BFH Beschluss v. - X B 117/14

Voraussetzungen der Unvereinbarkeit von DDR-Steuerbescheiden mit rechtsstaatlichen Grundsätzen i.S. des Art. 19 Satz 2 Einigungsvertrag bereits geklärt

Gesetze: AO § 37 Abs. 2, AO § 125 Abs. 1, Einigungsvertrag Art. 19 Satz 2, FGO § 76 Abs. 2, FGO § 92 Abs. 2, FGO § 105 Abs. 2 Nr. 4, FGO § 105 Abs. 5, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 119 Nr. 1, FGO § 155, VermG § 1 Abs. 7, ZPO § 239, ZPO § 250

Instanzenzug: ,

Gründe

1 I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Erben des während des finanzgerichtlichen Verfahrens im Alter von 79 Jahren verstorbenen ehemaligen Klägers X. Die Kläger haben das Verfahren als Gesamtrechtsnachfolger des X aufgenommen und setzen es gemeinschaftlich fort (§ 155 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO— i.V.m. §§ 239 Abs. 1, 250 der Zivilprozessordnung).

2 X war in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bis 1976 als . tätig. Daneben betätigte er sich als Sammler von Kunstgegenständen, wobei er u.a. in diesem Zusammenhang als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zur Beobachtung des privaten Kunsthandels eingesetzt wurde. Aufgrund seiner Aktivitäten als Kunstsammler bzw. —nach damals von den DDR-Behörden vertretener Auffassung— Kunsthändler wurden gegen X seit 1975 Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung geführt. Diese mündeten in seine Verhaftung und die Beschlagnahme der bei ihm aufgefundenen Kunstgegenstände. Ende 1976 wurde X letztinstanzlich wegen „Steuerverkürzung”, Urkundenfälschung sowie weiteren Zoll- und Devisendelikten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und einer Geldstrafe von 100.000 Mark der DDR (M) verurteilt. Außerdem verpflichtete ihn das Gericht aufgrund zoll- und devisenrechtlicher Vorschriften zur Zahlung eines Gegenwerts von 317.860,50 M. Aufgrund einer Amnestie wurde X vorzeitig aus der Strafhaft entlassen. In steuerlicher Hinsicht hatte der Magistrat von Berlin bereits zuvor die Besteuerungsgrundlagen geschätzt und mit zusammengefasstem Bescheid vom für die Jahre 1969 bis 1975 sowie mit gesondertem Bescheid für das Jahr 1976 hinterzogene Steuern (Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe- und Vermögensteuer) in Höhe von 1.626.647 M bzw. 80.298 M festgesetzt, die im Nachgang noch reduziert wurden. Zudem wurde mit weiterem Bescheid vom für die Jahre 1978/79 Vermögensteuer in Höhe von 2.400 M gegen X festgesetzt.

3 Nachdem X nach der Haftentlassung seine Aktivitäten als Sammler bzw. An- und Verkäufer von Kunstgegenständen und Antiquitäten mit den ihm verbliebenen bzw. vor der Beschlagnahme ausgelagerten Stücken fortgesetzt hatte, kam es zu einem weiteren gegen ihn geführten Steuerstrafverfahren, das abermals zu seiner Verhaftung, zur Beschlagnahme aufgefundener Wertgegenstände und zu einer zweiten Verurteilung führte (mehrjährige Freiheitsstrafe sowie Geldstrafe). In der Folgezeit wurde X aus der Strafhaft unmittelbar in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) entlassen. Zuvor hatte der Magistrat von Berlin unter Zugrundelegung eines Hinterziehungssachverhalts mit gesonderten (Schätz-)Bescheiden vom 29. November (richtig: Oktober) 1981 die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer des B für die Jahre 1980 und 1981 auf 585.669 M bzw. 181.071 M festgesetzt.

4 Die bei X beschlagnahmten Gegenstände wurden im Anschluss an das erste Strafverfahren teilweise zurückgegeben. Im Übrigen wurden sie zur Tilgung der staatlicherseits erhobenen Forderungen durch die DDR-Behörden verwertet.

