Anordnung der gerichtlichen Verwaltung für ein zwangsversteigertes Grundstück: Zahlungsschuldner für die Verwaltervergütung
Leitsatz
Wird nach der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bis zur Zahlung des Meistgebots durch den Ersteher auf Antrag eines Gläubigers die gerichtliche Verwaltung angeordnet, steht dem Verwalter ein Vergütungsanspruch nur gegen den Ersteher und nicht auch gegen den antragstellenden Gläubiger zu.
Gesetze: § 94 Abs 1 S 1 ZVG
Instanzenzug: LG Heilbronn Az: 6 S 4/14 Bmvorgehend AG Besigheim Az: 3 C 504/13
Tatbestand
1Die Beklagte beantragte als Miteigentümerin zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft bei dem Amtsgericht Heilbronn die Zwangsversteigerung eines in Lauffen/Neckar gelegenen Grundstücks. Im Versteigerungstermin vom wurde den Erstehern B. und F. , die das Meistgebot abgegeben hatten, der Zuschlag erteilt.
2Auf Antrag der Beklagten wurde das Grundstück am bis zur Begleichung des Bargebots in gerichtliche Verwaltung genommen und der Kläger zum Verwalter bestellt. Den von dem Amtsgericht angeforderten Kostenvorschuss in Höhe von 1.000 € zahlte die Beklagte nicht ein. Nach Entrichtung des Meistgebots und Verteilung des Versteigerungserlöses wurde die gerichtliche Verwaltung am aufgehoben. Das Amtsgericht setzte die Vergütung des Klägers auf 784,40 € fest.
3Der Kläger nimmt, nachdem die Verwaltung ohne Erträge blieb, die Beklagte auf Zahlung seiner Vergütung in Anspruch. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
4Die Revision ist nicht begründet.
I.
5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6Nach dem Wortlaut des § 94 Abs. 1 ZVG erfolge die Sicherungsverwaltung für Rechnung des Erstehers. Die Regelung gebe dem Verwalter auch bei ertragsloser Verwaltung für seine Verwaltervergütung nur einen Erstattungsanspruch gegen den Ersteher. Da mit dem Zuschlag alle Nutzungen, Lasten und Verpflichtungen auf den Ersteher übergingen und der Verwalter seine Vergütung aus den erzielten Erträgen zu Lasten des Erstehers entnehmen dürfe, bestehe kein vernünftiger Grund, warum bei einer ertragslosen Verwaltung ein Anspruch des Verwalters gegen den Gläubiger eingreifen solle.
7Auch der Vergleich mit einem "normalen" Zwangsverwaltungsverfahren führe zu keinem anderen Ergebnis. Dort stünden im Unterschied zu einer Sicherungsverwaltung die bis zum Zuschlag aus der Zwangsverwaltung gezogenen Nutzungen und Erträgnisse dem beitreibenden Gläubiger zu. Für die Kosten dieser normalen Zwangsvollstreckungsmaßnahme habe zunächst der Gläubiger aufzukommen, könne aber gemäß § 788 ZPO von dem Schuldner Ersatz verlangen. Diese Möglichkeit scheide für den eine Sicherungsverwaltung beantragenden Gläubiger aus, weil es sich bei dem Ersteher nicht um den Schuldner des Gläubigers im Sinne von § 788 ZPO handele.
8Aus der Möglichkeit der Vorschussanforderung gegenüber dem die gerichtliche Verwaltung beantragenden Gläubiger ergebe sich kein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Verwalters. Für die Anforderung des Vorschusses sei nach Aufhebung des gerichtlichen Verwaltungsverfahrens kein Raum mehr.
II.
9Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung stand. Dem Kläger steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG, wonach die gerichtliche Verwaltung "für Rechnung des Erstehers" stattfindet, ein Vergütungsanspruch ausschließlich gegen die Ersteher des versteigerten Grundstücks, aber nicht gegen die Beklagte als Antragstellerin zu.
101. Die gerichtliche Zwangsverwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG dient dem Zweck, rechtliche und tatsächliche Verfügungen des Erstehers über das ersteigerte Grundstück im Interesse der Gläubiger vor Zahlung oder Hinterlegung des baren Meistgebots zu verhindern (Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 94 Rn. 2.1).
