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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7224/11

Gesetze: AO § 37 Abs. 2, AO § 47, AO § 226, AO § 218 Abs. 2, BGB § 215, BGB § 390, GVG § 17 Abs. 2 S. 1, SGB VIII § 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, SGB VIII § 60 Abs. 1, ZPO § 727, FGO § 74

Voraussetzung einer finanzgerichtlichen Entscheidung über eine Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen bei nicht rechtskraftfähigem Titel (Kindesunterhaltsforderung des Jugendamts gegen Steuererstattungsanspruch)

Leitsatz

1. Hat das FG bei der Entscheidung über die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden titulierten Kindesunterhaltsforderung des Jugendamtes gegen einen Steuererstattungsanspruch zu entscheiden, ob die Unterhaltsforderung besteht, ist nicht auf die Rechtskraft des Titels abzustellen. Die gebotene Gleichbehandlung rechtskräftiger und nicht der Rechtskraft fähiger (Jugendamts-)Titel hat dadurch zu erfolgen, dass das FG unabhängig von der Rechtskraft des bestehenden Titels daran gehindert ist, ohne Weiteres vom Bestand der titulierten Unterhaltsforderung auszugehen, wenn der Schuldner solche Einwendungen erhebt, welche auch bestehenden rechtskräftigen Titeln entgegengehalten werden können (hier: Einrede der Verjährung oder Verwirkung). Das FG muss durch Fristsetzung den Kläger oder den Beklagten zur Einleitung eines Verfahrens beim für die rechtswegfremde Forderung zuständigen (Familien-)Gericht auffordern. Damit wird die dem Zivilprozessrecht gegebene Entscheidungskompetenz der ordentlichen Gerichte über die Einwendungen nicht unterlaufen und das FG entscheidet nicht unter Überschreitung seiner Sachkompetenz über den Bestand der rechtswegfremden Forderungen.

2. Hat das FG danach dem beklagten aufrechnenden FA eine Frist zum Nachweis einer Antragstellung beim Familiengericht gesetzt, die der Beklagte ungenutzt verstreichen lässt, ist der einredefreie Bestand der Unterhaltsforderung als nicht erwiesen zu behandeln und der Klage gegen die Aufrechnung des Steuererstattungsanspruchs mit der Unterhaltsforderung stattzugeben.

3. Ausführungen zur Zulässigkeit eines Antrags des Landes Berlin oder des Landes Brandenburg beim zuständigen Familiengericht auf Verpflichtung des Klägers zur Zahlung oder auf Feststellung der durch das Land Berlin an das Land Brandenburg abgetretenen Unterhaltsansprüche sowie zur Vorrangigkeit der Verpflichtung des Klägers, den Bestand der Forderung durch einen Antrag beim Familiengericht klären zu lassen.

Fundstelle(n):
DStR 2015 S. 11 Nr. 26
YAAAE-86250

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