BGH Beschluss v. - I ZR 120/13

Instanzenzug:

Gründe

1Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.

2I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; , NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. , GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).

3II. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch das Senatsurteil vom nicht verletzt.

41. Die Anhörungsrüge macht vergeblich geltend, der Senat habe den Vortrag der Klägerin zur Unzulässigkeit der Auslagerung des Entlassmanagements auf Dritte übergangen.

5a) In diesem Zusammenhang führt die Anhörungsrüge aus:

6Komme man zu dem Ergebnis, dass das Entlassmanagement eine Zuweisung von Verschreibungen rechtfertigen könne, komme es im Einzelfall darauf an, ob das Entlassmanagement den rechtlichen Vorschriften genüge. Nur ein im Einzelfall rechtmäßiges Entlassmanagement könne eine Zuweisung rechtfertigen. Davon sei vorliegend nicht auszugehen. Die Patientenring GmbH führe Aufgaben des Entlassmanagements für das Universitätsklinikum aus, das Teil der Krankenhausbehandlung sei. In die Entlassungsvorbereitung des Klinikums sei die Patientenring GmbH umfassend eingebunden. Die Ausgliederung der Aufgaben auf die Patientenring GmbH sei rechtswidrig. Wolle man dies anders sehen, hätte der Senat den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wegen einer Abweichung von der Rechtsprechungspraxis des Bundessozialgerichts anrufen müssen.

7b) Das als übergangen gerügte Vorbringen ist nicht entscheidungserheblich.

8aa) Der Senat ist davon ausgegangen, dass die operative Durchführung eines Entlassmanagements durch einen externen Anbieter grundsätzlich zulässig ist.

9Gegenteiliges folgt - anders als die Anhörungsrüge meint - nicht aus der von ihr herangezogenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Entscheidungen, auf die sich die Anhörungsrüge beruft, sind für die Frage der Zulässigkeit der Auslagerung des Entlassmanagements nicht einschlägig.

10(1) Gegenstand des (, BSGE 108, 35) war die Zulässigkeit ambulanter Operationen im Krankenhaus, wenn diese in Form einer Zusammenarbeit von im Krankenhaus angestellten Anästhesisten mit vertragsärztlich zugelassenen Chirurgen erfolgt. Kläger jenes Verfahrens war ein Vertragsarzt, der das beklagte Krankenhaus wegen einer unzulässigen Teilnahme an der ambulanten Versorgung in Anspruch nahm. Das Klagebegehren war auf den Zulassungsstatus und die daraus abgeleiteten Abwehrrechte der niedergelassenen Vertragsärzte gegen andere Leistungserbringer gestützt, die in rechtswidriger Weise in der ambulanten Versorgung tätig sind. Danach bedarf die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte einer entsprechenden gesetzlichen Regelung (vgl. BSGE 108, 35 Rn. 21). Geltend gemacht war ein Verstoß gegen § 115 b SGB V in Verbindung mit dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Vertrag über ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag). Auf einen Verstoß gegen diese Regelungen hat das Bundessozialgericht seine Entscheidung auch gestützt (BSGE 108, 35 Rn. 50).

11(2) Die weitere von der Anhörungsrüge herangezogene Entscheidung des Bundessozialgerichts (, BSGE 114, 237) betraf einen Antrag der Klägerin auf Zulassung zur Erbringung von Heilmitteln nach § 124 Abs. 2 SGB V. Die Klägerin hatte den Antrag nach § 124 Abs. 2 SGB V gestellt, weil die mit den Krankenkassen abgeschlossene Vergütungsvereinbarung höhere Preise vorsieht als die Leistungserbringung nach § 124 Abs. 3 SGB V. Das Bundessozialgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V verneint, weil sie eine Einrichtung betreibt, die überwiegend stationäre Leistungen erbringt (BSGE 114, 237 Rn. 20). Begründet wird dies - ebenso wie in der zunächst genannten Entscheidung - mit der strikten Trennung von ambulanter und stationärer Leistungserbringung (BSGE 114, 237 Rn. 21).

12(3) Damit hat die im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilende Fallgestaltung nichts zu tun. Dementsprechend haben sich die Parteien im vorausgegangenen Revisionsverfahren auf die Entscheidungspraxis des Bundessozialge-richts nicht berufen und der Senat hat ebenfalls keinen Anlass gesehen, die Entscheidungen des Bundessozialgerichts aufzugreifen.

13Soweit die Anhörungsrüge nunmehr Passagen dieser Entscheidungen aus dem Zusammenhang reißt und für ihre Ansicht anführt, geht es um die hier nicht interessierende Frage der Abgrenzung zwischen stationärer Leistungserbringung und ambulanter Versorgung. Danach bestand entgegen der Meinung der Anhörungsrüge kein Anlass für eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes. In der unterbliebenen Vorlage liegt keine Verletzung des Rechts der Klägerin auf den gesetzlichen Richter oder ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

14bb) Schließen gesetzliche Bestimmungen eine Ausgliederung der operativen Durchführung des Entlassmanagements auf einen externen privaten Anbieter nicht grundsätzlich aus, handelte der Beklagte nicht unlauter, als er sich auf das Kooperationsmodell mit der Patientenring GmbH einließ. Auf die Ausgestaltung des internen Verhältnisses zwischen der Patientenring GmbH und dem Krankenhaus (organisatorische, wirtschaftliche und personelle Verflechtung der Patientenring GmbH mit der Klinik), auf die die Anhörungsrüge abstellt, kommt es nicht an. Die Klägerin kann den Beklagten nicht mit den Mitteln des Lauterkeitsrechts dazu anhalten, das interne Verhältnis zwischen Patientenring GmbH und Klinik zu überprüfen.

152. Die Anhörungsrüge macht weiter vergeblich geltend, der Senat habe den Vortrag übergangen, dass die Anzahl ausgewählter Kooperationsapotheken äußerst gering sei. Im Streitfall handele es sich um drei bzw. fünf Kooperationspartner. Damit bestehe ein steuerndes Element mit der Folge, dass Rezepte des Klinikums Freiburg an die Kooperationsapotheken der Patientenring GmbH gezielt weitergeleitet würden. Dadurch werde das Verbot der Zuweisung umgangen und die Gefahr heraufbeschworen, dass der Apotheker die ihm zugewiesene Kontrollfunktion nicht sachgerecht und eigenverantwortlich wahrnehme.

16Diesen Vortrag hat der Senat, soweit er den Ausführungen im Revisionsverfahren entspricht, berücksichtigt. Mit der Revisionserwiderung hatte die Klägerin sich darauf berufen, die Zahl der Kooperationsapotheken liege bei fünf. Der Senat hat dies in seiner Entscheidung damit umschrieben, dass die Patientenring GmbH mit mehreren Apotheken kooperiert und jede Apotheke Kooperationspartner werden kann. Soweit die Anhörungsrüge das steuernde Element der Tätigkeit der Patientenring GmbH hervorhebt, hat der Senat auch dies in seine Entscheidung einbezogen. Er hat nur den Gründen, die für das von der Patientenring GmbH und dem Klinikum praktizierte Modell sprechen, größeres Gewicht beigemessen (vgl. BGH GRUR 2014, 1009 Rn. 18 und 19 - Kooperationsapotheke). Dieses Ergebnis kann nicht mit der Anhörungsrüge nochmals inhaltlich zur Überprüfung durch den Senat gestellt werden.

Fundstelle(n):
ZAAAE-90002