11a) Mit dem Zuschlag wird der Ersteher schon vor Zahlung des Meistgebots gemäß § 90 Abs. 1 und 2 ZVG Eigentümer des Grundstücks und aller mitversteigerten Gegenstände. Zu Verfügungen über grundbuchmäßige Rechte an dem Grundstück ist der Ersteher aufgrund der Regelung des § 130 Abs. 3 ZVG erst nach seiner Eintragung in das Grundbuch berechtigt. Da die Eintragung gemäß § 130 Abs. 1 ZVG im Anschluss an die Ausführung des Teilungsplans erfolgt, sind die Gläubiger dagegen gesichert, dass der Ersteher vor Entrichtung des baren Meistgebots ihnen nachteilige grundbuchrechtliche Verfügungen trifft (Denkschrift zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, S. 56 in Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 5, 1897, Neudruck 1983; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 94 Rn. 1; Steiner/Eickmann, ZVG, 9. Aufl., § 94 Rn. 1; Löhnig/Cranshaw, ZVG, 2010, § 94 Rn. 2).
12b) Allerdings kann der Ersteher bereits vor seiner Eintragung in das Grundbuch Nutzungen aus dem Grundstück ziehen und über mitversteigerte Gegenstände verfügen.
13aa) Infolge des Zuschlags rückt der Ersteher als Eigentümer des Grundstücks in bestehende Miet- und Pachtverhältnisse ein (§ 566 BGB, § 57 ZVG). Darum kann er noch vor Berichtigung des baren Meistgebots Miet- und Pachtverträge kündigen. Ferner ist er berechtigt, Miet- und Pachtzahlungen geltend zu machen (Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 1).
14bb) Außerdem kann sich der Ersteher vor Begleichung des Meistgebots auf der Grundlage des in § 93 Abs. 1 Satz 1 ZVG verkörperten Vollstreckungstitels den Besitz des ersteigerten Grundstücks verschaffen (Denkschrift zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, aaO; Steiner/Eickmann, aaO). Als Besitzer ist er imstande, über nicht wesentliche Bestandteile und Zubehör des Grundstücks rechtswirksam zu verfügen (Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 3). Überdies kann der Ersteher sogenannte "tatsächliche Verfügungen" (Denkschrift zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, aaO) treffen, indem er Bodenbestandteile des Grundstücks ausbeutet oder an Grundstücksgebäuden bauliche Veränderungen bis hin zu einem Abriss tätigt (Jaeckel/Güthe, aaO; Steiner/Eickmann, aaO; Löhnig/Cranshaw, aaO; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, 14. Aufl., § 94 Rn. 1; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., Rn. 1044).
15c) Vor diesem Hintergrund besteht die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass der Ersteher auf Grundstückswerte zugreift, ohne anschließend das Meistgebot zu entrichten (Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 1; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, aaO; Depré/Mayer, aaO). Dies kann dazu führen, dass ein wirtschaftlich völlig entwertetes Grundstück zur Wiederversteigerung gelangt (Dassler/Schiffhauer/Hintzen, aaO; Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 3). Aus diesen Erwägungen hat bereits der historische Gesetzgeber ein berechtigtes Interesse der Gläubiger anerkannt, dass dem Ersteher das Grundstück nur gegen Zahlung herausgegeben wird (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 1889, S. 271).
16d) Um dem Ersteher vor Entrichtung des Meistgebots den Besitz zu verwehren, ist das Grundstück gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG auf Antrag eines Beteiligten für Rechnung des Erstehers bis zur Begleichung des Meistgebots in gerichtliche Verwaltung zu nehmen (Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 1; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, aaO). Eine Anordnung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG begründet keine Zwangsverwaltung, sondern beschränkt sich als gegen den Ersteher gerichtete Verwaltung (Depré/Mayer, aaO Rn. 1045) auf eine Sicherungsmaßregel (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, S. 271 f). Ihr Zweck erschöpft sich darin, das Grundstück einschließlich des mitversteigerten Zubehörs vorläufig zu sichern und in dem zum Zeitpunkt des Zuschlags gegebenen Zustand zu erhalten (RGZ 86, 187, 189; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 94 Rn. 7; Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 5). Ein über die Kosten der Verwaltung hinausgehender Überschuss steht dem Ersteher als Eigentümer des Grundstücks zu, weil die gerichtliche Verwaltung nach § 94 ZVG keine gegen den Ersteher gerichtete Zwangsverwaltung bildet (Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 24).
172. Da die Sicherungsverwaltung nachteilige Einwirkungen des Erstehers auf das Grundstück verhindern soll und diesem die Erträge der Verwaltung zufließen, ist es sachgerecht, gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG allein den Ersteher mit den dadurch entstehenden Kosten zu belasten. Mithin kann der Kläger nicht von der Beklagten als Antragstellerin der Sicherungsmaßregel die Vergütung für seine Verwaltungstätigkeit beanspruchen.
