nach Durchschnittswerten als geeignete Prüfungsmethode anzuwenden. Um deutlich häufigere Verordnungsentscheidungen herauszustellen, sei es unumgänglich, auf die Kosten pro Patient im Vergleich zur Prüfungsgruppe abzustellen. Insbesondere die Prüfungsbereiche wie Massage oder Fango würden enorme Einsparpotenziale in sich bergen. Demgegenüber seien Einsparreserven im Bereich Heilmittelkatalogeinhaltung und unwirtschaftliche Einzelverordnung eher marginal. Die vom Beklagten gewählte Prüfungsmethode "Durchschnittsprüfung mit ergänzender beispielhafter Einzelfallprüfung" sichere dagegen eine effektive Wirtschaftlichkeitsprüfung und verhindere zugleich ungerechtfertigte Pauschalregresse. Zumindest für dem Zeitraum ab 1.1.2008 seien die Prüfgremien gesetzlich verpflichtet, eine Prüfung nach Durchschnittswerten durchzuführen, da von den Vertragspartnern keine Heilmittel-Richtgrößen vereinbart worden seien und deswegen keine Richtgrößenprüfung habe durchgeführt werden können.

Fundstelle(n):
PAAAE-91894

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