NWB Nr. 20 vom Seite 1433

„landmark decision“

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Kein Gleichlauf von Gesamthands- und Ergänzungsbilanz

Beim Kauf eines Mitunternehmeranteils erwirbt der Käufer steuerrechtlich kein Wirtschaftsgut „Personengesellschaftsanteil“. Vielmehr verbirgt sich hinter der Beteiligung die Summe der dem Gesellschaftsanteil entsprechenden Bruchteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft. Daher werden im Regelfall mit dem Kaufpreis auch die in den indirekt miterworbenen Vermögensgegenständen enthaltenen stillen Reserven vergütet. Umstritten war allerdings bislang, wie der Erwerber, der im Hinblick auf die stillen Reserven einen Kaufpreis über dem Buchwert des übernommenen Kapitalkontos zahlt, den in der Ergänzungsbilanz aktivierten Mehrpreis steuerbilanziell zu behandeln hat. Diese Frage hat der BFH jetzt in einer Grundsatzentscheidung geklärt: Die in der Ergänzungsbilanz erfassten Anschaffungskosten sind so fortzuführen, dass der Gesellschafter soweit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird. Was das bedeutet, welche Konsequenzen sich daraus ergeben und warum es sich bei diesem BFH-Urteil für die M&A-Praxis um eine „landmark decision“ handelt, erläutern Kraft/Kraft auf Seite 1452.

„§ 6b-Rücklage verstößt gegen EU-Recht“ – mit dieser Aussage beendet der EuGH eine langjährige Diskussion in der deutschen Steuerfachliteratur. Die Regelung, nach der stille Reserven steuerfrei von veräußerten Wirtschaftsgütern auf andere neu angeschaffte Wirtschaftsgüter übertragen werden können, ist an sich unproblematisch. Dass diese steuerfreie Übertragung allerdings nur möglich sein soll, wenn das neu angeschaffte Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen einer deutschen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehört, hat den EuGH nicht überzeugt. Was fast zu erwarten war, wie Anger/ Wagemann auf Seite 1440 feststellen. Fügt sich das Urteil doch in eine Reihe ähnlich gelagerter Entscheidungen ein. Für international agierende Unternehmen jedenfalls ergibt sich damit neuer Gestaltungsspielraum.

Seit dem werden Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen immer im Land des Dienstleistungsempfängers besteuert – unabhängig davon, ob es sich bei dem Dienstleistungsempfänger um ein Unternehmen oder einen Verbraucher handelt – unabhängig davon, ob der Dienstleistungserbringer seinen Sitz innerhalb oder außerhalb der EU hat. Nach vier Monaten Anwendung der neuen Regelungen nehmen Rieg/Bosbach auf Seite 1463 einen Teilbereich der elektronischen Dienstleistungen, die sog. Dauerleistungen wie Online-Zeitschriften, Apps oder auch den Download von Antivirensoftware mit Update-Möglichkeit, in den Blick. Denn Dauerleistungen stellen in der Umsetzung des Bestimmungslandprinzips derzeit eine besondere Herausforderung dar und machen eigene Lösungsansätze erforderlich.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2015 Seite 1433
NWB RAAAE-89832