Familienleistungsausgleich; Berücksichtigung von Kindern während des Wehrdienstes
Der (BStBl 2015 II S. 282) entschieden, dass der freiwillige Wehrdienst, abhängig von seiner Ausgestaltung und der Art der Durchführung im Einzelfall, eine Maßnahme der Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellen kann. Darüber hinaus wurde § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2014 I S. 2417) [1]) dahingehend geändert, dass durch den freiwilligen Wehrdienst eine Übergangszeit begründet werden kann.
Eine Berücksichtigung von Kindern während des Wehrdienstes kommt daher in den nachfolgenden Fällen in Betracht:
1. Berufsausbildungsmaßnahmen während des Wehrdienstes
1.1 Laufbahn der Mannschaften
Die Ausbildung eines Soldaten für seine spätere Verwendung im Mannschaftsdienstgrad umfasst die Grundausbildung und die sich anschließende Dienstpostenausbildung (A 14.2 Satz 2 8. Tiret DA-KG 2014; BStBl 2012 II S. 895). Die Soldaten in der Laufbahn der Mannschaften gehören entweder der Statusgruppe der Soldaten auf Zeit an oder leisten freiwilligen Wehrdienst. Unabhängig davon, zu welcher dieser beiden Statusgruppen das Kind gehört, ist es kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, wenn es eine Ausbildung absolviert.
Die Grundausbildung dauert drei Monate und findet regelmäßig zu Beginn der Wehrdienstzeit statt. Die Dauer der möglichen Dienstpostenausbildungen ist unterschiedlich. Sie umfasst mindestens einen und häufig mehrere Monate. Aus diesem Grund können die ersten vier Monate der Wehrdienstzeit ohne näheren Nachweis berücksichtigt werden; lediglich der Dienstantritt ist glaubhaft zu machen. Für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung hat der Berechtigte die Dauer der sich an die Grundausbildung anschließenden Dienstpostenausbildung nachzuweisen.
1.2 Laufbahn der Unteroffiziere und Offiziere
Die Ausbildung eines Soldaten zum Unteroffizier oder Offizier ist als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen (A 14.2 Satz 2 7. Tiret DA-KG 2014). Neben der militärischen Ausbildung sind auch zivilberufliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (sog. ZAW-Maßnahmen) berücksichtigungsfähig. Ebenso ist sowohl das Studium an einer Bundeswehrhochschule als auch das Studium an zivilen Hochschulen berücksichtigungsfähig. Unbeachtlich ist, ob der Soldat im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit oder eines Berufssoldaten steht. Ebenso ist nicht anspruchserheblich, ob der Soldat die Bezeichnung „Anwärter” oder eine vergleichbare Bezeichnung im Dienstgrad trägt (z. B. Fahnenjunker oder Fähnrich). Daher kann die Ausbildung auch dann berücksichtigt werden, wenn der Soldat bereits mit höherem Dienstgrad eingestellt wurde (z. B. aufgrund seiner Vorbildung).
1.3 Reserveoffiziersanwärter
Die Ausbildung eines Soldaten zum Reserveoffizier als Reserveoffiziersanwärter ist als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen, sofern sie während des Wehrdienstes stattfindet. Eine Reserveoffiziersausbildung außerhalb des Wehrdienstes (Wehrübungen) ist keine Berufsausbildung.
2. Ausbildungsdienstverhältnis i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG
Hat das Kind bereits eine Erstausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen, kommt eine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn die Erwerbstätigkeit anspruchsunschädlich ist (vgl. A 19.3 DA-KG 2014). Dies ist insbesondere der Fall, wenn es sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis (vgl. A 19.3.2 DA-KG 2014) handelt. Die militärische Ausbildung oder das Studium eines Soldaten an einer Bundeswehrhochschule (vgl. Tz. 1) finden regelmäßig im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG statt. Die zivilberufliche Ausbildung oder das Studium an einer zivilen Hochschule stellen nur dann ein Ausbildungsdienstverhältnis dar, wenn die Maßnahme Bestandteil der Unteroffiziers- oder Offiziersausbildung ist.
