Instanzenzug: S 2 R 180/12
Gründe:
1In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin seit dem aufgrund (abhängiger) Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
2Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
3Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
4Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom auf alle drei Zulassungsgründe.
51. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
6Die Klägerin formuliert auf Seite 2 der Beschwerdebegründung, die Entscheidung des LSG beruhe auf der "Rechtsfrage",
"ob Minderheitengesellschafter einer Konzermuttergesellschaft, die Geschäftsführer eines Konzernunternehmens in Deutschland für eine Tochtergesellschaft als Geschäftsführer tätig sind und
- von denen die Muttergesellschaft und alle Konzerngesellschaften faktisch abhängig sind und
- die selbstschuldnerische Bürgschaften für den Konzern in Millionenhöhe abgegeben haben,
- die keinen Weisungen hinsichtlich Zeit und Ort der Arbeitsleistung unterworfen sind,
- die sich mit ihren Mitgeschäftsführern nicht abstimmen müssen, sondern alle Entscheidungen allein und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB treffen können,
- denen im Dienstvertrag zugestanden ist, dass sie wegen ihrer besonderen Branchenkenntnis keinem Weisungsrecht der Gesellschafter unterliegen,
- die zusätzlich ein dienstvertragliches Vetorecht in der Gesellschafterversammlung in einem nicht notariellen Abänderungsvertrag zum Dienstvertrag eingeräumt bekommen
- die das Recht haben, auch andere Tätigkeiten neben Funktion als Geschäftsführer der Holding auszuüben,
der Sozialversicherungspflicht unterliegen."
7Das LSG gehe offensichtlich davon aus, dass die Rechtsmacht der geschlossenen Verträge höher wirke, als die faktischen Verhältnisse in der Gesellschaft. Die "Rechtsfrage" sei klärungsbedürftig, weil sie "in dieser Form und mit diesen Fallbesonderheiten" höchstrichterlich noch nicht entschieden sei und sich nicht aus dem Gesetz heraus beantworten lasse. Vielmehr werfe der unbestimmte Rechtsbegriff der "abhängigen Beschäftigung" Auslegungsfragen und Auslegungszweifel auf. Die Frage sei auch klärungsfähig, weil das angefochtene Urteil auf der vorstehend dargestellten Rechtsauffassung des LSG beruhe. Wäre das LSG nicht von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1. ausgegangen, so hätte es die Sozialversicherungspflicht verneint und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
8Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon im Ansatz nicht. Denn die Klägerin formuliert bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht - (vgl allgemein - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; - BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Im Kern und der Sache nach zielen die Aufführungen der Klägerin (nur) auf die Frage nach der zutreffenden Subsumtion eines bestimmten - in der formulierten Frage ausführlich beschriebenen - Lebenssachverhalts unter von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte abstrakte Kriterien und Zuordnungsmerkmale zur Abgrenzung von abhängiger, zur Versicherungspflicht führender "Beschäftigung" iS von § 7 SGB IV einerseits und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit andererseits durch das LSG. Damit geht das Vorbringen der Klägerin nicht über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge hinaus.
92. Sofern die Klägerin eine Abweichung des LSG vom - BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8) geltend macht, hat sie auch die Darlegungsvoraussetzungen für eine Divergenzrüge im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht ansatzweise erfüllt (vgl zu den Anforderungen exemplarisch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN). Es fehlt bereits an der Wiedergabe eines abstrakten Rechtssatzes aus der angegriffenen Berufungsentscheidung. Mit ihrem Vortrag, die Entscheidung des LSG stehe "im Widerspruch" zu den die Voraussetzungen persönlicher Abhängigkeit betreffenden Ausführungen des weil nach den Umständen des Einzelfalls kein Weisungsrecht bestehe, rügt sie wiederum lediglich die - vermeintlich - unrichtige Rechtsanwendung bezogen auf ihren konkreten Fall, worauf aber die Beschwerde nicht zulässig gestützt werden kann.
103. Schließlich werden die Zulässigkeitsanforderungen von der Klägerin auch verfehlt, soweit sie ihre Beschwerde mit Verfahrensmängeln begründet. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils im Sinne einer für den Beschwerdeführer günstigen Entscheidung besteht (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 mwN). Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33).
11a) Soweit die Klägerin auf den Seiten 4 bis 9 der Beschwerdebegründung in vier Unterpunkten gegliedert darlegt, das LSG habe "den dargestellten und letztlich auch unstreitigen Sachverhalt falsch gewürdigt" bzw "die Merkmale falsch gewürdigt, die für eine selbständige Tätigkeit und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen" und zu dem Schluss gelangt, "bei einer derartigen Bündelung von mindestens zehn Indizien, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, überwiegen ... die Indizien, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen", benennt sie - anders als erforderlich - bereits keine Norm oder Regel des Verfahrensrechts, gegen die das LSG hierdurch verstoßen haben könnte. Allenfalls käme insoweit die Rüge eines Verstoßes gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG in Betracht, jedoch kann die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG hierauf nicht gestützt werden. Letztendlich setzt die Klägerin allein ihre rechtliche Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des LSG, was wiederum auf eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge hinausläuft.
12b) Daneben rügt die Klägerin auf Seite 6/7 der Beschwerdebegründung, "dass das Landessozialgericht nicht den Sachverhalt richtig aufgeklärt hat". Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels kann auf eine hiermit sinngemäß gerügte Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) jedoch gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn diese sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das - auch von der Klägerin eingeräumte - Fehlen eines solchen Beweisantrags kann auch nicht durch den pauschalen Bezug auf die gerichtliche Hinweispflicht ersetzt werden. Soweit hiermit sinngemäß auch die Rüge der Verletzung dieser Hinweispflicht erhoben wird, hätte es der Darlegung bedurft, woraus sich nach der zutreffenden gesetzlichen Regelung (§ 106 SGG, vgl BSG SozR Nr 21 zu § 103 SGG), den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen und den Umständen des Falles auf Grundlage der Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33) eine Verpflichtung zu einem dem konkreten Inhalt nach zu benennenden Hinweis ergeben hätte. Auch dies versäumt die Klägerin.
134. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen, § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG.
145. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
156. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.
Fundstelle(n):
FAAAE-89139