5 Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung erreichte X die Aufhebung der gegen ihn ergangenen Strafurteile in von ihm angestrengten Rehabilitierungsverfahren. Mit Schreiben vom wandte er sich darüber hinaus gegen die vorgenannten Steuerbescheide des Magistrats von Berlin und beantragte, diese aufzuheben bzw. für nichtig zu erklären; zudem legte er vorsorglich Einspruch gegen die Bescheide ein. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) wies die Anträge nach Auswertung der X betreffenden, vom Landgericht Berlin —Rehabilitierungskammer— und vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) beigezogenen Akten als unbegründet zurück. Eine Aufhebung der angegriffenen Bescheide komme nicht in Betracht, da diese nach den von der Rechtsprechung insbesondere im (BFHE 177, 317, BStBl II 1995, 686) gemachten Vorgaben nicht „mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar” i.S. von Art. 19 Satz 2 des Einigungsvertrages —EinigVtr— (BGBl II 1990, 889) seien.

6 Einspruch und Klage blieben erfolglos.

7 II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil die Kläger die Voraussetzungen eines der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Revisionszulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt haben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

8 1. Hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) leidet die Beschwerdebegründung bereits daran, dass die Kläger —anders als vom BFH in ständiger Rechtsprechung gefordert— keine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausgestellt haben (s. dazu z.B. Senatsbeschluss vom X B 159/13, BFH/NV 2014, 1743, unter 1., m.w.N., sowie speziell im vorliegenden Kontext , BFH/NV 1996, 822). Außerdem setzen sie sich nicht näher mit der auf dem Grundsatzurteil des Senats in BFHE 177, 317, BStBl II 1995, 686 fußenden Judikatur auseinander, aufgrund deren die —vom FG zutreffend erkannten— rechtlichen Parameter zur Beurteilung der Unvereinbarkeit von DDR-Steuerbescheiden mit rechtsstaatlichen Grundsätzen i.S. von Art. 19 Satz 2 EinigVtr bereits geklärt und deshalb nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung sind (vgl. , BFH/NV 1996, 300; Senatsbeschlüsse vom X B 50/04, BFH/NV 2005, 166, und vom X B 96/09, BFH/NV 2010, 1459). Demgegenüber ist die auf die Anwendung dieser Maßstäbe im konkreten Einzelfall bezogene Kritik der Kläger als solche nicht geeignet, die Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung der Sache zu rechtfertigen (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom X B 223/13, BFH/NV 2015, 202, unter 4., m.w.N.).

9 2. Auch in Bezug auf die in § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geregelten Revisionszulassungsgründe wird die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen nicht gerecht.

10 a) Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO setzt voraus, dass über bisher ungeklärte Rechtsfragen „zur Fortbildung des Rechts” zu entscheiden ist. Dieser Zulassungsgrund konkretisiert den der Nr. 1, sodass insoweit die Darlegungsanforderungen zur grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO entsprechend gelten (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1743, unter 2., m.w.N.). Diese haben die Kläger jedoch, wie bereits unter II.1. ausgeführt, nicht beachtet.

11 b) Die schlüssige Darlegung einer Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) bedingt u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und der bzw. den behaupteten Divergenzentscheidung(en) andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 112, 113/13, BFH/NV 2014, 487, unter II.1., m.w.N.).

12 aa) Im Streitfall rügen die Kläger eine Abweichung der Entscheidung von dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1108 veröffentlichten sowie von „der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seit seiner Grundsatzentscheidung”.