18a) Das Gericht kann die Anordnung der gerichtlichen Verwaltung gemäß § 161 Abs. 3, § 94 Abs. 2 ZVG von der Zahlung eines Vorschusses durch den Antragsteller abhängig machen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann das Gericht von der Maßnahme absehen oder eine angeordnete Verwaltung aufheben (vgl. , WM 2004, 1590, 1591 f; Jaeckel/Güthe, aaO Rn. 6; Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 20; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, aaO § 94 Rn. 13, 15; Steiner/Eickmann, ZVG, 9. Aufl., § 94 Rn. 19; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., Rn. 1061). Ordnet das Gericht die Verwaltung - wie im Streitfall - ungeachtet der unterbliebenen Vorschusszahlung an, findet eine (Ausfall-)Haftung des Antragstellers für die Vergütung des Verwalters mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht statt.
19b) Der Tatbestand des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG gestattet nicht, den Antragsteller mit den Kosten der Vergütung des Verwalters zu belasten. Erfolgt die Verwaltung nach dem Wortlaut des Gesetzes "für Rechnung des Erstehers", hat allein dieser die Verwaltervergütung zu begleichen. Ein Anspruch gegen sonstige an dem Versteigerungsverfahren Beteiligte einschließlich der Beklagten als Antragstellerin der Maßregel scheidet darum aus.
20aa) Schon der historische Gesetzgeber hat darauf hingewiesen, dass die Verwaltung auf Rechnung des Erstehers geschieht, weil dieser durch den Zuschlag Eigentümer des Grundstücks geworden ist (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 1889, S. 271). Der Eigentumserwerb bildet die rechtliche Grundlage für die Ausübung der Eigentümerrechte sowohl durch den Verwalter als auch den Ersteher selbst (RGZ 86, 187, 189).
21bb) Da der Ersteher Eigentümer des Grundstücks geworden ist, gebühren ihm die von dem Verwalter erwirtschafteten Erträge (Jaeckel/Güthe, aaO § 94 Rn. 7; Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 24; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 94 Rn. 3.3 a.E.), von denen der Verwalter seine Vergütung in Abzug bringen darf (Jaeckel/Güthe, aaO; Löhnig/Cranshaw, aaO). Kommen dem Ersteher die Erträge der Verwaltung zugute, ist es folgerichtig, allein ihm auf der Grundlage des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG die Kosten der gerichtlichen Verwaltung aufzuerlegen (Jaeckel/Güthe, aaO; Steiner/Eickmann, aaO § 94 Rn. 18; Löhnig/Cranshaw, aaO § 94 Rn. 20; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 94 Rn. 4.3; Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 94 Rn. 7; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, aaO § 94 Rn. 13; Brandau/Stroh, IGZInfo 2013, 120, 125; Drasdo, NZI 2014, 846, 850; in diesem Sinne auch RGZ 86, 187, 189, 191; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 1100, 1101 a.E.; aA Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 7. Aufl., Rn. 1059; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, 13. Aufl., § 94 Rn. 13 zu Unrecht unter Hinweis auf RGZ 86, 187; wohl auch LG Essen IGZInfo 2013, 158, das eine subsidiäre Haftung des Gläubigers befürwortet).
22cc) Der Ausschluss einer Kostentragungspflicht des Antragstellers führt weder für den Verwalter noch für den Ersteher zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung.
23(1) Der Verwalter kann zur Wahrung seiner Interessen die Übernahme des Amtes von einer Vorschusszahlung seitens des Antragstellers abhängig machen und damit sein Ausfallrisiko wirksam begrenzen (vgl. , WM 2010, 364 Rn. 9). Von dem Antragsteller, der sich nur eines gesetzlich geregelten gerichtlichen Verfahrens bedient, kann angesichts der eindeutigen Vorschrift des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG nicht verlangt werden, dem Vergütungsinteresse des Verwalters zu entsprechen (vgl. BGH, aaO). Vielmehr billigt § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG dem Verwalter einen Vergütungsanspruch ausschließlich gegen den Ersteher zu. Dieser Anspruch dürfte durchsetzbar sein, wenn der Ersteher - wie im Streitfall - durch Begleichung des baren Meistgebots die Aufhebung der Anordnung erwirkt hat.
24(2) Für den Ersteher ist es hinnehmbar, als Nutznießer der gerichtlichen Verwaltung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG ihre Kosten zu übernehmen. Auch wenn die Verwaltung - wie hier - im Einzelfall keine die Kosten deckenden Erträge abwirft, liegt eine unzumutbare Belastung nicht vor, weil der Ersteher imstande ist, die Verwaltung jederzeit durch Zahlung oder Hinterlegung des Meistgebots zu beseitigen (vgl. RGZ 86, 187, 189). Durch diese Möglichkeit ist der Ersteher auch wirksam dagegen geschützt, dass die gerichtliche Verwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG durch einen ohne sachlichen Grund ihm gegenüber besonders misstrauischen Beteiligten (vgl. Depré/Mayer, aaO Rn. 1062) beantragt wird.