3. Bewerbung für einen Wehrdienst
Eine Berücksichtigung von Kindern nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist unter den in A 16 DA-KG 2014 genannten Voraussetzungen möglich. Aufgrund der während des Wehrdienstes stattfindenden Berufsausbildung (vgl. Tz. 1) stellen die Bemühungen des Kindes um eine Einstellung gleichzeitig Bemühungen um einen Ausbildungsplatz i. S. des A 16 DA-KG 2014 dar. Als Nachweis i. S. des A 16 Abs. 2 Satz 4 DA-KG 2014 kommt insbesondere die Bewerbung für einen Wehrdienst (auch freiwilligen Wehrdienst) in Betracht.
4. Übergangszeit
4.1 Anspruchszeiträume vor dem
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F. besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Daraus folgt, dass auch der Beginn eines Wehrdienstes eine Übergangszeit begründen kann, da dieser regelmäßig mit einem Ausbildungsabschnitt beginnt. Zeiträume zwischen dem Ende des Wehrdienstes (auch des freiwilligen Wehrdienstes) begründen dagegen grundsätzlich keine Übergangszeit. Der Beginn einer Übergangszeit ist an den Beginn bzw. das Ende der Ausbildungsmaßnahme geknüpft.
4.2 Anspruchszeiträume nach dem
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i. d. F. des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2014 I S. 2417) besteht ein Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn das Kind sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und dem freiwilligen Wehrdienst i. S. des § 58b Soldatengesetz befindet. Eine Übergangszeit kann daher sowohl vor Beginn des freiwilligen Wehrdienstes als auch nach seiner Beendigung begründet werden. Die Berücksichtigung einer Übergangszeit nach Beendigung des Dienstes gilt ausschließlich für den freiwilligen Wehrdienst.
Befindet sich ein Kind in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem in 2014 beendeten freiwilligen Wehrdienst und einem in 2015 begonnenen Ausbildungsabschnitt, kommt eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nur für die in 2015 liegenden Monate in Betracht. Für die Zeiträume in 2014 ist zu prüfen, ob das Kind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfüllt.
Das Kind beendet den freiwilligen Wehrdienst am und beginnt am eine Berufsausbildung.
Zwischen Beendigung des freiwilligen Wehrdienstes und Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts liegen nicht mehr als vier Monate. Daher sind die Anspruchsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für die Monate Januar und Februar 2015 erfüllt. Ab März 2015 wird das Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt. Für die Monate November und Dezember 2014 liegen die Anspruchsvoraussetzungen nicht vor, da das Gesetz erst zum in Kraft getreten ist.
Befindet sich ein Kind hingegen in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen einem in 2014 beendeten Ausbildungsabschnitt und einem in 2015 begonnenen freiwilligen Wehrdienst, kommt eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG auch für die in 2014 liegenden Monate in Betracht, da zu Beginn des Wehrdienstes ein Ausbildungsabschnitt stattfindet (vgl. Tz. 4.1).
5. Anwendung
Die Regelung ist auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden. Von der Regelung betroffene anhängige (auch bisher ruhende) Einspruchsverfahren sind durch Abhilfe zu erledigen, sofern die Anspruchsvoraussetzungen nach den oben genannten Grundsätzen erfüllt sind. Ist ein Kindergeldanspruch weiterhin zu verneinen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 AO erfüllt sind. Andernfalls ist über die Einsprüche zeitnah zu entscheiden.
In bei den Finanzgerichten oder beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren ist ebenfalls ein Abhilfebescheid zu erlassen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
BZSt v. - St II 2 -
S 2282-PB/15/00001
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2015 I Seite 254
RAAAE-89751
1 BStBl 2015 I S. 58