Instanzenzug: S 2 KR 268/09
Gründe:
1In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in den Zeiträumen vom 1.4.2007 bis 26.2.2008 und vom 1.7.2008 bis 14.10.2008.
2Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
3Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
4Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 13.1.2014 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und macht das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend.
51. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
6Die Klägerin wirft auf Seite 10 f der Beschwerdebegründung folgende Frage auf:
"Liegt in der bloßen Übersendung von Unterlagen, wie z. B. einem Steuerbescheid, ein konkludenter Antrag auf eine Ermäßigung von Sozialversicherungsbeiträgen bei bestehendem Antragserfordernis auf Grund einer Satzung?"
7Sie trägt vor: In seiner bisherigen Rechtsprechung habe das BSG klargestellt, dass ein Antrag auf Sozialleistungen auch formlos, insbesondere auch durch konkludentes Handeln gestellt werden könne (Hinweis auf ). Im Urteil vom 5.10.2006 (B 10 LW 6/05 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 3) habe das BSG ebenfalls ausgeführt, dass ein Antrag auch konkludent gestellt werden könne, wozu es genüge, wenn ein Antragsteller seinen Willen erkennbar zum Ausdruck bringe. Das BSG habe weiter ausgeführt, dass für eine entsprechende konkludente Antragstellung eine wie auch immer geartete Form schlüssigen Verhaltens, mithin ein aktives Tun erforderlich sei. Bislang ungeklärt in der Rechtsprechung des BSG sei allerdings, ob es für die Annahme eines entsprechenden schlüssigen Verhaltens genüge, dass Unterlagen - so wie hier ein Steuerbescheid - "kommentarlos an die Behörde" übersandt würden.
8Die Klägerin hat mit der von ihr formulierten Frage - anders als erforderlich - keine Rechtsfrage, sondern lediglich eine Subsumtionsfrage bezeichnet. Denn sie trägt selbst vor, dass nach der Rechtsprechung des BSG ein "Antrag" auf ein bestimmtes (sozialrechtliches) Begehren grundsätzlich nicht förmlich gestellt werden muss, sondern dass es genügt, wenn der Antragsteller seinen Willen erkennbar zum Ausdruck gebracht hat und der Empfänger diese (Willens-)Erklärung, die auch durch eine Form schlüssigen Verhaltens zum Ausdruck gebracht werden kann, "unter den obwaltenden Umständen" "nach Treu und Glauben" auch als Antrag verstehen musste (vgl - SozR 4-5868 § 13 Nr 3 RdNr 21). Soweit die Klägerin meint, dass vorliegend aufgrund der von ihr geschilderten Umstände die kommentarlose Übersendung des Steuerbescheids für das Jahr 2005 an die Beklagte als Antrag des ursprünglichen Klägers auf "beitragsgünstigere Einstufung" gewertet werden müsse, wendet sie sich im Ergebnis gegen die Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz im Einzelfall. Die Frage der Richtigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts eröffnet indes - wie oben bereits ausgeführt - die Zulassung der Revision nicht und kann daher von vornherein nicht rügefähiger Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde sein.
92. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSGE 2, 81, 82; 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.
10Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG). Hierzu trägt sie vor (S 12 ff der Beschwerdebegründung): Sie habe in ihrem Schriftsatz vom 29.4.2013 vorgetragen, dass in den von der Beklagten vorgelegten Auszügen aus ihren Mitgliederzeitschriften von einem Antragserfordernis nicht die Rede sei, sodass es auf die Frage, ob der ursprüngliche Kläger diese Zeitschriften überhaupt erhalten habe, auch nicht mehr ankomme. Bei Berücksichtigung dieses Vortrags hätte das LSG seine Ausführungen in dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2013, der ursprüngliche Kläger sei durch das DAK-Magazin 3/2007 sowie die jährlichen Beitragstabellen über die Möglichkeit der beitragsgünstigen Beitragseinstufung informiert worden, nicht ohne Weiteres aufrecht erhalten können, ohne zumindest ansatzweise hierauf einzugehen. Wenn in dem DAK-Magazin Ausgabe 3/2007 entsprechend ihres Vortrags in der Tat von einem Antragserfordernis nicht die Rede sei, sei der ursprüngliche Kläger hierüber von der Beklagten nicht ordnungsgemäß informiert worden. Hätte das LSG aufgrund dieses nichtberücksichtigten Vortrags entsprechende Überlegungen angestellt, hätte es zu der Rechtsauffassung gelangen können, dass in der Sache ein Beratungsverschulden seitens der Beklagten vorliege und dass deshalb ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu ihren Gunsten greife mit der Folge, dass die begehrte Beitragsabsenkung nicht wegen eines fehlenden Antrags des ursprünglichen Klägers hätte abgelehnt werden dürfen.
11Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin einen Gehörsverstoß nicht hinreichend bezeichnet. Sie trägt weder vor, welche Feststellungen das LSG zu den Inhalten des DAK-Magazins Ausgabe 3/2007 und der jährlichen Beitragstabellen getroffen hat, noch gibt sie selbst in der Beschwerdebegründung deren konkrete Inhalte wieder. Damit aber hat die Klägerin nicht hinreichend aufgezeigt, weshalb die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der vom LSG getroffenen Feststellungen und auf Grundlage seiner - insoweit allein maßgeblichen - Rechtsansicht auf der nicht ausreichenden bzw fehlenden Berücksichtigung ihrer vorgenannten Ausführungen im Schriftsatz vom 29.4.2013 beruhen kann. Denn auch nach dem Vortrag der Klägerin hat sich das Berufungsgericht mit den von der Beklagten übersandten Auszügen aus ihren Mitgliederzeitschriften auseinandergesetzt, indem es - wie die Klägerin selbst darlegt - die Rechtsauffassung vertreten hat, dass der Beklagten keine Verletzung ihrer Aufklärungspflicht vorzuwerfen sei, weil der "ursprüngliche Kläger durch das DAK-Magazin Ausgabe 3/2007 sowie die jährlichen Beitragstabellen über die Möglichkeit der beitragsgünstigeren Beitragseinstufung informiert" worden sei. Dass die Klägerin dieser Würdigung des LSG im Hinblick auf ihren schriftsätzlichen Vortrag vom 29.4.2013 zum fehlenden Hinweis auf ein Antragserfordernis nicht zu folgen vermag, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 GG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden. Auch das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör gibt einem Beteiligten keinen Anspruch darauf, mit seinem Vorbringen auch in der Sache Erfolg zu haben, letztlich also "erhört" zu werden (vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).
123. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
134. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstelle(n):
TAAAE-90500