13 (1) Dabei führt der Umstand, dass das FG Berlin durch Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom Staatsvertrag— (Gesetz- und Verordnungsblatt —GVBl— für Berlin 2004, 381; GVBl für das Land Brandenburg I 2004, 283) zum aufgelöst worden ist, für sich gesehen noch nicht zur Unzulässigkeit der Divergenzrüge. Denn die vormaligen FG Berlin und Brandenburg wurden aufgrund Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Staatsvertrag zum gemeinsamen FG Berlin-Brandenburg vereinigt, bei dem es sich mithin institutionell um den Rechtsnachfolger der FG beider Landesgerichtsbarkeiten handelt (vgl. auch , BFH/NV 2006, Beilage 4, 493, unter III.2.b aa). Der Sache nach entspricht die hier vorliegende Fusion zweier FG damit der Konstellation, dass das angefochtene Urteil von einem Spruchkörper desselben FG abweicht. Für diesen Fall ist aber bereits höchstrichterlich entschieden, dass zur Wahrung der Rechtseinheit auch derartige Binnendivergenzen dem Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO unterfallen (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom X B 91/14, unter 2., www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen, Datum der Veröffentlichung: ; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 174; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 67, jeweils m.w.N.).

14 (2) Allerdings mangelt es der Beschwerdebegründung an der bei der Geltendmachung des Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gebotenen Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze. Dies betrifft bereits das angefochtene FG-Urteil, aus dem die Kläger keinen solchen Rechtssatz ableiten, sondern vielmehr allein die konkrete tatrichterliche Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung in Frage stellen. Die in Bezug auf die Entscheidungen des FG Berlin in EFG 2004, 1108 und —nachgehend— des BFH in BFH/NV 2005, 166 erhobene Rüge, das FG sei willkürlich von der „einhelligen finanzgerichtlichen Rechtsprechung” abgewichen, wonach in Fällen der vorliegenden Art („DDR-Raubkunst”) generell „die Aufhebungsreife vermutet bzw. als indiziert betrachtet” werde, ist zu unpräzise. Zwar hat der Senat in BFHE 177, 317, BStBl II 1995, 686 (unter 4.a) ausgesprochen, dass jedenfalls solche Verwaltungsakte „mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar” i.S. von Art. 19 Satz 2 EinigVtr sind, die einen Bezug zu einer alltäglichen sozialistischen „Gesetzlichkeit” nicht mehr erkennen lassen, weil sie in verfahrens- wie materiell-rechtlicher Hinsicht das Willkürverbot verletzen und/oder gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Solches ist vor allem dann anzunehmen, wenn ein Steuerbescheid an schwerwiegenden Rechtsfehlern leidet und konkrete Umstände des Einzelfalls die Annahme einer politisch-sachwidrigen Motivation der DDR-Behörden, mithin einen Missbrauch des Steuerrechts zu sachwidrigen Zwecken, nahelegen.

15 Gerade davon hat sich das FG hier aber nach umfassender Würdigung sämtlicher den Streitfall ausmachender Umstände auf tatsächlicher Ebene nicht überzeugen können. Dabei hat es sich insbesondere auch mit dem klägerischen Sachvortrag im Einzelnen auseinandergesetzt und diesen —anders als in dem der Entscheidung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 2/13 (unter B.I.2.b, nicht veröffentlicht) zugrunde liegenden Fall, auf den die Kläger Bezug nehmen— nicht allein unter Hinweis auf die von der BStU übermittelten Unterlagen zurückgewiesen. Die tatrichterliche Überzeugung von einer missbräuchlichen Steuerrechtshandhabung im vorgenannten Sinne wäre nach der Senatsrechtsprechung aber erforderlich gewesen, um —in einem zweiten Schritt— zugunsten der Kläger zu einer (widerleglichen) Vermutung dahingehend zu gelangen, dass für die Besteuerung des X eine vor allem politisch motivierte Willkür tatsächlich ursächlich war bzw. die Steuerfestsetzung der „Verfolgung eines Andersdenkenden” diente (vgl. Senatsurteil in BFHE 177, 317, BStBl II 1995, 686, unter 4.a und 5.d).