III.
25Zugunsten des Klägers greifen auch keine weiteren Anspruchsgrundlagen ein.
261. Ein Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte kann nicht aus § 675 BGB hergeleitet werden.
27Der Vergütungsanspruch des Geschäftsbesorgers setzt einen Vertrag mit dem Auftraggeber voraus. Durch den Antrag auf gerichtliche Verwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG werden indessen keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Antragsteller und dem Verwalter geknüpft. Vielmehr ist der Verwalter nur dem Gericht zu einer sorgfältigen Amtsführung verpflichtet (vgl. , WM 2010, 364 Rn. 8).
282. Auch für eine analoge Anwendung der §§ 675, 612, 632 BGB (vgl. , BGHZ 157, 370, 375 betreffend den vorläufigen Insolvenzverwalter) ist zu Lasten der Beklagten kein Raum, weil es an einer Gesetzeslücke als Grundvoraussetzung jeder Analogie fehlt.
29a) Eine Analogie zu § 675 BGB wurde in der Vergangenheit für den Vergütungsanspruch des Verwalters im ordentlichen Zwangsverwaltungsverfahren erwogen (OLG Marienwerder, OLGE 22 [1911], 414). Ein Rückgriff auf diese Vorschrift ist jedoch entbehrlich. Der Zwangsverwalter kann den beitreibenden Gläubiger bereits unmittelbar aus § 152a, 153 Abs. 1 Halbs. 1, § 155 Abs. 1 und 3, § 161 Abs. 3 ZVG in Anspruch nehmen, falls die verwaltete Masse zur Deckung seines Anspruchs auf Vergütung und Auslagenersatz nicht ausreicht (, WM 2004, 1590, 1591 mwN).
30b) Scheidet im ordentlichen Zwangsverwaltungsverfahren wegen des abschließenden Charakters der gesetzlichen Regelung eine analoge Anwendung des § 675 BGB aus, hat dies auch für die gerichtliche Verwaltung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu gelten. Darum hat es bei der Anordnung des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu verbleiben, der zufolge allein der Ersteher die Kosten der gerichtlichen Verwaltung zu tragen hat.
31(1) Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (, BGHZ 184, 101 Rn. 32; Beschluss vom - II ZB 4/14, WM 2014, 2167 Rn. 12). Sofern es an einer ungewollten Gesetzeslücke fehlt, ist ein Analogieschluss nicht möglich (vgl. , BGHZ 157, 370, 374).
32(2) Die Vorschrift des § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG verleiht dem Verwalter ausschließlich gegen den Ersteher des Grundstücks eine Vergütungsforderung. Wirtschaftlich geht die Vergütung des gerichtlichen Verwalters somit allein zu Lasten des Erstehers (vgl. , WM 2004, 1590, 1591). Ansprüche gegen dritte Personen sind dem Verwalter nach dem Willen des Gesetzes versagt. Die Anspruchsbeschränkung auf den Ersteher beruht auf der Erkenntnis, dass der gerichtliche Verwalter seine Leistungen in erster Linie für den Ersteher erbringt, weil dieser mit dem Zuschlag Eigentümer des Grundstücks geworden ist und ihm von dem Verwalter erwirtschaftete Erträge zugutekommen (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 1889, S. 271). Die Dienste des gerichtlichen Verwalters begünstigen den Antragsteller infolge des Zwecks der Maßnahme, den Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt des Zuschlags zu erhalten, nur mittelbar. Diese Reflexwirkung rechtfertigt nicht, den Antragsteller im Wege eines Analogieschlusses mit den Kosten zu belegen (vgl. aaO S. 375).
333. Aus den vorstehenden Erwägungen scheidet auch ein Anspruch des Klägers auf der Grundlage der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 677, 678, 683 BGB) gegen die Beklagte aus.
34Im Anwendungsbereich gesetzlicher Sonderregeln sind die Vorschriften der §§ 677 ff BGB ausgeschlossen (Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, 3. Aufl., § 677 Rn. 22). Im Blick auf die Vergütung des gesetzlichen Verwalters trifft § 94 Abs. 1 Satz 1 ZVG eine abschließende Regelung. Mithin kommt ein Rückgriff auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht.
IV.
35Da sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend erweist, ist die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
<Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Berichtigungsbeschluss vom ist in den Urteilstext eingearbeitet worden.>
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2015 S. 8 Nr. 15
NJW-RR 2015 S. 629 Nr. 10
WM 2015 S. 684 Nr. 14
ZIP 2015 S. 894 Nr. 18
XAAAE-87513