Bindungswirkung einer Bescheinigung nach § 7h, § 7i oder § 10f EStG; Anwendung der ( BStBl. 2009 II S. 596) – und ( BStBl. 2009 II S. 960)
I. Eigenständiges Prüfungsrecht der FÄ
Die Bescheinigungsrichtlinien nach §§ 7h und 7i EStG sowie die dazugehörigen Musterbescheinigungen sehen vor, dass in der Bescheinigung jeweils ein Hinweis auf das Prüfungsrecht der Finanzämter hinsichtlich steuerrechtlicher Fragen aufgenommen wird.
Dieser Hinweis lautet wie folgt:
„Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die Finanzbehörde prüft weitere steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder wie Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten, zu den Werbungskosten, insbesondere zum Erhaltungsaufwand oder zu den nicht abziehbaren Kosten.”
Ist dieser Hinweis in den Bescheinigungen nach § 7h und § 7i EStG enthalten, obliegt die abschließende Entscheidung über das Vorliegen der übrigen steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandsmerkmale dem Finanzamt. Dazu gehört auch die Prüfung der steuerlichen Frage, ob ein nicht begünstigter Neubau oder begünstigte Baumaßnahmen an einem vorhandenen Gebäude vorliegen (vgl. hierzu BStBl. 2004 II S. 711 und BStBl. 2007 I S. 475). Diese Rechtsauffassung hat der BStBl. 2009 II S. 596) erneut bestätigt.
Damit entfaltet beispielsweise eine Bescheinigung nach § 7i EStG für die vollständige Neuerrichtung eines Baudenkmals hinsichtlich der steuerrechtlichen Frage, ob ein nicht begünstigter Neubau vorliegt, keine Bindungswirkung, wenn in der Bescheinigung der Hinweis auf das steuerliche Prüfungsrecht der Finanzämter enthalten ist. Die Begünstigung nach § 7i EStG ist in diesem Fall zu versagen. Eine Remonstration gegen die Bescheinigung ist nicht erforderlich.
Hinsichtlich der Anwendung der mit ( BStBl. 2009 II S. 960) – geänderten BFH-Rechtsprechung zur Begünstigung von bautechnisch neuen Baudenkmalen nach § 7i EStG verweise ich auf die ESt-Kartei ST §7i EStG Karte 7.
II. Kein eigenständiges Prüfungsrecht der FÄ
Fehlt in einer Bescheinigung der oben genannte oder ein vergleichbarer Hinweis, dass die steuerrechtlichen Fragen vom Finanzamt eigenständig zu prüfen sind, ist nach dem ( BStBl. 2009 II S. 960) – die Bescheinigung für das Finanzamt in steuerrechtlicher Sicht umfassend bindend. Denn ohne einen entsprechenden Hinweis kann der Steuerpflichtige unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben davon ausgehen, dass alle Voraussetzungen für die jeweilige Steuerbegünstigung gegeben sind.
Das ( BStBl. 2009 II S. 960) – ist hinsichtlich der Ausführungen zur Bindungswirkung allgemein, d. h. sowohl für Bescheinigungen nach §§ 7i, 10f EStG (wie im Urteilsfall) als auch für Bescheinigungen nach §§ 7h, 10g, 11a, 11b EStG anzuwenden.
Demnach kann die Begünstigung nach §7h, § 7i oder § 10f EStG für einen Neubau nicht versagt werden, wenn in der Bescheinigung kein Hinweis auf das Prüfungsrecht des Finanzamtes enthalten ist. In diesem Fall besteht aufgrund der umfassenden Bindungswirkung der Bescheinigung nur die Möglichkeit, im Rahmen eines Remonstrationsverfahrens gegenüber der Bescheinigungsbehörde die nachträgliche Aufnahme des fehlenden Hinweises in die Bescheinigung zu erwirken.
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, ist die betroffene Bescheinigungsbehörde zumindest auf die künftige Beachtung der Bescheinigungsrichtlinien hinzuweisen. Über entsprechende Fälle bitte ich mich zu informieren.
OFD Magdeburg v. - S 2198 a-6-St 222
Fundstelle(n):
HAAAE-86127