16 Vor diesem Hintergrund ist keine gleichwie geartete Rechtsprechungsdivergenz des FG erkennbar.

17 (3) Dasselbe gilt für die in der Entscheidung des FG Berlin in EFG 2004, 1108 parallel zu Art. 19 Satz 2 EinigVtr angenommene Nichtigkeit des dort zu beurteilenden DDR-Steuerbescheids nach § 125 Abs. 1 der (bundesdeutschen) Abgabenordnung (AO). Denn ungeachtet dessen, dass das vom FG Berlin unter den Prämissen jenes Falls bejahte Eingreifen des selbständigen Aufhebungsgrundes in Art. 19 Satz 2 EinigVtr voraussetzt, dass die betroffene Verwaltungsentscheidung wirksam —also nicht nichtig— ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 177, 317, BStBl II 1995, 686, unter 2.; , BFH/NV 2005, 1507, unter II.2.), und die Anwendung des § 125 AO auf DDR-Steuerbescheide mit Blick auf Art. 97a § 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung ohnedies ausgeschlossen erscheint, konnte sich das FG hier nicht davon überzeugen, dass die X betreffenden Schätzbescheide evident willkürlich erlassen wurden (vgl. dazu Senatsurteil vom X R 42/12, BFH/NV 2015, 145, unter II.2.b bb, m.w.N.). Darauf kann eine Divergenzrüge nicht gestützt werden.

18 bb) Mit ihrem Hinweis auf den (NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht 1996, 19) zu den Anforderungen an die Tatsachenfeststellungen in Strafurteilen wegen Steuerhinterziehung machen die Kläger der Sache nach keine Rechtsprechungsdivergenz geltend. Stattdessen zielt ihr Vortrag auf eine vermeintliche Verletzung von § 105 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 FGO ab (s. dazu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 105 Rz 21, m.w.N.). Mit einer solchen, dem Revisionsrecht in Strafsachen entlehnten Darstellungsrüge können sie im Streitfall nicht gehört werden. Denn das finanzgerichtliche Verfahren unterliegt aufgrund der in § 105 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 FGO eröffneten Verweisungsmöglichkeiten anderen Vorgaben als das von der insoweit strengeren Bestimmung des § 267 der Strafprozessordnung geprägte Strafverfahren.

19 cc) Die auf die ablehnende Haltung des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands in Bezug auf eine vorzeitige Haftentlassung des X in die BRD im Jahre 1977 und den Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 1459 abhebende Divergenzrüge erschließt sich nicht.

20 dd) Im Übrigen ist auch kein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler des FG erkennbar, der die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung des BFH ausnahmsweise bei „greifbarer Gesetzwidrigkeit” der angefochtenen Entscheidung gestatten würde (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 95/13, BFH/NV 2014, 1355, unter 2.a, m.w.N.; s. im hiesigen Kontext auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 1459, unter 4.). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.

21 3. Schließlich sind auch die von den Klägern beanstandeten Verfahrensmängel nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden.

22 a) Die eingangs ihrer Ausführungen zum Vorliegen eines Revisionszulassungsgrunds nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO unter Bezugnahme auf die Senatsbeschlüsse vom X B 175/11 (BFH/NV 2013, 44) und vom X S 10/11 (PKH) (BFH/NV 2012, 50) erhobene Gehörsrüge ist unschlüssig. Denn ihrem knappen und bereits nach eigener Vorgabe („Unter anderem”) insgesamt unvollständig gehaltenen Vortrag lässt sich schon nicht entnehmen, ob bzw. inwieweit der ihres Erachtens „unberücksichtigt” gebliebene „Katalog” mit der ausweislich Seite 13 des FG-Urteils gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO zur Entscheidungsgrundlage gemachten „Auflistung vom ” übereinstimmt.

23 b) Dasselbe gilt für die von den Klägern erhobene Aufklärungsrüge, die sich „unter anderem” auf den „Tod des Bruders” des X bezieht. Unbeschadet der —ersichtlich nicht eingehaltenen— sonstigen Darlegungsanforderungen bei der Geltendmachung einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO (s. dazu etwa Senatsbeschluss vom X B 105/13, BFH/NV 2014, 1213, unter II.5.b, m.w.N.) geht aus dem Beschwerdevortrag insbesondere nicht hervor, inwieweit die steuerrechtliche Sachentscheidung im Streitfall davon (vom FG in seine Entscheidung miteinbezogen) abhängt, dass der Bruder des X respektive der Vater der Kläger im Jahre 1978 in . unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist.

