Instanzenzug: S 21 KR 64/11
Gründe:
I
1Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten einer Protonentherapie (18.987,45 Euro) zur Behandlung eines Prostatakarzinoms in der Zeit vom 18.5. bis im R. Center (RPTC) bei der Chirurgischen Klinik Dr. R. (CKR) in M. bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V scheitere daran, dass der Kläger im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keinen Anspruch auf die Sachleistung gehabt habe. Die Therapie sei nicht als voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt worden. Die Voraussetzungen einer ambulanten Krankenhausbehandlung gemäß § 116b SGB V in der bis zum geltenden Fassung seien nicht gegeben, weil die CKR bzw das RPTC im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes nicht dazu bestimmt worden seien. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus dem Rahmenvertrag zur Versorgung mit Protonentherapie vom zwischen der RPTC, der CKR und dem BKK Landesverband Bayern. Hieran ändere auch die erst zum erfolgte Fusion der Beklagten und der - einzelvertraglich an den Rahmenvertrag gebundenen - BKK Gesundheit nichts. Die Beklagte sei auch nicht zur Gewährung der Leistung als ambulante vertragsärztliche Behandlungsmaßnahme verpflichtet. Die im RPTC tätigen Ärzte seien nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und könnten somit keine ambulanten Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbringen. Zudem sei die Therapie nicht von der Leistungspflicht der GKV umfasst, weil der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V keine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Eine Situation, in der es ausnahmsweise keiner derartigen Empfehlung bedürfe (Seltenheitsfall, Systemversagen), liege nicht vor. Auch eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts führe nicht zum Erfolg, weil eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Behandlung eines metastasierenden Prostatakarzinoms zur Verfügung gestanden habe (Urteil vom ).
2Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
3Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 Abs 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
41. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB - Juris RdNr 6). Soweit der Kläger eine Abweichung zum (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) geltend macht, bezeichnet er schon keine entscheidungstragenden abstrakten Rechtssätze des BVerfG oder LSG. Er behauptet nur, dass das LSG die vom BVerfG aufgestellten Vorgaben nicht beachtet habe. Dies genügt nicht den Anforderungen an die Bezeichnung einer Divergenz. Eine Divergenz liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat; nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67, s ferner - RdNr 8). Soweit der Kläger daneben geltend macht, dass das LSG im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts auch von der Rechtsprechung des ER) abgewichen sei, macht er schon keine Divergenz zu einer höchstrichterlichen Entscheidung geltend.
52. Der Kläger bezeichnet auch einen Verfahrensfehler nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), muss die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen, um den Verfahrensmangel zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 S 3 SGG; vgl hierzu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
6a) Der Kläger rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht hinreichend dar. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag (zur ausreichenden Wiedergabe nicht protokollierter Beweisanträge in den Urteilsgründen vgl - RdNr 5 mwN) bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB - RdNr 5 mwN; - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu - Juris RdNr 5; - RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Der Kläger legt nicht dar, dass er einen förmlichen Beweisantrag vor oder in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellt hat.
7b) Der Kläger bezeichnet auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht ausreichend (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK). Sein Vortrag, das Gericht könne sich bei seiner Entscheidung nicht darauf berufen, dass er zu "einzelnen Punkten nichts vorgetragen" habe, zeigt eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht schlüssig auf. Es ist nicht erkennbar und wird vom Kläger auch nicht dargetan, inwiefern sich das LSG überhaupt auf fehlenden Vortrag berufen haben soll. Er legt auch nicht dar, an welchem konkreten Vortrag er gehindert war, den das Gericht "für entscheidungserheblich gehalten hätte", oder zu welchen Tatsachen das LSG ihn hätte persönlich anhören müssen. Im Kern macht er auch insoweit lediglich eine unterlassene Amtsermittlung zu den Nebenwirkungen allgemein anerkannter, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen zur Behandlung eines metastasierenden Prostatakarzinoms durch das LSG geltend. Ein Verstoß gegen § 103 SGG ist aber - wie dargelegt (dazu II 2.a) - nicht ausreichend bezeichnet.
83. Soweit der Kläger schließlich einen Verstoß gegen Art 3 GG rügt, wird schon nicht deutlich, ob und ggf welchen Zulassungsgrund er damit darlegen will.
94. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
105. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstelle(n):
DAAAE-87550