24 Ebenfalls nicht nachvollziehbar in diesem Sinne ist die weitere, auf den (BFHE 228, 396, BStBl II 2011, 4) zum Konkurrenzverhältnis zwischen § 37 Abs. 2 AO und § 1 Abs. 7 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen gestützte Aufklärungsrüge. Die in dem dortigen Verfahren entscheidungsrelevante Frage nach der Rechtsgrundlage für die Erstattung von in der DDR gezahlten Steuern stellt sich erst im Nachgang zu einer —vom FA im Streitfall abgelehnten— Aufhebungsentscheidung nach Art. 19 Satz 2 EinigVtr.

25 c) Auch die von den Klägern erhobene Besetzungsrüge (§ 119 Nr. 1 FGO) ist unschlüssig (zusammenfassend Ruban, a.a.O., § 119 Rz 8, m.w.N.). Denn dem sich aus § 16 FGO ergebenden Recht der ehrenamtlichen Richter auf umfassende Information über die zu entscheidende Streitsache ist in der Regel durch den Sachvortrag des Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung, verbunden mit Ergänzungen in einem Gespräch vor der Sitzung oder während der Beratung Genüge getan (vgl. (PKH), BFH/NV 2008, 1863, unter II.2.b cc (1), m.w.N.). Danach hätten die Kläger darlegen müssen, inwiefern sich die —von ihnen ohne weitere eigene Ermittlungen schlicht behauptete— mangelnde „effektive” Vorbereitung der Sache aufgrund des verspäteten Eintreffens des Berichterstatters am Tag der mündlichen Verhandlung auf die anschließende Beratung ausgewirkt hat. Außerdem bleibt nach ihrem Vortrag gänzlich offen, ob eine Vorbesprechung der Streitsache gegebenenfalls bereits an einem anderen Tag stattgefunden hat. Dass der Berichterstatter „während des informellen Vorgespräches der Verfahrensbeteiligten mit dem Vorsitzenden bzw. diesem und den anderen Richtern” noch nicht zugegen war, begründet demnach bzw. mit Blick auf § 92 Abs. 2 FGO ebenfalls keinen die Revisionszulassung gestattenden Verfahrensfehler.

26 4. Zuletzt vermag auch die Rüge einer überlangen Verfahrensdauer der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar kann in einer überlangen Verfahrensdauer ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen. Voraussetzung einer entsprechenden Beanstandung ist allerdings die schlüssige Darlegung, dass das angegriffene Urteil auf diesem Mangel beruhen kann, d.h. dass es bei einer kürzeren Verfahrensdauer zu einer inhaltlich anderen Entscheidung des FG hätte kommen können (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1213, unter II.5.f, m.w.N.). Dazu haben die Kläger jedoch nichts vorgetragen.

27 Der aus verfassungs- und menschenrechtlichen Gründen erforderliche Rechtsschutz von Verfahrensbeteiligten gegen überlange Finanzgerichtsverfahren wird im Übrigen durch die Möglichkeit zur Erhebung von Verzögerungsrügen und Entschädigungsklagen nach § 155 Satz 2 FGO i.V.m. § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) gewährleistet.

28 Da der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen ist, dass die Kläger —was grundsätzlich denkbar wäre— zugleich eine Verzögerungsklage (§ 198 Abs. 5 Satz 1 GVG) erhoben haben, braucht der Senat, bei dem es sich nach der Geschäftsverteilung des BFH auch um das Entschädigungsgericht i.S. von § 155 Satz 2 Halbsatz 1 FGO i.V.m. § 201 Abs. 1 GVG handelt, auf die vom FA aufgeworfene Frage nach einer etwaigen Anspruchspräklusion gemäß Art. 23 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (BGBl I 2011, 2302; s. dazu bereits Senatsurteil vom X K 12/12, BFH/NV 2015, 208, unter II.) nicht näher einzugehen.

29 5. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

30 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 659 Nr. 5
WAAAE-86631